Dresden, Semperoper, Wiederaufnahme GÖTTERDÄMMERUNG am 5.11.2017
Andreas Schager, Nina Stemme. Copyright: Semperoper Dresden/ Creutziger
Verantwortlich für die szenische Gestaltung waren:
Regie: Willy Decker, Bühne: Wolfgang Gussmann, Kostüme: W. Gussmann und Frauke Schernau, Dramaturgie: Klaus Bertisch.
Im Mittelpunkt steht das so genannte “Welttheater”, das den Untergang der von Wotan installierten Weltordnung zeigt. Das erfolgt in transparenter Form und ohne eine einzige Videoeinblendung. Daran erkennt man, dass es sich um eine ältere Produktion handelt, nämlich schon aus dem Jahre 2003.
Allerdings gibt es unwesentliche Ungereimtheiten. So beobachtet am Ende des ersten Aktes Gunther, wie Siegfried im Outfit Gunthers, Brünnhilde den Ring entreißt. Im zweiten Akt kann er sich nicht mehr erinnern, wie Siegfried in den Besitz des Ringes gekommen ist. Möglicherweise hat Gunther in der Pause versehentlich vom Vergessenstrank getrunken. Dass Sieglinde am Ende des dritten Aktes bei den Worten “Zurück vom Ring” den Hagen ersticht, um dann regungslos auf der Bühne zu liegen, ist nur als Randbemerkung zu verstehen. Das Liebesduett im ersten Akt, von Wolken umgeben auf blauen Hintergrund, findet in einer kleinen Aussparung statt; dadurch leidet die akustische Wiedergabe. Brünnhilde und Siegfried schweben hier auf Wolke 7, leider ist diese Zeit viel zu kurz.
Unspektakulär auch der Schluss, wo am Ende Brünnhilde auf Zuschauerreihen am hinteren Ende der Bühne Platz nimmt, um dann mit den anderen Göttern und Helden in die Versenkung zu verschwinden.
Copyright: Semperoper Dresden/ Creutziger
Herausragende Sängerdarsteller
Gesungen wird von allen Sängerdarstellern auf höchstem Niveau. Allen voran das Paar Brünnhilde und Siegfried, mit Nina Stemme und Andreas Schager. Daneben an Gunthers Hof, Gutrune Edith Haller, Gunther Iain Paterson und Hagen Falk Struckmann mit seinem Vater Alberich, Albert Dohmen. Nicht zu vergessen der Chor unter der Leitung von Jörn Hinnerk Andresen.
Das Phänomen der Staatskapelle mit Christian Thielemann
Mittlerweile ist die Staatskapelle der Semperoper und ihr GMD, Christian Thielemann, zu einem Markenzeichen der Stadt Dresden geworden. So finden die Konzertreisen national und international stets vor voll besetzten Häusern statt. Der Dirigent setzt bei seiner Interpretation auf bestimmte Mechanismen. So setzt er das Forte in der Götterdämmerung nur bei ganz wichtigen Stellen ein. Im ersten Akt bei der Ankündigung der Waltraute, ausdruckstark Christa Mayer, sind die Paukenschläge so immens, dass man die Befürchtung hat, das Instrument erleidet einen Schaden. Das bedeutet, dass hier eine besonders wichtige Mitteilung erfolgt, nämlich die Rückgabe des von dem Fluch behafteten Ringes an die Rheintöchter, was natürlich von Brünnhilde vehement verneint wird, weil für sie der Ring ein Faustpfand von Siegfried darstellt. Allerdings wird Brünnhilde am Ende den Ring freiwillig an die Rheintöchter zurückgeben. Bei dem berühmten Trauermarsch stockt dem Besucher förmlich der Atem, so bewegend wird hier musiziert. Am Ende vor dem letzten Akkord macht der Dirigent eine extrem lange Pause, was bedeutet, dass das alte System endgültig zu Ende ist und jetzt eine neue optimistische Chance besteht, zukünftig alles besser zu machen. Auch herrscht zum Schluss nach dem Verklingen des extrem langen Tones eine Stille, die dann zögernd in einen starken Applaus übergeht.
Im Januar und Februar 2018 wird jeweils noch ein Ring-Zyklus unter Christian Thielemann aufgeführt.
Franz Roos