Dresden / Semperoper: CAMILLA NYLUND IM 2. KAMMERABEND DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN – 20.11.2014
Im Rahmen der Dresdener Richard-Strauss-Tage stand auch der 2. Kammerabend der Sächsischen Staatskapelle Dresden ganz im Zeichen von Richard Strauss. Auf dem Programm standen weniger bekannte Werke der Kammermusik des Meisters und 7 Lieder.
Da auch die Erkältungswelle vor Dresden nicht halt machte, musste die Sopranistin Carolina Ullrich krankheitshalber absagen. Es war ein Glückfall, dass sich Camilla Nylund nach der Probe am Vormittag desselben Tages in Lyon auf den Weg nach Dresden machte, um am Abend 7 andere als die vorgesehenen Lieder von Richard Strauss zu singen.
Aus gutem Grund hielt sie sich bei den ersten Liedern „Die Nacht“, „Du meines Herzens Krönelein“, „Die Georgine“ und „Allerseelen“ noch etwas zurück. Sie sang etwas leiser als gewohnt, aber mit guter Artikulation, und ging die Höhe vorsichtig an (was in einer solchen Situation durchaus verständlich ist). Das verlieh den Liedern eine gewisse Sanftmut und Zartheit – und auch eine andere, als gewohnte, aber durchaus interessante Sicht auf diese besonderen Kunstwerke. Der Klang ihrer schönen, wohlklingenden Stimme und ihre Ausdrucksfähigkeit entfalteten sich dann umso schöner bei „Befreit“, „Morgen“ und „Zueignung„. Hier setzte sie all ihre Gestaltungsmöglichkeiten vom feinen Pianissimo bis zum leidenschaftlichen Forte ein und sang mit makelloser Höhe. Sie ging differenziert auf jedes Lied in seiner Spezifik ein und stellte sich auch dem intimen Charakter der Lieder.
Ihr kongenialer Partner am Klavier war der bewährte Jobst Schneiderrat, ein ausgesprochen guter, mitgestaltender Liedbegleiter, der mit seiner sehr klangvollen Klavierbegleitung ihre Liedgestaltung auf höchstem Niveau unterstrich. Es war eine feine, beseelte Liedgestaltung in völliger Übereinstimmung von Sängerin und Klavierbegleitung, die vom Publikum mit viel Beifall bedacht wurde, für den sich die beiden Ausführenden mit einer Zugabe, dem Lied „Wenn du es wüsstest“ bedankten.
Bei diesem Kammerabend wurde sowohl bei der Werkwahl, als auch bei der Ausführung vor allem die melodiöse, klangvolle Seite von Strauss‘ klassisch-romantischen Kompositionen betont. Beim eingangs von den Staatskapellen-Musikern Matthias Wollong, Sebastian Herberg, Norbert Anger sowie Gunter Anger als Gast mit feinstem Streicherklang und leidenschaftlicher Klangschönheit muszierten „Ständchen G-Dur für Violine, Viola, Violoncello und Klavier“ (o.Op. AV 168) kam die melodisch-harmonische Seite im Schaffen von Strauss voll zur Geltung. Die drei Streicher waren exzellent aufeinander eingespielt und musizierten wie „ein Herz und eine Seele“, perfekt und klangschwelgerisch. Es war Kammermusik vom Feinsten, die Klangrausch und Schönheit der Komposition voll zur Geltung kommen ließ, wenn auch das Klavier vielleicht eine Idee zu vordergründig erschien.
Ein „Eigenleben“ schien das Klavier auch in den ersten beiden Sätzen der dreisätzigen „Sonate für Violoncello und Klavier F-Dur“ (op. 6) zu führen. Im leidenschaftlichen 3. Satz, bei dem auch Strauss‘ Humor durchblinzelte, kam es dann zu schöner Übereinstimmung zwischen dem sanften, klangschönen Cello von Norbert Anger und Gunter Anger am Klavier und einer leidenschaftlichen, bravourösen Wiedergabe dieses Satzes.
Ein besonderes „Schmankerl“ bot Matthias Wollong, einer der 1. Konzertmeister der Sächsischen Staatskapelle mit der kurzen, aber gehaltvollen „Daphne-Etüde G-Dur (o.Op. AV 141) für Violine solo“. Es war „Strauss vom Feinsten“. Mit seinem perfekten technischen Können spürte er diesem kleinen, intensiven Bravourstück nach, um sich anschließend mit Paul Rivinius, Klavier der dreisätzigen „Sonate für Violine und Klavier Es-Dur (op. 18) mit ihrer sehr feinen Melodik zu widmen. Hier ergänzten sich Violine und Klavier in schöner Harmonie.
Fernab der großen Opern und Tondichtungen lernte man bei diesem Kammerabend nicht nur kaum bekannte Kammermusik-Kompositionen von Strauss kennen, sondern ihn auch als den großen Melodiker des 20. Jh., guten Kammermusik-Komponisten und Meister des feinen, intimen Klanges.
Ingrid Gerk