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DRESDEN/ Semperoper: „ARIADNE AUF NAXOS“

27.03.2023 | Oper international
Dresden/Semperoper: „ARIADNE AUF NAXOS“ VON RICHARD STRAUSS – 26.3.2023

David Hermanns Inszenierung der „Ariadne auf Naxos“ von Richard Strauss, eine Koproduktion mit der Opéra national de Lorraine, Nancy sowie der Opéra de Lausanne, mit dem Bühnenbild von Paul Zoller und den Kostümen zwischen höfischer Rokokokleidung und Commedia dell’arte von Michaela Barth, Licht: Fabrice Kebour hatte vor vier Jahren Premiere (2.12.2018) und wurde seitdem nur selten aufgeführt, so dass jetzt die 8. Vorstellung stattfand, die bewies, dass die ansprechende Inszenierung nichts von ihrer Frische und Ausdruckskraft verloren hat.

Das Vorspiel findet auf einem schmalen Gang an der Rampe statt, von dem drei Türen abgehen, die beim Öffnen preisgeben, was sich dahinter verbirgt, hinter der ersten die Garderobe mit den Kulissen für die Komödiantentruppe, hinter der zweiten das Badezimmer und hinter der dritten die Garderobe für die Darstellerin der Ariadne, die gerade frisiert wird (Perückenmacher: Ilja Silchuk). Bacchus kommt aus dem Bad, vor der Garderobe der Komödianten-Diva Zerbinetta, wacht ein Badyguard, der dem jungen Komponisten, der sich (äußerlich) mit hochhackigen Stöckelschuhen zur Komponistin gewandelt hat (eine Reminiszenz an den „Tár“-Film?), erklärt, dass die Violinen nicht kommen können, weil sie „keine Füß’ net haben  … und bei der Tafel nicht speisen, sondern spielen müssen …“.

Der junge Haushofmeister (Volker Muthmann) hält wenig von Distinktion. Er verhält sich wie ein gesitteter Jugendlicher und spricht „normal“ und nicht sonderlich deutlich, verteilt schon mal im voraus die Raketen für das später vorgesehene Feuerwerk und sammelt sie dann auch wieder ein. Als junge(r) Komponist(in) fällt Angela Brower enttäuscht von einem Schrecken in den anderen und meistert ihre Rolle auch stimmlich mit sicherer Höhe. Als gütiger, erfahrener Musiklehrer fungiert Christoph Pohl glaubhaft und eindrucksvoll als charakteristische Persönlichkeit.

Vor dem einzigen „Aufzug“ versammeln sich Gastgeber, ein reicher Mann (ursprünglich „der reichste Mann von Wien“), Komponist, Bodyguard, Haushofmeister (mit dem jetzt unentbehrlichen Handy) und einige andere Personen diskutierend, agierend und gestikulierend in der Proszeniumsloge, als wollten sie noch einiges richten und organisieren.

Die „öde Insel“ bleibt nur auf der einen Seite öde, wo die klagenden Nymphen (Ofeliya Pogosyan, Najade, Michal Doron, Dryade) Ariadnes Tränen aufwischen und in einem Eimer sammeln und versuchen, sie mit schönem Gesang aufzuheitern. Auf der anderen Seite blüht farben- und lebensfrohes Idyll, bei dem ein Rokokogemälde Pate gestanden hat. Die Komödianten (Timothy Oliver, Scaramuccio, Martin-Jan Nijhof, Truffaldino, Manuel Günther, Brighella) tollen herum, Sarah Aristidou glänzt als Zerbinetta mit ihrer großen, leicht und locker gesungen Koloratur-Arie, und der Harlekin (Sebastian Wartig) mit der seinen.

Als die ewig trauernde Ariadne, die nur schwerlich erkennt, dass Bacchus nicht der Todes-Fährmann oder -engel ist, sondern ein Gott, der sie zum Happy end führt, war Simone Schneider für die erkrankte Catherine Hunold eingesprungen und sang und gestaltete die umfangreiche, sehr anspruchsvolle Partie sehr überzeugend, expressiv und mit Power. Stimmlich und darstellerisch mehr als überzeugend, gestaltete auch Gregory Kunde die erlösende Rolle des Bacchus, mit der das Spiel mit einschmeichelndem Gesang von ihm und den Nymphen zum guten Ende geführt wird und mit leise verklingendem Echo (Alice Rossi) verhallt.

Unter der Leitung von Christoph Gedschold leitete die Sächsische Staatskapelle sehr sanft und klangschön, innere Spannung aufbauenden, jeweilsVorspiel und Aufzug der Oper über die Oper ein, untermalte mit feinen, sensiblen Streichern stilvoll den Gesang und entwickelte innerhalb der großen Linie auch Sinn für schöne Details. Damit machte  sie ihrem Ruf als Strauss-Orchester alle Ehre. Gedschold nahm auch sehr viel Rücksicht auf die hinter der Szene klagenden Nymphen, deren Gesang wie aus der Ferne klang, um ihnen unter diesen Bedingungen freie Entfaltung zu lassen.

Es war eine schöne, in sich geschlossene Aufführung, bei der sich Handlung und tieferer Sinn der Oper über die Verwandlungskraft der Liebe in Treue und Wechsel in ansprechenden Bildern sehr klar und schlüssig mitteilten und der musikalische Kontrast zwischen den beiden Frauen mit unterschiedlicher Liebesauffassung in seiner vielschichtigen Gestaltung nachvollziehbar wurde, auf der einen Seite Treue bis in den Tod bei Ariadne, auf der anderen die Leichtigkeit und Heiterkeit des Lebens bei der zwischen zwei Liebhabern wandelnden und schwankenden Zerbinetta, ernst und heiter, selbstzerstörerisch oder lebensbejahend.

Ingrid Gerk

 

 

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