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DRESDEN: SIMON BOCCANEGRA in neuer Besetzung

20.04.2015 | Oper

Dresden / Semperoper: „SIMON BACCANEGRA“ IN NEUBESETZUNG – 19.4.2015    (Pr. 30.5.2014)

 

Nach etwa 10monatiger Pause steht nun Giuseppe Verdis „Simon Boccanegra“ (seit 10.4.2015) in neuer Besetzung wieder auf dem Spielplan der Semperoper. Das Bühnenbild von Christof Hetzer in der Inszenierung von Jan Philipp Gloger wirkt zunächst ansprechend, endlich einmal etwas anderes als die üblichen zurzeit weit verbreiteten Inszenierungs-Elemente und Verfremdungen, die manche Oper in ihrer Grundstruktur kaum noch erkennen lassen.

 Zunächst empfängt den Opernbesucher ein „Guckkasten“, in dem sich Personen befremdlich wie in einer schwierigen Unterhaltung sehr langsam, fast unwirklich bewegen, als wäre es ein Film oder (fast) stehendes Bild, bis sie schließlich verschwinden, der gesamte Vorhang sich hebt und der Blick auf Treppen und in sich verschachtelte, abstrakte Häuser (in Kastenform), Zimmer und Räume freigibt, zunächst wie eine altitalienische Stadt aus der Renaissancezeit anmutend, später in diesem konsequent durchgeführten Konzept wie eine moderne „Betonwüste“ und auch etwas ermüdend, wobei selbst der gut abgestimmte Einsatz der Drehbühne in einer Folge einzelner, optisch wirksamer (auch gestellter) Szenen in bewegten und auch stehenden Bildern nicht immer abhelfen kann. Die Handlung findet in mehreren Ebenen statt. Das Volk wird in suggestiven Massenszenen als manipulierbare, leicht verführbare Masse dargestellt, die nicht erkennt, wer sie wirklich führen könnte und wer nicht. Ein schöner, grüner Baum, einer Topfpflanze (im Kindesalter entsprungen), der später brennt und schließlich kahl da steht, wird zur Metapher der bewegten und sich einem fatalistischen Ende nähernden Handlung. Die Kostüme (Karin Jud) bewegen sich zwischen Historie und Gegenwart und symbolhaften Verbindungen zwischen beiden.

 Neben den handelnden Personen werden in psychologischen Überschneidungen auch Gedanken, Erinnerungen und Gewissenskonflikte durch still erscheinende oder stumm vorüber gehende Gestalten wie Maria, die alte Frau, die Marias Tochter Amelia aufzog, die Hauptakteure als Kinder usw. (Komparserie und Kinderkomparserie) sichtbar.

 Von den Hauptakteuren seien hier ausnahmsweise die Herren zuerst genannt, denn sie sind nicht nur Hauptträger der Handlung, sondern hinterließen auch den stärksten Eindruck. Riccardo Zanellato lieh der Gestalt des Jacopo Fiesco nicht nur seine wohlklingende Stimme, sondern gab ihr auch Würde und besonnene Überlegenheit. Nach der Glanzleistung von Zeljko Lucic als Simon Boccanegra bei der Premiere und den ersten Aufführungen danach hatte es Marco Vratogna nicht gerade leicht, aber er konnte durchaus auch überzeugen und steigerte sich mit fundierter Stimmer immer mehr in seine Rolle hinein bis zu seiner großen, hochdramatischen Abschiedsszene, dem Tode schon ganz nahe, die er mit psychologischer Durchdringung gestaltete. Ihm ebenbürtig, widmeten sich Giorgio Berrugi der Rolle des Gabriele Adorno mit sehr beeindruckendem Gesang und guter Darstellung und Zachary Nelson der des Paolo Albiani, besonders beeindruckend in seiner bekennenden Arie in Anbetracht des nahenden Todes.

 Gute Sängerinnen haben nicht immer eine Idealfigur für jedes Kostüm. Deshalb sollte auch bei einer Neubesetzung die Wirkung des Kostüms vom Zuschauerraum aus überprüft und ggf. nachgearbeitet werden. Majorie Owens wirkte nicht gerade sehr glücklich in dem hellblauen Kleid, das mit den Gestalten im gleichen Kleid, die die Vision an sie darstellen, korrespondiert, aber in ihrem Falle hätte sich die Kostümbildnerin etwas einfallen lassen können, denn es tat ihrem problemlosen Gesang mit ihrem sicheren Stimmumfang in allen Höhen und Tiefen doch etwas Abbruch. Eine gute Figur machte hingegen Birgit Fandrey in der kleinen Rolle als Amelias Magd, die sie, auch mit den wenigen Worten, die sie zu singen hatte, mit Leben und Ästhetik erfüllte.

 Unter der musikalischen Leitung von Pier Giorgio Morandi spielte die Sächsische Staatskapelle auch in höchst dramatischer Zuspitzung der handlungsbedingten Musik mit der ihr eigenen Gewissenhaftigkeit und Zuverlässigkeit, und mit  manch feinfühligem Detail in emotionsreichen Szenen.

 Auffallend gut wirkte der Sächsische Staatsopernchor Dresden, der in der Einstudierung von Jörn Hinnerk Andresen im Hintergrund sehr eindrucksvoll und einfühlsam die Handlung unterstrich.

 Es war eine aus musikalischer Sicht (sehr) gute Aufführung, wenn auch mit weniger Emotionalität als bei den ersten Aufführungen im Jahre 2014.

 Ingrid Gerk

 

 

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