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DRESDEN/ Semperoper: 6. KAMMERABEND DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE

16.03.2016 | Konzert/Liederabende

Dresden / Semperoper: 6. KAMMERABEND DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN – 15. 3. 2016

Einer guten Tradition folgend, findet in der Reihe der Kammerabende der Sächsischen Staatskapelle Dresden einmal in jeder Konzertsaison ein Austausch mit dem Gewandhausorchester Leipzig statt, d. h. einige Musiker des Gewandhausorchesters gastieren mit kammermusikalischen Werken in Dresden und im Gegenzug treten Mitglieder der Sächsischen Staatskapelle in Leipzig auf.

Im 6. Kammerabend waren drei Kammermusiker aus Leipzig zu Gast, die sich ausschließlich der deutschen Romantik und Klassik widmeten. Anlässlich des 100. Todestages von Max Reger eröffneten sie ihr Programm mit dessen „Sonate für Violoncello und Klavier“ Nr.4 a‑Moll (op. 116), zu deren Entstehung Reger 1910 vor seinem Ferienaufenthalt im bayrischen Oberaudorf in einem Brief schrieb: „Ich will eine sehr feine Sonate für Cello und Piano … schaffen“. Angesichts der Entwicklung des Kompositionsstils durch die musikalische Avantgarde, die um 1909 zur „freien Atonalität und Emanzipation der Dissonanz“ führte, bekannte Reger: „O, es ist zum konservativ werden!“ und später: „Ich glaube behaupten zu dürfen, dass der Weg, den ich in … op. 116 gehe, eher zu einem Ziel führt als all die neuen Wege.“

In der Tat ist diese viersätzige, dem langjährigen Solocellisten des Leipziger Gewandhausorchesters und Mitglied des Gewandhaus-Quartetts, Julius Klengel, gewidmete, Sonate mit ihrer Melodik und Formbildung, ihren zahlreichen Modulationen, und der motivischen Arbeit über nur wenige „Motivpartikel“ ein sehr ansprechendes kammermusikalisches Werk in „klassischer“ Klarheit. So wurde es auch von dem Cellisten Hendrik Zwiener mit sanglichem Ton und in gutem Zusammenspiel mit dem Pianisten Nobue Ito in entsprechender Ernsthaftigkeit, aber auch etwas rational kühl dargeboten, bis sich im 4. Satz die Fröhlichkeit durch setzte, die Reger in fröhlichen Stunden mit „sehr fidelen Mönchen“ des nahe gelegenen Karmeliterklosters während seines Sommeraufenthaltes erlebte.

Für die „Klaviersonate Nr. 3 c‑Moll (op. 101) von Johannes Brahms‘ gesellte sich zu den beiden Interpreten der Geiger Julius Bekesch. Seine Tongebung und musikalische Gestaltung und u. a. sehr schöne Pizzicati des Cellos sorgten für Vitalität und Klangschönheit und ließen auch feinere, geschmeidigere Töne hören. Vom Klavier kamen u. a. klangvolle Arpeggien, so dass die drei Musiker in adäquater Musizierweise die Sonate mit Klangfülle und melodischer Schönheit erleben ließen, aufgefrischt durch mitunter ziemlich „schnittige“ Abschlusspassagen am Ende eines Satzes.

Den Höhepunkt und Abschluss dieses Kammerabends bildete das Klaviertrio D‑Dur (op. 70 Nr. 1) von Ludwig van Beethoven, das seinen Beinamen „Geistertrio“ dem sehr langsamen, dramatisch-melancholischen Mittelsatz („Largo“) verdankt. Der leicht düster-melancholische Klang aus Akkordballungen und dunklen Klängen ab- und aufsteigender Sextolen im Klavierpart ließen in einer Zeit beliebter Geisterbeschwörungen, der sogenannten „Seáncen“, die Fantasie „geisterhaft-schauerlich „erblühen“ und verleiteten zu Assoziationen mit entsprechenden literarischen Werken.

Die drei Musiker musizierten eher mit dem Empfinden des 21. Jh., klangvoll und eher diesseitig. Der nachfolgende dritte und letzte Satz schob mit „Presto“ endgültig alle melancholische Atmosphäre beiseite. In gutem Zusammenwirken von Violine und Cello und dem richtigen Gespür des Pianisten, der offenbar ein besonderes Faible für Beethoven hat und mit differenzierter Anschlagskultur wirkungsvolle Akzente setze, wurde Beethovens „Trio“ sehr ansprechend zu Gehör gebracht, woraufhin sich das Publikum eine Zugabe „erklatschte“.

Mit Regers „Mariä Wiegenlied“, instrumental statt vokal – den Sopranpart hatte das „singende“ Cello übernommen – rundeten die drei Musiker ihr Programm sehr innig und gefühlvoll ab. Es war im besten Sinne „Romantik pur“.

 

Ingrid Gerk

 

 

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