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DRESDEN/ Semperoper: „2. SYMPHONIEKONZERT“ DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN MIT ANDRÉS OROZCO-ESTRADA UND MARÍA DUENAS

09.10.2024 | Konzert/Liederabende

Dresden/Semperoper:  „2. SYMPHONIEKONZERT“ DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN MIT ANDRÉS OROZCO-ESTRADA UND MARÍA DUENAS – 8.10.2024

 Während Andrés Orozco-Estrada schon mehrmals am Pult der Sächsischen Staatskapelle Dresden stand, zuletzt im Juni 2023 mit Schostakowitschs „Fünfter Sinfonie“, war die junge vielversprechende Geigerin (und Komponistin) María Dueñas (*2002) zum ersten Mal zu Gast bei der Kapelle. Nach Dresden kam sie aber schon 2014 – nach ihrem Studium in ihrem Heimatland an die Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“.

 Beim 2. Symphoniekonzert überraschte sie mit der von ihr sehr einfühlsam gespielten fünfsätzigen „Symphonie Espagnole d‑Moll für Violine und Orchester“ (op. 21) von Édouard Lalo, ein Violinkonzert (oder eine Symphonie mit solistischer Violine), das seinerzeit dem Komponisten zum Durchbruch verhalf und auch jetzt noch mit seinem mitreißenden Temperament durch die Einbindung spanischer Rhythmen und die exotische Melodik immer wieder begeistert. Bei der Uraufführung 1874 im Pariser Cirque d’hiver im Rahmen eines der Konzerte der Sociéte Nationale de Musique spielte kein Geringerer als Pablo de Sarasate den Solopart.

 Es gibt keine Komposition, die besser zeigt, was die Violine leisten kann“, schwärmte Pablo de Sarasate, dem sie gewidmet ist. Die junge Geigerin, zeigte, was sie kann, ihr technisches Können und ihre künstlerische Reife waren frappierend. Sie gilt als Ausnahmetalent und ist nach dem Gewinnen mehrerer renommierter internationaler Wettbewerbe und dem Menuhin Violinwettbewerb 2021 weltweit gefragt. Mit besonders feinem, sanftem Strich und nuancenreicher Tongebung in vielseitiger Farbigkeit begeisterte sie nicht zuletzt auch durch ihr charismatisches Auftreten, nicht vordergründig, sondern sehr anmutig. Mit großer Innigkeit vertiefte sie sich ganz in die Musik.

Zu ihrem sanften Auftreten und feinsinniger Interpretation wollte jeoch der grandiose, lautstarke Einsatz des Orchesters nicht so recht passen. Für Orozco-Estrada schien Temperament in viel Kraft und Power zu liegen, bei ihr mehr in persönlichem Nach- und Mitempfinden, wie auch ihre ganze Erscheinung zeigte. Hier hätte weniger mehr bedeuten können, etwas mehr Zurücknahme des Orchesters und ein harmonisches Miteinander mit der Solistin, das auch die melodischen und rhythmischen Besonderheiten und Schönheiten der „Symphonie Espagnole“ als Musterbeispiel für die Hinwendung zu exotischen Klängen anderer Kulturen in der Romantik noch mehr hervorgehoben hätte.

Mit einer ebenfalls feinsinnigen Zugabe für Violine solo verabschiedete sich María Dueñas von dem begeisterten Publikum, und man kann nur auf weitere Auftritte in Desden hoffen.

Den entgegengesetzten Weg, von den nationalen böhmisch-musikantischen Klängen zum europäischen Komponierstil im Geist der großen Wiener Tradition ging Antonín Dvořák mit seiner „Siebten Symphonie“ (wie auch schon mit der „Sechsten“). Anklänge an die Melodien und Rhythmen seiner tschechischen Heimat, die seiner Musik zu großer Bekanntheit verholfen hatten, treten hier in den Hintergrund, wobei die böhmische Mentalität unterschwellig mitklingt und noch immer ihren Reiz ausübt. Die dezente Kritik seines Freundes und Förderers Johannes Brahms an Dvořáks „Sechster Symphonie“ („Ich denke mir Ihre Symphonie noch ganz anders als die in D-Dur“) dürfte diese Wende angestoßen haben. Der Erfolg der Uraufführung 1885 in London gab ihm Recht und festigte Dvořáks internationalen Ruf als Symphoniker.

Bei diesem Werk war Orozco-Estrada ganz in seinem Element, arbeitete großartig die größeren und kleineren Höhepunkten der Symphonie heraus und führte jeden Satz zu einem triumphalen Schluss, was manchen unvoreingenommenen Besucher zu voreiligen Beifalls-Versuchen animierte, die vom Dirigenten jedoch geschickt abgewehrt wurden.

Die Staatskapelle wartete mit all ihren technischen und klanglichen Besonderheiten wie Perfektion, sehr saubere Bläser, innere Harmonie, feine Details und angemessene Pauke auf und hinterließ einen großartigen Gesamteindruck.

Ingrid Gerk

 

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