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DRESDEN/ Semperoper: „IL BARBIERE DI SIVIGLIA – immer wieder frisch und spritzig

16.09.2024 | Oper international
Dresden/Semperoper: „IL BARBIERE DI SIVIGLIA“ – IMMER WIEDER FRISCH UND SPRITZIG – 15.9.2024

Die Inszenierung von Grischa Asagaroff, eine Koproduktion mit dem Opernhaus Zürich, hat seit ihrer Premiere (12.4.2008) nichts von ihre Frische und witzig-spritzigen Unmittelbarkeit eingebüßt. Auch bei der 116. Vorstellung wirkten die, mit Humor und wie mit spitzem Pinsel gemalten, Bühnenbilder und Kostüme (Luigi Perego) frisch und anmutig und unverbraucht wie die gesamte Inszenierung. Keineswegs verstaubt, sondern mit feinsinnigem Humor „aufgepeppt“, beeindruckt das mit wenig Mitteln hin gezauberte Bühnenbild einer idyllischen Kleinstadt, in deren „Innenleben die Akteure mittels Drehbühne (die endlich auch einmal im Einsatz ist) gelangen. In Bartolos Haus spielt sich dann alles in vielen romantisch verspielten Fächern, diesem damenhaften Requisit, als Anspielung auf Rosinas tändelnd verträumte rosarote Fantasiewelt ab, worauf schon ein besonders hübsches, durchsichtiges Exemplar von Fächer, bevor sich der Vorhang öffnet, hinweist und langsam nach oben gezogen, den „Startschuss“ für das Spiel gibt.

Rosinas betont kapriziöse Kostüme, die erst recht ihrem „Spleen“ Ausdruck verleihen, und die Regie, bei der alles durch die  „aufgefächerten“ Räumen auf der Drehbühne wirbelt, erscheinen „wie aus einem Guss“. Dieser dezente, niveauvolle Humor ohne Plattitüden wirkt ansteckend und ruft immer wieder Heiterkeit im Publikum hervor, vor allem, wenn sich auch die Sängerdarsteller darauf einstellen.

Im Mittelpunkt stand auch in dieser Vorstellung Rosina, verkörpert durch die zierliche, Valerie Eickhoff, die mit feinen, zarten, sehr klaren, mühelos erscheinenden Koloraturen und ebenso feinen lyrischen Passagen bezauberte, ein „Schmetterling im Opernhaus“, seit Beginn der Spielzeit 2024/25 Ensemblemitglied der Semperoper. Geboren 1996 in Herdecke im südöstlichen Ruhrgebiet, gewann die junge Mezzosopranistin den Gesangswettbewerb „Junge Opernstars 2022“ und weitere Preise. Sie kam von der Deutschen Oper am Rhein nach Dresden.

Ihr geht es, wie sie in einem Gespräch formulierte, vor allem „um die Erzeugung eines verbindenden Moments mit ihrem Publikum“, und das gelang ihr. Mit ihren leichten, lockeren Koloraturen, mitunter noch ein wenig leise, stellte sie eine junge, zarte, begehrenswerte und doch gewitzte junge Dame dar, bei der nur allzu verständlich war, dass sich ihre beiden ungleichen Bewerber um sie bemühen, der junge Graf Almaviva aus Liebe und der alte Dottore Bartolo vor allem aus Gewinnsucht.

Als letzterer wartete Misha Kiria mit profunder voll tönender Bassstimme auf, mit der er sich zunächst behaupten und Respekt verschaffen, ja sogar Furcht einflößen konnte, bis er sich am Schluss kleinlaut eingestehen musste, dass er genarrt wurde. Mit ebenso profunder Stimme wartete auch Alexander Grassauer als Don Basilio auf und sang mit bedrohlicher Überzeugung und gut klingender Stimme seine „Verleumdungs-Arie“.

Mit schöner Stimme und ausgezeichneter Gesangskultur gestaltete Roxana Incontrera die Rolle der Wirtschafterin Berta und verlieh der gestressten Person sehr menschliche Züge. Das weitere „Personal“ stellten Gerrit Illenberger als gestelzter Fiorello und Gerald Hupach als Ambrosio.

Als echter Filou zog Joshua Hopkins als Figaro die Fäden und beeindruckte vor allem darstellerisch als echt cleverer Geschäftsmann mit ebensolcher Agilität, der für Geld alles macht und dadurch auch Macht ausübt.

Darstellerisch und gesanglich hielt sich Jonah Joskins als Graf Almaviva „in Grenzen“, er war schließlich incognito.

Der Sächsische Staatsopernchor (Einstudierung: Jonathan Becker) umrahmte und ergänzte die Handlung sehr niveauvoll. Dem Dirigenten des Abends, Daniele Squeo, gelang es, die an diesem Abend Dienst habenden Mitglieder der Sächsischen Staatskapelle für die Musik von Gioachino Rossini zu inspirieren und mit viel Gespür für den Duktus der italienischen Musik und mit feiner Differenzierung die Spannung ständig zu steigern bis zum Happy End einer heiteren und vor allem stimmigen Opernaufführung.

Ingrid Gerk

 

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