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DVD: MESSA DA REQUIEM (Los Angeles, 2013)

05.01.2014 | CD/DVD/BUCH/Apps, dvd

DVDCover Verdi Requiem Los Angeles 2013

DVD:
Giuseppe Verdi
MESSA DA REQUIEM
Los Angeles, 2013
Live-Aufnahme aus der Hollywood Bowl, August 2013

Das Ambiente dieser Aufnahme ist wirklich ungewöhnlich. Verdis Requiem, normalerweise aufgenommen in den großen Konzertsälen der Welt oder gelegentlich in Kirchen, ist hier in eine gewaltige „Arena“ gegangen – jene Hollywood Bowl, die (nach verschiedenen Angaben) zwischen 12.000 und 18.000 Besucher fasst, eine Freilichtanlage, die sonst hauptsächlich als „Austragungsort“ für Pop-Konzerte dient.

Hier hat Gustavo Dudamel – bewundert viel und viel gescholten, als er jünger war – Verdis Messa da Requiem aufgeführt. Anders, als es ein solch gigantomanischer Rahmen erwarten lassen würde. Tatsächlich zählt diese Aufnahme zu einer den verhaltensten, an die man sich erinnert.

Dudamel, mit wildem Haar, ohne Taktstock, mit den Händen modulierend, teils auch bei dramatischen Passagen die Lüfte mit gewaltiger Geste zerteilend, und immer wieder auch „mitsingend“, weiß schon, was er als Dirigent auch optisch bieten muss. Dennoch scheint er nun, Anfang 30, vom Klassik-Popstar-Image weggekommen zu sein und Anspruch zu haben, als Interpret völlig ernst genommen zu werden. Seine vorsichtige Handhabung der Verdi’schen Totenmesse nicht als gewaltige Erschütterung, sondern eher als verinnerlichtes Drama überzeugt. Freilich, bei „Rex tremendae“ (wann, wenn nicht dann?) entschließt sich auch Dudamel, den Verdi’schen Ausbruch nachzuvollziehen (und der Los Angeles Master Chorale und das Los Angeles Philharmonic Orchestra sind ihm bei seinem Unternehmen überzeugende Partner), aber sonst verzichtet er auf viele auf der Hand liegende Effekte. Kurz, es ist eine interessante Interpretation.

Nun gibt es vom Verdi-Requiem schier zahllose Aufnahmen, bis zurück zu Karajan, der Leontyne Price und Pavarotti aufbot bis jüngst Barenboim mit Harteros und Kaufmann (und Mezzo und Baß stets adäquat hoch besetzt) – mit solchen Spitzenkünstlern kann die Aufnahme von Los Angeles nicht unbedingt mithalten. Obwohl man annimmt, dass Dudamel auch mit Absicht nicht die großartigen „Riesenstimmen“ gewählt hat. Seine Damen, eher in den USA bekannt, sind Julianna DiGiacomo, auf dem Weg zu einer europäischen Karriere, ein braver Spinto-Sopran, und Michelle DeYoung, mit wilder Blondhaar Frisur, ein mehr metalliger als pastoser Mezzo.

Die Herren kommen aus Europa und sind die Besitzer schöner, wenn auch nicht gewaltiger Stimmen, wobei Vittorio Grigolo seinen Part spürbar wie eine „Opernrolle“ anlegt, wie ein ariensingender Liebhaber. Er forciert nie, kann schöne Spitzentöne liefern, tragfähige Piani formen. Er ist effektsicher, er hat die Technik und die mittelgroße Substanz – zusammen mit seinem Aussehen gibt das einen Tenor, dessen Ruhm nicht von ungefähr und nicht unberechtigt kommt.

Auch Ildebrando D’Arcangelo ist kein Brüller, singt die Rolle mit seinem schönen Bassbariton zurückgenommen und auf Linie, die großen, spektakulären Effekte werden weder ihm noch den Kollegen abverlangt.

Aber das Publikum wirkte überzeugt– wusste man nicht, dass es aus war (das wäre natürlich möglich, vielleicht kennt sich der durchschnittliche Besucher der Hollywood Bowl eher mit Filmen aus als mit Klassik?), oder war der lange Moment der Stille am Ende einer, der aus Ergriffenheit resultiert? Ist doch immerhin möglich.

Renate Wagner

 

 

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