Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

DRESDEN/Semperoper: „3.  SYMPHONIEKONZERT“ DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN MIT DANIELE GATTI

27.10.2022 | Konzert/Liederabende

 Dresden/Semperoper:  „3.  SYMPHONIEKONZERT“ DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN MIT DANIELE GATTI – 25.10.2022

Daniele Gatti, der schon mehrere Konzerte der Sächsischen Staatskapelle Dresden geleitet hat, u. a. das 12. und letzte Symphoniekonzert der vergangenen Saison und im vergangenen Jahr ein Konzert mit dem „Violinkonzert d‑Moll“ und der „Rheinischen Symphonie“ von Robert Schumann (coronabedingt als Radiokonzert) sowie bei den Salzburger Osterfestspielen Schumanns „Symphonie Nr. 3., kehrte jetzt für das 3. Symphoniekonzert der neuen Saison mit Werken von Robert Schumann und Johannes Brahms ans Pult der Staatskapelle zurück.

Sein geschickt konzipiertes Programm mit bekannten und gegenwärtig weniger beachteten Werken der beiden befreundeten Komponisten begann mit der Ouvertüre zu „Genoveva“ (op. 81) von Robert Schumann, die aufgrund ihrer brillanten Instrumentation einst zu seinen meistgespielten Werken gehörte, jetzt aber vielen Musikfreunden kaum mehr als dem Namen nach bekannt ist. Dynamisch, in dramatischer Steigerung, zum Teil auch mit entsprechender Lautstärke, ließ Gatti, die besonderen klanglichen Möglichkeiten der Kapelle nutzend, den Inhalt der Oper nach Friedrich Hebbels dunkler Tragödie mit glücklichem Ausgang über eine mittelalterliche französische Legende erstehen, die sich mit ihrer schwarzen Romantik dem heutigen Konzertbesucher erst nach Beschäftigung mit dem Stoff und den Hintergründen ihrer Entstehung wirklich erschließt.

Danach folgten die heiter-unbeschwerten, sehr virtuosen „Variationen über ein Thema von Joseph Haydn B‑Dur“ (op. 56a) von Johannes Brahms, die jetzt seltener in den Konzertsälen anzutreffen sind, obwohl sie einst zu den Lieblingsstücken des Publikums gehörten und auch junge Leute sehr schnell ansprechen. In diesem Konzert wurden sie vom Publikum begeistert aufgenommen.

Mit ihrem edlen Klang widmeten sich die Musiker unter Gattis Leitung den acht sehr unterschiedlich mit allen Raffinessen gestalteten Variationen, bei denen die Umgestaltung, Neubeleuchtung und Entwicklung des Themas in lyrischen, dramatischen und tänzerischen Episoden abwechseln und bis zum „Jagdstück“ der Hörner (6. Variation) und graziösem Siziliano-Rhythmus (7. Variation) gesteigert werden. Schließlich gipfeln sie in einer wirkungsvollen triumphalen letzten Variation, in der das Anfangsthema vergrößert den alles überhöhenden Ausklang bildet.

Dass das Thema vermutlich gar nicht von Haydn stammt, sondern als „Feldpartita“ (Hob. II:46), „Choral St. Antoni“ betitelt, möglicherweise auf ein burgenländisches Wallfahrtslied zurückgeht, das einer seiner Schüler (Ignaz Pleyel?), in einem Divertimento verwendet hat, ist dabei weniger wichtig. Es ist ein großartiges Werk, bei dem die Musiker mit schönen Flöten, Hörnern und Trompeten sowie der sehr einfühlsam mitgestaltenden Pauke geschickt die Akzente setzten und mit ihrer lebendigen Interpretation Brahms’ Instrumentationskunst zur Geltung brachten.

Eine weitere Ouvertüre von Robert Schumann, die Ouvertüre zu Goethes „Hermann und Dorothea“ (op. 136), worin ein bürgerliches Liebesidyll vor dem Hintergrund der Französischen Revolution erzählt wird, ergänzte das Programm. Gatti und die Sächsische Staatskapelle brachten die relativ undramatische Erzählung dieser Liebesgeschichte, bei der immer wieder zündende Zitate der Marseillaise zur Illustration der abziehenden Soldaten anklingen, sehr transparent, klangvoll und vital zu Gehör.

Als Hauptwerk des Abends erklang Schumanns „Symphonie Nr. 4 d‑Moll“ (op. 120) in harmonischer Klangstruktur, sehr dynamisch, temperamentvoll, brillant, mit geschliffener Klarheit, konstruktiv und akzentuiert in empfindungsmäßig genau richtigem Maß und Tempo. In entsprechenden Steigerungen, mit wunderbaren Bläsern, vor allem Trompeten und Hörnern, aber auch Flöten, und exakten, „schnittigen“ Streichern in völligem Einklang, mitreißend gespielt, auch hier sehr eindrucksvoll von der Pauke unterstützt und unterstrichen.

Schumanns kompositorische Stärke liegt in seinen Symphonien, „da ist sein Feld“, wie Clara Wieck (später Schumann) noch vor seiner ersten Symphonie, der ersten Fassung seiner d‑Moll-Symphonie (chronologisch die zweite) schrieb, die bei der Uraufführung infolge ihrer neuartigen Einsätzigkeit befremdete, in der grundlegend überarbeiteten Fassung wenig später (als Vierte gezählt) schließlich zum Publikumserfolg wurde, der bis jetzt anhält. Es war aber auch interessant, die beiden Ouvertüren wieder einmal zu hören bzw. kennenzulernen.

 Mit sparsamen,Gesten und ohne unnötige Aktionen leitete Gatti die Sächsische Staatskapelle. Beide Seiten verstehen sich „auf gleicher Wellenlänge“ in Auffassung und Gestaltung. Mit schöner Klarheit, Perfektion, die Fähigkeit zur Klanggestaltung der Kapelle nutzend, leitete er das Konzert, das noch auf vieles hoffen lässt.

Ingrid Gerk

 

 

Diese Seite drucken