Dresden (Staatsschauspiel): „Macbeth“ 04.02.24
Erfolgreiche Shakespeare-Bearbeitung als intellektuelle Musical-Show
Diese „Macbeth“-Produktion von Dresdens Staats-Star-Schauspieler Christian Friedel, welcher sich immer noch durch seine Mitwirkung zusammen mit Schauspielkollegin Sandra Hüller in „The Zone of Interest“ Hoffnung auf einen Oscar machen darf, hatte bereits im Herbst 2020 in einer kürzeren Form Premiere, läuft aber seit einiger Zeit auf Dreistundenlänge und ist eine Erfolgsproduktion am Staatsschauspiel Dresden, die vom Publikum nahezu immer noch gestürmt wird.
Der vielseitige Künstler Friedel inszeniert dabei zum ersten Mal, spielt selbst die Titelrolle, komponiert und singt zusammen mit seiner fabelhaften Band Woods of Birnam die zahlreichen Songs. Er entwirft dabei nach dem mittlerweile zum Schema Friedel geworden Stil („Dorian“ lässt grüßen) eine opulente, beindruckende aber auch teilweise nervend laute Bühnenshow mit eben zu viel Musik.
Die Texte in der Übersetzung von Dorothea Tieck und Heiner Müller bleiben Stichpunkte und gehen in den nur kurzen Szenen, in denen mal ordentlich Text gesprochen wird, durch die Mikroport Verstärkung unter.
Legendäre Stellen dieses großen Shakespeare Werkes wie „Tomorrow and tomorrow and tomorrow“ werden von Christian Friedel schon flüsternd zitiert, bleiben aber unverständlich.
Die Handlung wird skizzenhaft angedeutet und so kracht und donnert der Abend auch leider besonders im 2. Teil etwas quälend dahin.
Dass Christian Friedel im eigentlichen Sinne ein Anti-Macbeth-Darsteller ist, ja sogar infantil daherkommt, ist jedem, der diesen Ausnahmekünstler kennt, bewusst. Der Schauspieler gibt der Rolle schon einen speziellen Charakter, den man allerdings mögen muss.
Altbewährte schauspielerische Klasse und Würde brachten durchweg an diesem Abend nur Hannelore Koch als Oberhexe Gruoch und Ahmad Mesgarha als Duncan mit. Der sonst stetig überzeugende Jannik Hinsch als Banquo wirkte leider völlig blass und irgendwie unbeteiligt, was insofern schade war, als man sich von diesem Macbeth-Kontrahenten einen stärkeren Gegenpol erwartet hätte.
Da aber diese Produktion mehr oder weniger als Rückblick-Monolog des verendenden Macbeth konzipiert ist, werden diese Details scheinbar nicht wirklich gewollt gewesen sein.
Ein Opfer der Verstärkung war leider auch Nadja Stübiger, die (vom Regisseur beabsichtigt?) eine mütterlich brave Lady spielte.
Benedikt Kauff als Malclom verlieh diesem ein gewisses und passendes Rollenporträt; Oliver Simon als Macduff und Christine Hoppe als dessen Frau waren in ihren Rollen schlichtweg unterfordert.
Alexander Wolf (Bühne), Ellen Hofmann (Kostüme), die Musiker von Woods of Birnam, Valenti Rocamora i Tora (Choreographie des zu viel eingesetzten Tanzensembles), Johannes Zink (Lichtdesign) und Thomas Mahn (musikalische Einstudierung) haben auf ihre Weise alle perfekte Arbeit geleistet, um diesen eher wie ein intellektuelles Musical wirkenden Macbeth-Abend qualitativ hochwertig auf die Bühne des Staatsschauspieles und an das durchaus begeisterte mehrheitlich junge Publikum zu bringen.
Rico Förster