Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

DRESDEN/ Semperoper: SELTEN AUFGEFÜHRTE WERKE IM 7. KAMMERABEND DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN

29.04.2015 | Konzert/Liederabende

Dresden / Semperoper: SELTEN AUFGEFÜHRTE WERKE IM 7. KAMMERABEND DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN 29.4.2015

 

Die Kammerabende der Sächsischen Staatskapelle Dresden bieten nicht nur den Mitgliedern und Gästen des Orchesters die Möglichkeit, neben ihrer Tätigkeit im Orchester ihre kammermusikalischen Qualitäten vorzustellen, sondern auch mit wahren Schätzen an sehr selten oder gar nicht aufgeführten Kompositionen aus Vergangenheit und Gegenwart an die Öffentlichkeit zu treten.

 Der 7. Kammerabend bot ein kontrastreiches Programm mit „ausgefallenen“ Kompositionen, die allgemein auch dem interessierten Konzertpublikum kaum bekannt gewesen sein dürften. Nach diesem Abend werden sie aber schon allein durch die Qualität der Aufführung im Gedächtnis bleiben.

 Dass Clara Clara Schumann neben ihren vielen Aufgaben als Pianistin, Komponistengattin und Mutter auch über Talent zum Komponieren verfügte, ist bekannt, wurde aber mit „Drei Romanzen“ für Violine und Klavier“ (op. 22), von Jörg Faßmann, Violine und Masumi Sakagami, Klavier mit wunderbar klangvollem, singendem Ton sowohl der Violine als auch des Klaviers, dargeboten, noch einmal nachdrücklich unterstrichen. Die Qualitäten beider Künstler machten einmal mehr deutlich, welche kompositorischen und melodischen Qualitäten auch diese, auf sehr hohem Niveau unterhaltsamen, Stücke enthalten.

 Eine besondere Überraschung brachte die „Violinsonate in F-Dur“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, die er zwar vor seinem frühen Tod „zu Ende“ geschrieben, aber trotz später begonnener Revision in seinen Augen nicht eigentlich als „vollendet“ betrachtet und deshalb nicht freigegeben hat. Yehudi Menuhin führte sie dennoch 1953 in New York auf. Jetzt war es Jörg Faßmann und Masumi Sakagami mit makelloser Technik und wohlklingender Tongebung zu verdanken, die Schönheiten dieser Sonate kennenzulernen. Es ist eine heitere, optimistische Sonate voller lieblicher Klänge, Ruhe und Zuversicht ausstrahlend, aber auch mit leichten Anklängen an Trauer und dann doch wieder voller Energie und „Ermutigung zum Dasein“.

 Mendelsohn war der strengster Beurteiler seiner eigenen Kompositionen. Damals mag aus seiner extrem kritischen Sicht manches vielleicht etwas weitschweifig und nach klassischen Kriterien nicht ausgefeilt genug erschienen sein, aus heutiger Sicht war es ein Genuss, zuzuhören, jede musikalische Entwicklung als Folge schöner Klänge zu verfolgen. Es war ein Schwelgen in schönen fast träumerischen Klängen, genialen Wendungen und nicht zuletzt auch ein Blick hinter die Kulissen in Mendelssohns Komponierpraxis. Hier war nicht wie bei seinen anderen Kompositionen kein Ton zu viel, hier gab es noch ähnliche Passagen, die er möglicherweise revidiert hätte, aber für den heutigen Hörer war es ein Glück, dass er es nicht getan hat.

 Nach der Pause setzte sich Jörg Fassmann für die Aufführung von „Concordanza“, der 1971 in Prag uraufgeführten Komposition von Sofia Gubaidulina (*1931), Capell-Compositrice dieser Konzertsaison, wieder ins (Kammer)-Orchester aus 10 Musikern, geleitet von dem Kontrabassisten der Kapelle, Petr Popelka. Im Kontrast zu den beiden vorherigen Werken enthält „Concordanza“ viele, sehr moderne Elemente. Neben Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass, Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott und Horn werden Vibraphon, Marimbaphon und viel Schlagzeug eingesetzt, gibt es Dissonanzen und Zischgeräusche, die bei den ausführenden Musikern trotzdem noch wie Musik klangen. In Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen Instrumenten und Instrumentengruppen und zwischen verschiedenen Struktur- und Klangerzeugungstypen wollte Gubaidulina eine Konsonanz inmitten einer von Dissonanzen erfüllten Klangwelt finden, um den Gegensatz zwischen Eintracht und Zwietracht zu thematisieren. Trotz aller Modernität wirkt ihre Musik nie konstruiert, sondern immer zutiefst empfunden.

 Sehr selten steht in unseren Breiten auch der bedeutendste schwedische Komponist des 19. Jh., Franz Berwald (1796-1868) auf dem Programm, ein Musiker, dem bereits zu Lebzeiten eine Anerkennung weitgehend versagt blieb. In Österreich fand er Zustimmung und erhielt 1847 vom Salzburger Mozarteum die Ehrenmitgliedschaft.

 Mit feiner Tongebung, dem ihnen eigenen Klangsinn und Verständnis für alle Epochen der Musikgeschichte führten Jörg Faßmann am 1. Pult und weitere 6 Musiker der Staatskapelle sein „Septett B‑Dur“ für Klarinette, Fagott, Horn, Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass auf, ein interessantes Werk mit schönen musikalischen Einfällen und interessanter Verarbeitung, über dem neben klassischer Klarheit, auch ein kühler Hauch von nordischer Mentalität und Sachlichkeit weht. Die Musiker verstanden, es, den Strukturen in sehr gut abgestimmtem Zusammenspiel nachzuspüren und diesem Werk, bei dem in Fortführung der Wiener Klassik, der Zeit entsprechend, auch schon eine romantische Empfindungswelt anklingt, nachzuspüren.

 Ingrid Gerk

 

Diese Seite drucken