Dresden /Semperoper: GUSTAV MAHLER JUGENDORCHESTER MIT DER TURANGALILA“-SYMPHONIE VON OLIVIER MESSIAEN – 2.9.2017
Das Gustav Mahler Jugendorchester feiert in diesem Jahr sein 30jähriges Bestehen. Um dieses Jubiläum gebührend zu feiern, wurde für die alljährlich stattfindende Tournee ein spektakuläres Werk gewählt, die 1946 bis 1948 von Olivier Messiaenfür das Boston Symphony Orchestra als Mittelpunkt einer Trilogie über die „Tristan“-Thematik komponierte „Turangalîla“-Symphonie“, eines der Werke der Neuen Musik, die sich in den Konzertsälen gehalten haben, trotz ihrer aufwändigen Besetzung undungewöhnlichen Instrumentation.
Neben einer großen Streichergruppe und zahlreichen Bläsern sind u. a. zusätzliche Instrumente wie Klaviaturglockenspiel, Celesta, Vibraphon, Röhrenglocken, Tempelblöcke, Holzblock, kleines Türkisches Becken, Hängebecken, Chinesisches Becken, Crashbecken, Maracas, Tamtam, Tamburine, Perkussion, Kleine und Große Trommel und, und, und … vorgesehen. Es ist keine Symphonie im üblichen Sinne, was schon daraus hervorgeht, dass sie aus 10 Sätzen besteht und zwei Solopartsvorgesehen sind, am Klavier und an den OndesMartenot („Musikalische Wellen“), ein frühes (1928) und früher weit verbreitetes monophones elektronisches Musikinstrument.
Das umfangreiche Werk ist eher eine „Mischform“, ein mehrteiliges Werk für großes Orchester mit ca. 80 min. Spieldauer, ein dem sprichwörtlichen amerikanischen Geschmack nach Monumentalität und Vielgestaltigkeit entgegenkommendes Werk, was schon an der Verwendung aller möglichen Musikinstrumente ersichtlich ist.Es ist alles enthalten und zu einem gewaltigen Ganzen zusammengefügt, was dem Zeitgeschmack entsprach und bis heute seine Anziehungskraft nicht verloren hat. Die Symphonie fällt nicht nur wegen ihrer Äußerlichkeiten aus dem Rahmen, sie weicht auch in ihrer Struktur sowie der Themenverwendung und ‑bearbeitung stark von allen herkömmlichen Formen ab und verweist auf ein unbändiges Verlangen nach Freiheit – auch musikalischer.
Unter der Leitung von Ingo Metzmacher, der bereits zum vierten Mal eine Konzertphase des GMJO leitet, gastierte das Orchester, einer festen Tradition entsprechend, nach Konzerten im Amsterdamer Concertgebouw und der Hamburger Elbphilharmonie, nun in der Semperoper zum Saisonauftakt seines Patenorchesters, der Sächsischen Staatskapelle Dresden, der es eng verbunden ist.
Ungewöhnliche Klänge, über unterschiedlichen Grundrhythmen, großes Glissando mit dem gesamten Orchester, rhythmisch betonte, jazzartige Elemente, eine großangelegte Aneinanderreihung äußerlicher Effekte, tonal mitunter an die Grenzen stoßend,viel Bravour und technische Virtuosität,aber auch leise gezupfte Töne,einige, von den jungen Musikern mit Hingabe klangschön gespielte Passagen im Piano, die jedoch danach bald wieder zerrissen wurden, und immer wieder gewaltige Trommelschläge der vielbeschäftigtenGroßen Trommel, die dann auch das letzte Wort bzw. den „letzten Ton“ hatte, einzeln oder in Serie, und massive Orchesterballungenwie eine große Woge, die alles hinwegzuspülen droht, prägten das gewaltige Werk.
Die jungen Musiker setzten sich mit sehr großem Engagement ein, bewältigten die hohen Anforderungen mit bewundernswerter Professionalität und ließen sich das Werk sehr angelegen sein.
Kein Geringerer als Jean-Yves Thibaudet setzte sich mit seinem großen Können und seiner Anschlagskultur für den umfangreichen Klavierpart ein und brillierte mit „perlenden“ Kadenzen. Mitunter ließ er ein wenig Gefühl spielen, passte sich problemlos der modernen Ausdrucksweise an und ordnete sich in den rhythmisch betonten Grundtenor des Werkes ein.
Valérie Hartmann-Claveriehatte an denOndesMartenotPlatz genommen. Sie beherrschte diese Technik sicher und mit eleganten Bewegungen und fügte sich mit gekonnten Glissandi, gut gewählten Klangfarben, Dynamik und Lautstärke entsprechend in den Gesamtklang des großen Orchesters ein.
Unter Metzmachers Leitung wirkten alle Beteiligten sehr engagiert am Gelingen von Messiaens Opus magnummit und ließen es zu einem großen, monumentalen Ganzen und außergewöhnlichen Ereignis werden. Dass das Konzert am Vormittag, sozusagen als „Matinee“ stattfand, hatte man nach diesem gewaltigen Eindruck vergessen.
Ingrid Gerk