Von klein auf vereint und im Konzertsaal ganz groß: Das Duo Praxedis musiziert auf Harfe und Klavier
Praxedis Hug-Ruetti und Praxedis Geneviève Hug sind Mutter und Tochter. Neben dem gemeinsamen Vornamen eint beide eine große Leidenschaft fürs Zusammenspiel auf Harfe und Klavier. Sie haben in dieser Konstellation wie niemand sonst die Konzertsäle erobert und erschließen – kreativ und hochflexibel zugleich- neues Repertoire für diese bislang noch selten anzutreffende Besetzung. Für ihr jüngstes CD-Projekt sind sie einmal mehr den musikhistorischen Wurzeln der Duobesetzung Harfe plus Klavier auf den Grund gegangen. Aktuell sind sie gerade im ganzen deutschsprachigen Raum auf Konzert-Tournee.
Markiert der Rückbezug aufs Originalrepertoire ein neues Entwicklungsstadium in Ihrem musikalischen Schaffen?
Eigentlich ist bei uns alles sehr kontinuierlich. Die Erarbeitung klassischer Originalwerke ist aber nur eine von drei thematischen Schienen, die gleichberechtigt existieren. Ein zweiter Aspekt ist das Neuarrangieren bekannter Stücke für unsere Besetzung. Die dritte Schiene, auf der wir unterwegs sind, ist die musikalische Gegenwart. Wir erteilen zeitgenössischen Komponisten Aufträge für neue Werke – denn wir wollen, dass auch unsere Gegenwart aktuelle Kompositionen für diese Besetzung hervor bringt.
Wenn wir schon von Originalmusik reden, wie stehen Sie zu historischer Aufführungspraxis?
So etwas spielt für uns keine Rolle. Wir wollen klassische Stücke aus dem Geist der heutigen Zeit interpretieren. Wir bevorzugen ja auch nicht einen Hammerflügel, sondern den Steinway – ebenso ist die Harfe ein modernes Modell. Wir möchten die Musik möglichst entstauben, damit sie auch in der heutigen Zeit aktuell ist.
Wie unterscheidet sich die moderne Konzertharfe von den Instrumenten aus der frühen Klassik?
Das Volumen ist heute viel größer, die Saiten sind anders, ebenso die Pedalaufteilung. Früher war dies alles sehr uneinheitlich.
Ist die Emanzipation der Harfe als solistisches Instrument ein Anliegen?
So etwas ist ja in der Literatur schon weit verbreitet. Uns geht es speziell darum, die Kombination mit dem Klavier als eigenständige kammermusikalische Kombination weiterzuentwickeln.
Wie erleben Sie ihre Konzerttournee gerade?
Vor allem die Konzerte im Ausland sind sehr beeindruckend. Ein Höhepunkt war im letzten Jahr, als wir in der Berliner Philharmonie Mozarts Doppelkonzert aufgeführt haben. Auch dies ist ursprünglich für zwei Klaviere geschrieben. Wir haben es extra umgearbeitet und mit Orchester aufgeführt. Dieses Jahr folgen weitere schöne Projekte – etwa in der Tonhalle Zürich und wieder in Berlin. Außerdem spielen wir im Wiener Musikverein.
Wie hat sich Ihre musikalische Zusammenarbeit entwickelt?
Als ich 12 Jahre alt war, wurden meine Mutter und ich angefragt, ein Bach-Doppelkonzert zu spielen. Aber danach hat erst mal alles wieder geschlummert. Erst vor sieben Jahren war der eigentliche Start. Wir wurden gefragt, ob wir auf einer Familienfeier zusammen musizieren wollten. Wir haben für diesen Anlass unter anderem eine Mozartsonate für zwei Klaviere um arrangiert, dass wir sie auf Harfe und Klavier spielen können. Das machte wahnsinnig Spaß. Von da ab ist es richtig losgegangen. Ich habe mich außerdem immer mehr mit der musikgeschichtlichen Stellung dieser Besetzung befasst und dabei heraus gefunden, dass sie in der Zeit von der Klassik bis in die frühe Romantik sehr verbreitet war. Mittlerweile spielen wir schon seit sieben Jahren zusammen und wachsen immer weiter, aber wir sind auch schon sehr lange sehr gut.
Was geben Sie sich gegenseitig dabei?
Wir sind beim Spielen nicht wie Mutter und Tochter, sondern eher wie zwei gute Freundinnen. Die Chemie stimmt und jede beflügelt die andere. Wir spüren uns und harmonisieren einfach perfekt zusammen. Wenn wir Stücke einstudieren, sprechen wir gar nicht über die Musik. Wir spielen sie einfach und empfinden sie gleich.
Aber bei der Auswahl von neuem Repertoire gibt es doch bestimmt Diskussionen?
Wir sprechen da natürlich sehr viel miteinander. Vor allem wägen wir ab, was fürs Publikum attraktiv ist. Wir nehmen Werke in Angriff, die man gut auf einer CD platzieren kann und spielen nicht einfach wild aus der Luft. Wir denken uns vorher schon ein konkretes Projekt aus.
Daraus spricht ein gesunder Sinn für Publikumserfolg!
Das ist uns sehr wichtig. Vor allem, weil diese Besetzung noch so jung und unerprobt ist. Wir wollen dazu beitragen, dass sie populärer wird und im Idealfall auch ein neues, junges Zielpublikum treffen.
Die Harfe ist ja heutzutage durchaus ein populäres Instrument, das sieht man auch an der großen Beteiligung junger Harfenistinnen und Harfenisten bei Musikwettbewerben.
Ich denke auch, dass dieses Instrument im Kommen ist. Wir würden uns freuen, wenn weitere Musikerinnen unserem Beispiel folgen und in dieser Besetzung mit Klavier auftreten.
Was sind die Herausforderungen, wenn Sie neue Musik für diese Besetzung arrangieren?
Die Harfe kann einiges nicht, was auf dem Klavier selbstverständlich ist – vor allem schnell chromatisch spielen. Für jeden Halbtonschritt muss das Pedal genommen werden. Also muss alles genau durchdacht werden, damit es für die Instrumententechnik passt. Die einfachsten Ausgangsbedingungen haben wir immer noch bei Originalwerken, die für zwei Klavier geschrieben wurden. Da kann in der Regel dann das Klavier alles übernehmen, was die Harfe nicht spielen kann.
Wie lange braucht es, bis Sie ein Werk umgeschrieben habe?
In der Regel etwa 4 bis 6 Monate. Es kommt aber immer darauf an, wie komplex ein Werk ist. In dieser Hinsicht ist die Arbeit mit Originalrepertoire natürlich eine Erholung. Da ist ja schon alles fertig geschrieben, dass wir einfach nur noch drauflos spielen konnten.
Aber dafür mussten Sie erst mal auf die ganzen, meist unbekannten Originalwerke stoßen.
Auf jeden Fall. Wir haben uns sehr lange in internationalen Bibliotheken auf die Suche danach begeben. Das erfordert ebenfalls viel Geduld.
Wo möchten Sie mit der Musik und Ihrem Publikum hin?
Wir möchten zukünftig unsere Musik noch mehr in die großen Konzertsäle bringen und auch mit großen Orchestern spielen. Wir planen daher, weitere Konzerte, die ursprünglich für zwei Klaviere komponiert wurden, für uns umzuschreiben. Außerdem planen wir langfristig, unsere Arrangements für Harfe und Klavier bei einem Verlag herauszubringen. Wir wünschen uns, das andere Duos unserem Beispiel folgen.
Aktuelle CD:
Duo Praxedis
Grand Duet
Originalwerke für Harfe & Klavier
Ars-Produktion 2016