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DRESDEN/ Semperoper: ARABELLA

14.12.2018 | Oper

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Camilla Nylund: Foto: Agentur

Dresden / Semperoper: „ARABELLA“ – 13.12.2018

Obwohl sich die Semperoper einer engen Verbindung und langen Tradition mit den Opern von Richard Strauss rühmen kann, steht die neue Inszenierung der „Arabella“ in Koproduktion mit den Osterfestspielen Salzburg nur relativ selten auf dem Spielplan. Die, man kann schon sagen „historisch informierte“, Inszenierung von Florentine Klepper mit dem stimmigen Bühnenbild von Martina Segna, das mehrere Zimmer und auch Einblicke in den „Hintergrund“ zeigt, entführt in die Zeit, in der die Handlung der Oper spielt und Sinn macht. Die  wenigen Elemente moderner Inszenierungspraxis als Versuch, psychische Zusammenhänge und Hintergründe sichtbar zu machen, wie z. B. ein Bild mit Arabella als Kleinkind und großem (Teddy-)Bär oder Bärin, die Mandryka angefallen hat, die Doubles der Arabella im blauen Ballkleid oder die schwarzen Gestalten mit Zylinder, die die Randgesellschaft beim Fiakerball und die neugierigen Gäste des Hotels bei der nächtlichen Auseinandersetzung darstellen, fügen sich gut ein.

Die eingesetzte Technik mit waagerechter Verschiebung der Hotelzimmerflucht und Hubpodien zur Verwandlung der Szene zwischen Ball und Hotelflur beleben das auch etwas starre Szenarium, das die in ihren Floskeln und Gesellschaftsformen erstarrte Gesellschaft wiederspiegelt, und siehe da, es waren erstaunlich viele jüngere Besucher im, wenn auch nicht ausverkauften, Haus. Es war erst die 7. Vorstellung nach der Premiere (7.11.2014), in anderer Besetzung als zur Premiere – versteht sich, und auch schon wieder die letzte in dieser Spielzeit.

Camilla Nylund, die die Arabella auch schon in der ersten Inszenierung nach der Wiedereröffnung der Semperoper sang, brillierte einmal mehr in dieser Rolle des kapriziösen jungen Mädchens, das fernab der Realität gern auf „Wolke sieben“ schwebt. Man hätte ihr zwar gern im 1. Akt ein vorteilhafteres Kostüm gewünscht (Kostüme: Anne Sofie Tuma), aber das hellblaue Ballkleid machte später alles wieder wett. Es genügt eben nicht nur, die Kostüme vom Ausstattungspartner für die Premierenbesetzung anzupassen. Entweder sie werden dann bei jeder Neubesetzung angepasst oder gleich so entworfen, dass sie für alle vorteilhaft wirken (das ist mit etwas Geschick und Geschmack durchaus möglich).

Abgesehen davon, war Camilla Nylund wie immer mit völlig unverbrauchter Stimme und ihrer, die Rolle in all ihren Facetten wiederspiegelnden Gestaltung die schöne, „anbetungswürdige“ Arabella und der Mittelpunkt der Handlung.

Man war gespannt auf Genia Kühmeier als Zdenka, aber sie musste leider wegen Erkrankung absagen. Für sie war Katharina Konradi eingesprungen und überzeugte mit allen Facetten ihrer Darstellung. Sie war mit ihrer zierlichen Gestalt nicht nur auch optisch die jüngere, zurückhaltendere Schwester der von allen hoffierten Arabella. Schon beim leisesten Ansatz war ihre gut klingende Stimme, mit der sie alle Höhen und Tiefen mit guter Textverständlichkeit ausloten konnte, und erst recht ihr stimmiges Spiel zu bewundern – eine Zdenka par exzellence.

Beide hatten mit Christa Mayer eine sehr elegante, dezent distinguierte, vornehme Mutter mit ebenfalls sehr guter stimmlicher Gestaltung und sehr deutlicher Textverständlichkeit an ihrer Seite – ein wirklich reizvolles weibliches Trio, das der Aufführung die entsprechende Stimmung verlieh. Der „Göttergatte“, Graf Waldner, fand durch Martin Winkler, der mit dieser Rolle auch an der Met auftrat, in einer realistischen Mischung aus altem „Kürassierstolz“, ruiniertem Adligen und süchtigem Spieler einen realistischen, konträren Gegenspieler von Fleisch und Blut, der sich gelegentlich doch seiner Noblesse im entscheidenden Moment erinnert, was besonders im Gegensatz zu Mandryka, dem naturverbundenen Menschen vom fernen Balkan, zur Geltung kam, dem Bo Skovhus, äußerlich sehr elegant, hin und wieder aber auch betont linkisch spielend, Gestalt und Stimme mit guter Höhe und Mittellage, aber ziemlich leiser Tiefe verlieh.

Seine Verehrer-Konkurrenten, Graf Elemer (Patrick Vogel), Graf Domonik (Martin-Jan Nijhof) und Graf Lamorial (Alexandros Stavrakakis) waren in sehr unterschiedlicher Weise, mit teils gelegentlicher Noblesse, aber auch gespielter „Unbeholfenheit“ mit von der Partie. Als Matteo füllte Thomas Blondelle, in seinem „Liebesschmerz“ äußerlich mehr larmoyant als ein „schnittiger“ Offizier, seine Rolle gesanglich gut aus.

Bliebe noch die Fiakermilli, für die sich Olga Pudova mit unbekümmerten, lockeren, lauten, schrillen und „schrägen“ Koloraturen souverän ins Zeug legte. Dezent fügten sich hinegen eine Kartenaufschlägerin (Sabine Brohm) und Welko (Werner Harke) sowie der Zimmerkellner (Rafael Harnisch) gemäß ihrer Rolle in den Handlungsablauf ein.

Die Sächsische Staatskapelle Dresden spielte unter der Leitung von Asher Fisch mit ihren Qualitäten und ihrer Hingabe an die Musik von Richard Strauss, wobei der alles durchziehende Walzer mitunter im dramatischen Forte in emotional aufgeheizten, dramatischen Höhepunkten etwas „unterging“ und zuweilen auch mancher Sänger „zugedeckt“ wurde, aber selbst wenn das Orchester an Lautstärke zulegte, war alles noch wirklich Musik.

Ingrid Gerk

 

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