Dresden / Semperoper: HEITERE MUSIK AUS DREI JAHRHUNDERTEN IM „5. KAMMERABEND DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN – 13.3.2025
Die Kammerabende der Sächsischen Staatskapelle erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit, bringen sie doch oft kleine, feine Konzerte in kammermusikalischer Besetzung mit großer Klangwirkung. So auch in diesem Kammerabend, bei dem anspruchsvoll unterhaltende Kompositionen auf dem wohldurchdachten Programm in gut und sinnvoll gewählter Reihenfolge standen, alte und neue, bekannte und unbekannte, die alle bei perfekter Ausführung mit dem wunderbaren Klang der Kapell-Musiker beim Publikum großen Anklang fanden.
Nach einigen einführenden Worten von Matthias Wilde, mitwirkender Cellist der Kapelle, mit seiner wohlklingenden Stimme wie Musik erklang „Tafelmusik“ von Georg Philipp Telemann in erlesener Klangqualität von Piccoloflöte, 2 Flöten, Fagott, 2 Violoncelli und Cembalo. So vital und mit echt barocker Musizierfreude gespielt, begeisterte sie das Publikum so wie sie zu ihrer Entstehungszeit von großem Interesse war, auch für Telemanns Musiker-Kollegen, u. a. G. F. Händel und J. S. Bach.
Telemann kennt wohl jeder Musikfreund, aber Hans Gál (1890-1987) kaum, nicht zuletzt durch Berufs- und Aufführungsverbot während der NS-Zeit nach kompositorisch erfolgreichen Jahren als Direktor der Mainzer Musikhochschule. Nach seinem zwangsweisen Rückzug aus der Öffentlichkeit schrieb er unter anderem die hier aufgeführte tonale, zuweilen auch melodiöse „Serenade“ für Klarinette, Violine und Violoncello (op. 93) mit fröhlich unterhaltsamem Charakter auf gehobenem Niveau, aber auch elegischen Passagen in Wien, das er wieder verlassen musste und nach Schottland auswanderte. Die drei Musiker spielten die Serenade spritzig und mit feinem, ausdrucksvollem Klang, auch die Details aufmerksam ausmusizierend.
Wieder zurück im 18./19. Jahrhundert, war Johann Evangelist Brandl (1760-1837) eine Entdeckung, ein ebenfalls kaum bekannter, von seinen Zeitgenossen aber hoch geschätzter Komponist und Geiger, der an den Höfen von Bruchsal und Baden wirkte und als ein Vorbild der berühmten „Mannheimer Schule“ gilt. Seine Werke, Messen, Oratorien, Opern, Lieder, Symphonien und Quartette für verschiedene Besetzungen, vorwiegend für Streicher und Bläser, die musikalisch „zwischen den Welten“ stehen, waren auch im Ausland bekannt. Sein Streichquartett (op. 17) ist Joseph Haydn gewidmet. Bei ihrer Nähe zu Mozart und Haydn weisen seine Kompositionen bereits über die klassische Formsprache hinaus und nehmen virtuose Elemente und bisweilen verblüffende harmonische Wendungen der Romantik vorweg.
Sein abwechslungsreiches „Quintett für Fagott, Violine, 2 Violen und Violoncello F-Dur“ (op. 52 Nr. 2) wurde von einem eingeschworenen Team in völliger Übereinstimmung musiziert. Das führende Fagott überzeugte mit schönem klarem, warmem, gut differenzierendem Ton und schönen Übergängen zwischen forte und piano. Man kann sich vorstellen, dass Brandls Musik den Geschmack seiner Zeitgenossen traf. Sie ist klangschön, einfacher als die seiner berühmten Zeitgenossen und leicht verständlich. Es gibt nicht „zu viele Noten“, wie Kaiser Joseph II. bei Mozart beanstandete.
Nach diesem durchaus hörenswerten Quintett wurde Mozarts Genius jedoch umso deutlicher, denn auch seine Kammermusik ist von höchster Qualität, wie auch sein, hier brillant, mit jubilierender Flöte musiziertes „Quartett D-Dur“ für Flöte, Violine, 2 Violen und Violoncello (KV 285). Es ist immer gut, auch weniger bekannte Werke aus dem Umfeld bekannter und berühmter Komponisten kennenzulernen, um beim Hören nicht in Routine zu verfallen und Mozarts Meisterschaft als selbstverständlich zu betrachten, weil seine Werke so eingängig erscheinen und doch so anspruchsvoll sind.
Zum Schluss wieder ein Sprung ins 20. Jahrhundert, zu Gordon Jacob (1895-1984), Englands großem Meister der Instrumentierung, der vor allem Kammermusik und Instrumentalkonzerte für sonst vernachlässigte Instrumente und außergewöhnliche Besetzungen, wie Harmonica, Bassposaune, Akkordeon, Tuba und Kesselpauke, schrieb. Die hier aufgeführte „Suite für Fagott und Streichquartett zeichnet sich durch kurze, prägnante Sätze in moderner Kompositionsweise aus, sehr klangvoll in völliger Übereinstimmung der Ausführenden interpretiert.
Der gesamte Kammerabend stand trotz unterschiedlicher Komponisten und unterschiedlicher Kompositionsstile im Zeichen von Harmonie und Klangqualität, erreicht durch 15 führende, in Kammermusik erfahrene, Musikerinnen und Musiker der Staatskapelle in unterschiedlichen Gruppierungen und Gaia Bergamaschi als Gast am Cembalo.
Ingrid Gerk