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DRESDEN/ Semperoper: DORNRÖSCHEN -Ballett mit Svetlana Gileva in der Titelrolle

29.02.2024 | Ballett/Performance
Dresden/Semperoper:  „DORNRÖSCHEN“-BALLETT MIT SVETLANA GILEVA IN DER TITELROLLE – 28.2.2024

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Foto: Jubal Battisti

Aaron S. Watkins abendfüllende Ballett-Inszenierung mit zauberhaften Bühnendekorationen & Video von Arne Walther, den farben- und auch sonst sehr prächtigen, märchenhaften Kostümen von Erik Västhed und einer Beleuchtung, die alles ins rechte Bild setzt, von Jan Seeger hat jetzt in einer Adaption von Marcelo Gomes „Hochkonjunktur“. Gomes veränderte manches, vor allem bei der Handlung, und kürzte die zahlreichen Darbietungen beim Hochzeitsfest (3. Akt), stets aber stilgerecht und ohne Brüche zu Watkins Fassung, so dass in Verbindung mit den insgesamt hohen Leistungen der Tänzerinnen und Tänzer eine sehr ansprechende, entspannende, familienfreundliche Version entstand.

Jede der insgesamt vorgesehenen 13 Vorstellungen innerhalb von 31 Tagen ist anders besetzt – „Demokratie in praxi“ (?). Es ist interessant, wie die einzelnen Tänzerinnen und Tänzer ihrer Figur innerhalb der vorgegebenen Choreografie mit ihren doch variierenden persönlichen Interpretationen, Leistungen und Fähigkeiten unterschiedlich Ausdruck verleihen.

Es gibt zahlreiche Debüts und Rollendebüts. Einige Tänzerinnen und Tänzer tanzen verschiedene Rollen in verschiedenen Vorstellungen. Svetlana Gileva tanzte jetzt (und am 10.3.) die Titelpartie, dann wird sie die Rolle der Fliederfee übernehmen (21.3.2024). Chiara Scarrone tanzt ebenfalls die Titelpartie (16.2.2024) und hatte jetzt ihr Rollendebüt als Fee der Lebendigkeit und als Rubinfee. Die Leichtigkeit ihrer zierlichen Füße, mit denen sie beim Tanzen kaum den Boden berührt, ihre sehr geschmeidigen Bewegungen und ihre grazile Körperhaltung faszinieren in jeder Rolle. Ihr ganzer Körper atmet Tanz und Bewegung, inspiriert von der Musik.

Zwei weitere der vier guten Feen, Elena Karpuhina als Fee der Schönheit und Saphirfee und Liliana Hagermann als Fee der Großzügigkeit und Smaragdfee, die auch im „Juwelendivertissement“ tanzten, bereicherten mit ihren stilvollen, anmutigen Tanzleistungen, die keine Schwierigkeiten ahnen ließen, und ihrer persönlichen Ausdrucksweise das Bühnengeschehen: Die zierliche Yo Nakajima brachte mit ihren niedlich-drolligen, fast sportlich anmutenden Tanzbewegungen Frische und eine etwas andere Farbe ins Bild. In ihrem Rollendebüt als Fliederfee zeigte Madison Whiteley ihr großartiges Können, wie auch Jieun Shim mit ihrem Debüt als Prinzessin Florine, der Schwester des Prinzen.

In Rollendebüts der Begleiter der guten Feen und der Juwelenprinzen bewährten sich Moisés Carrada Palmeros, Carl Becker und Lorenzo Alberti neben Lamin Pereira und als Begleiter der Carabosse: Casey Ouzounis, Javier Becerra Cubero, Pablo Gonzáles Martínez und Vincenco Mola vor allem mit elastischen Sprüngen. Die vier königlichen Freier Anthony Bachelier, Joseph Gray, Kristóf Kovács und Richard House verliehen ihrem Werben um Dornröschen Ausdruck mit Vehemenz. Als Blauer Vogel präsentierte sich jetzt Aniucet Marandel.

Den „Blumenwalzer“ tanzten 24  begabte Studierende der Palucca Hochschule für Tanz Dresden im Rahmen einer Kooperation mit dem Elevenprogramm mit viel Anmut und schon beachtlichem Können.

Mittelpunkt des Abends aber war das Prinzenpaar, Svetlana Gileva und Gareth Haw (als Gast). Svetlana Gileva, Coryphee der Company, verlieh mit ihren reifen Tanzleistungen, ihrer ganzen Persönlichkeit, vollendeter Perfektion von Kopf bis Fuß und Durchdringung der Rolle in künstlerischer Hinsicht der Titelfigur, Prinzessin Aurora, Nachdruck – eine tänzerischer Glanzleistung und ausgereifte, ausgefeilte Darstellung.

Gareth Haw beeindruckte seinerseits mit sehr schönen, hohen Sprüngen in vollendeter Körperhaltung, einer langen Sprungserie und gekonnten, fließenden Übergängen von einer Figur in eine andere, wie zum Beispiel das sich Fallenlassen während der Jagdszene aus einem freudig-erwartungsvollen Sprung beim plötzlichen Anblick Dornröschens in eine Schlafhaltung auf dem „Erdboden“, um von ihr in einer sehr bewegten Darstellung „zu träumen“. Zusammen bildeten Gileva und Haw ein Paar, das mit vollendeter Technik, Hebefiguren voller Harmonie und dem Hochzeits-Pas-de-deux seinen Auftritt und damit den Ballettabend krönte.

Musikalisch begann der Abend unter der Leitung von Benjamin Pope mit der allzu lautstark und kraftvoll, wie Unheil verkündenden Ouvertüre, vielleicht als Anspielung auf das Erscheinen der Carabosse (Duosi Zhu), die von ihren Gefährten später schwungvoll ins Geschehen getragen wird und kraftvoll und dynamisch die höfische Gesellschaft mit den gravitätisch sich bewegenden königlichen Eltern (Carola Schwab, Hannes-Detlef Vogel) „aufmischt“. Erst später bekamen die Musiker der Sächsischen Staatskapelle Dresden mitunter Gelegenheit zu feineren, klangschönen Passagen im Mezzoforte, um der Musik von Pjotr I. Tschaikowsky Ausdruck zu verleihen. Das ausgiebige stimmungsvolle Violinsolo lag dieses Mal in den sicheren Händen von Robert Lis (neuer Erster Konzertmeister der Staatskapelle), der mit dunkel gefärbtem, geschmeidigem Ton die Szenen flüssig, melodisch und klangschön begleitete.

Wenn die Dresdner Company klassisch tanzt (moderner Tanz wird mit ebenso hoher Qualität geboten), bewegen sich die Tänzerinnen vorwiegend en pointe (auf Spitze), stets auf Anmut und Grazie bedacht und möglichst punktgenau mit der Musik, was auch hier dem Abend schwebende Leichtigkeit und ein Schwelgen in Anmut und Harmonie verlieh.

Ingrid Gerk

 

 

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