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DRESDEN/ Semperoper: DREI „SOMMERNACHTSTRÄUME“ IM 10. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN

10.05.2019 | Konzert/Liederabende

Dresden / Semperoper:  DREI „SOMMERNACHTSTRÄUME“ IM 10. SYMPHONIEKONZERT DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN – 10.5.2019

 Shakespeares Komödie A Midsummer Night’s Dream” hat viele Komponisten, u. a. auch Benjamin Britten, zu einer Umsetzung in Musik angeregt und die Musik mancher Komponisten zu diesem Thema wieder andere Komponisten zu eigenen Werken. Felix Mendelssohn-Bartholdy setzte mit seinem „Sommernachtstraum” Carl Maria von Weber ein musikalisches Denkmal, indem er aus der “Overtüre” zu dessen letzter Oper “Oberon” ein Thema, nur wenig abgewandelt, in seine “Sommernachtstraum-Ouvertüre” übernahm. Hans Werner Henze beschäftigte ebenfalls Shakespeares verrücktes Theaterstück, in dem sich Fantasie und Wirklichkeit, Theater und pralles Leben, Traum und Realität auf allen möglichen und unmöglichen Levels vermischen, durchkreuzen und verwandeln bis zum Happyend, und wählte nach der Lektüre drei Szenen (Oberons Weisungen an Puck, das Liebeswerben von Titania und Bottom sowie Pucks Epilog) aus und machte daraus seine “Sinfonia Nr. 8” für großes Orchester, “leichtfüßig und melodienreich”, wie er meinte, und ließ sich dabei von Mendelssohns Musik inspirieren.

Wladimir Jurowski wählte diese drei Werke für ein thematisches Programm im 10. Symphoniekonzert der Sächsischen Staatskapelle Dresden und eröffnete den Reigen mit Webers “Oberon-Ouvertüre”, leise, behutsam, säuselnd, doch dann mit einem gewaltigen Einsatz des Orchesters, der eine sehr dynamische, euphorische Wiedergabe mit extremen Kontrasten einleitete, bei der es zuweilen aber auch langsame, gedehnte und fast “zelebrierte” Passagen gab.

Darauf folgte Hans Werner Henzes „Sinfonia Nr. 8“, bei der jeder der drei Sätze von der Schauspielerin Isabel Karajan, die als Tochter des „großen Karajan“ auch ein Faible fürs Musiktheater hat, mit gut artikulierten Worten aus der Proszeniumsloge, die sich in der Semperoper anbietet, eingeleitet, mit moderner Akzentuierung, sachlich, aber auch dem Inhalt entsprechend Tiere wie in einer Art „Rap ohne Musik“ imitierend oder geheimnisvoll säuselnd als Überleitung zum „Elfenweben“ im 3. Satz.

Unter der Leitung von Wladimir Jurowski interpretierte die Sächsische Staatskapelle sehr klar das musikalische Gewusel von Tierstimmen und temperamentvoller Handlung, wo alles durcheinander schnattert, poltert, prustet, „quakt“, alles auf einmal in einem Großaufgebot aller möglichen Instrumente, schmetternder Posaune, sauberen Bläsern, Trommeln, viel Schlagzeug, Celesta, Klavier und Harfe (sehr gut Astrid von Brück mit neuartigen metallischen Klängen), bis sich die Wogen glätteten und langsam und leise „dahinwogend“ auch die Streicher wieder zu ihrem Recht kamen. Man hörte förmlich die Tiere quaken, blöken und den Esel mit seinem „Ia”, ein Klang-Konglomerat, das gegen Ende in einer großen Steigerung mit viel Emotion und Lautstärke, aber schöner Klarheit lyrisch und verträumt ausklang, aber „leicht und locker“ war es nicht unbedingt.

 Der fantastischen Traumwelt, dem Zauber der feinen „Gespinste“ aus Elfenweben und Fantasie, bei dem Shakespeare den Volksglauben seiner Zeit, der mit der Walpurgisnacht einen besonderen Zauber verband, aufgreift und in Verbindung mit griechischer Mythologie zu einer fantastischen „Zauberkomödie“ verband, wurde dann doch eher die „Bühnenmusik“ für Soli, Frauenchor und Orchester (op. 61) von Mendelssohn gerecht, die auf Wunsch des kunstsinnigen preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV., nachdem die „Ouvertüre“ (op. 21), ein Geniestreich des 17jährigen Mendelssohn sehr großen Anklang fand, entstand.

Im Konzert hatte man sich für die vollständige Bühnenmusik entschieden, die vom Publikum mit Spannung erwartet wurde. Flirrende Geigen stimmten in der feinen Musizierweise der Staatskapelle ein, bis das volle Orchester wie ein Paukenschlag und mit einem Paukenschlag einsetzte und Jurowski das Orchester mit Schwung und viel Temperament auch weiterhin leitete. Hier hatte Isabel Karajan ihren großen Auftritt. Die Worte wie alle modernen Schauspieler betonend, folgte sie weniger den Intentionen der Musik, als vielmehr dem gegenwärtigen Zeitgeist mit etwas spröder Stimme und oft großer Lautstärke, die im Gegensatz zur feinsinnigen Musik Mendelssohns stand.

Mit Frack und Violine erhob sie sich aus dem Orchester und spielte anschließend auf ihre Art clownesk mit allen möglichen Instrumenten und Utensilien des Orchesters, von der Violine, deren Bogen sie wie zum Fechten in einem Scheinduell oder auch als Selbstmordwaffe benutzte, über den großen Schalltrichter von Tuba oder Tenorhorn, der ihr in langer Folge abwechselnd “ (etwas ermüdend) als „Hut“, Oberschenkel-„Bandage“ oder auch Armschild diente, wie ein Kind das mit dem Orchester mittun möchte, aber mit den Instrumenten bis hin zum Instrumentenwagen und Spiel mit den Instrumentenhüllen, noch nichts anzufangen weiß. Sie trieb ihre Possen mit der Ernsthaftigkeit des Orchesters, löste auch Heiterkeit aus, „grunzte“ als Tier im Handlungsablauf, legte sich auf die Bühne schlafen zur Gute-Nacht-Musik, sehr gut ausgeführt von den Damen des Dresdner Kammerchores sowie Tuuli Takala, Sopran und Stepanka Pucalkova, Mezzosopran (seit dieser Spielzeit Mitglied des Solistenensembles der Semperoper und kurzfristig eingesprungen für die erkrankte Christina Bock) als Solistinnen, deren Stimmen sich in schöner klanglicher Übereinstimmung verbanden.

Schließlich fing Isabel Karajan auch noch fast zu „singen“ an, aber nur fast. Bei ihrer Interpretationsart, „schrie“ sie mitunter die Worte unverhältnismäßig lautstark und kontrovers zur eher zartbesaiteten Musik, die vom Orchester auf hohem Niveau wiedergegeben wurde heraus, was eigentlich nicht nötig war, vor allem nicht, wenn sich Musik und Wort überlappen. Schließlich “wischte“ der sieghaft gespielte „Marcia funebre“ den „Spuk“ weg und auf ihre Worte: “und jetzt noch der Epilog“, antwortete Jurowski erleichternd „um Gottes Willen, jetzt kommt der Tanz“ – von Rüpeln („Bergamasca“). Und schließlich kam die Musik wieder voll zu ihrem Recht. Die Kapelle spielte mit den ihr eigenen Feinheiten in kongenialem Zusammenspiel, bei dem ein Musiker auf den anderen hört, und ließ das Konzert feinsinnig ausklingen.

 

Ingrid Gerk

 

 

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