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DRESDEN/ Semperoper: „2. AUFFÜHRUNGSABEND DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN MIT ALESSANDRO DE MARCHI

01.02.2025 | Konzert/Liederabende

Dresden / Semperoper: „2. AUFFÜHRUNGSABEND DER SÄCHSISCHEN STAATSKAPELLE DRESDEN MIT ALESSANDRO DE MARCHI – 30.1.2025

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Foto: Semperoper

Der 2. Aufführungsabend der Sächsischen Staatskapelle Dresden stand ganz im Zeichen der Barockmusik und ihrer Inspiration für Komponisten des 20. Jahrhunderte. Er wurde von Alessandro De Marchi, Spezialist für Alte Musik und oft und gern gesehener Gast der Sächsischen Staatskapelle, geleitet, teils vom Pult, teils vom Cembalo aus. Entsprechend den aufgeführten Werken wechselten Anzahl der Musiker und Art der Instrumente zwischen Streichern und Bläsern, ein oder zwei Cembali oder auch keins.

Das illustre Programm begann mit „Trittico Botticelliano“ von Ottorino Respighi (1879-1936), dessen Kompositionsstil nach verschiedenen anderen Stilrichtungen vor allem von der italienischen Musik des Barock und der Renaissance geprägt wurde, die er zum Teil in ein neues Klanggewand goss. Neben 10 Opern, 7 Ballettmusiken und Sinfonien schrieb er auch Sinfonische Dichtungen, von denen ihn vor allem „Fontane di Roma“, „Pini di Roma“ und „Feste Romane“ bekannt und berühmt machten.

In dem hier weniger bekannten, 1927 komponierten „Trittico Botticelliano“ griff Respighi auf alte Stilrichtungen zurück und ließ drei Bilder von Sandro Botticelli (1445–1510), einem der bedeutendsten Maler der frühen italienischen Renaissance, zu Musik werden. Unter De Marchis Leitung erhielt der Frühling im ersten Stück „La primavera“ in kleiner Orchesterbesetzung ein sehr freundliches Gesicht. Wie ein feines Gespinst, in leisem Schweben der Klänge und auch mit kräftigerer Farbigkeit wurden die acht allegorischen Gestalten eines der bekanntesten und am häufigsten reproduzierten Gemäldes in ihren kunstvollen Gewändern vor Augen geführt. Das Vogelgezwitscher erinnerte an Vivaldi.

In ähnlicher Weise wurde im 2. Satz Botticellis Gemälde „L’adorazione die Magi“ („Die Anbetung der Heiligen Drei Könige“) assoziiert, verstärkt durch das Zitat von zwei weihnachtlichen Weisen. Im 3. Teil „La nascita di Venere“ zeichnete De Marchi mit den Musikern mit feinen leisen Tönen und zarten Farben das liebliche Bild der Geburt der Venus, bei dem die Wellenbewegungen der Geigen und Bratschen die aus dem Meerschaum Geborene auf ihrer Jakobsmuschel sanft dem Ufer zutreiben. Wie kaum ein anderer hat Respighi die illustrative Kraft der Musik genutzt, um mit bunter Orchesterpalette Klanggemälde zu erschaffen. Mit suggestiver Kraft transformierte er die Gemälde in Musik, indem er sich die vielfältigen Möglichkeiten aus Renaissance und Barock zu eigen machte.   

Originale Barockmusik brachte danach Joachim Hans, Solo-Fagottist der Staatskapelle mit zwei Fagottkonzerten von Antonio Vivaldi zu Gehör, dem Fagottkonzert Es-Dur“ (RV 483) mit zwei Sätzen und dem „Fagottkonzert a-Moll“ (RV 497) mit drei Sätzen. In der Barockzeit herrschten bezüglich Form große Freiheiten. Wichtig waren Einfallsreichtum, gefühlvolle Melodien und kunstvolle Verarbeitung, was bei Vivaldi immer wieder überrascht und bei dem Solisten mit seinen reichen Erfahrungen und spieltechnischen Fähigkeiten und den mit Vitalität begleitenden Orchestermusikern in den besten Händen lag. Joachim Hans hatte hier Gelegenheit, einmal aus dem Orchester in den Vordergrund zu treten und die Vielseitigkeit seines Instrumentes mit seinem Können vorzustellen. Beide Seiten musizierten mit Spielfreude, Vitalität und Stilempfinden.

Igor Strawinsky ließ sich bei seinem, 1937/38 komponierten „Konzert Es-Dur für Kammerorchester“, den „Dumbarton Oaks“, einem seiner prägnantesten Kammerorchesterwerke, hinsichtlich klarer Struktur und kontrapunktischer Dichte von Johann Sebastian Bachs „Brandenburgischen Konzerten“ leiten und kombinierte beides mit rhythmischer Energie, die sich durch die drei Sätze zieht. Den Auftrag dazu erhielt er von einem amerikanischen Kunstmäzen-Ehepaar, das damit seinen 30. Hochzeitstag auf seinem Landsitz Dumbarton Oaks in der Nähe von Washington feierte.

Die eingesetzten Instrumente, Streicher und Bläser, sind wie in den barocken Concerti grossi sowohl solistisch als auch in unterschiedlichen Gruppierungen gleichberechtigt eingesetzt. Insbesondere zwischen den beiden ersten Sätzen von „Dumbarton Oaks“ und dem „Brandenburgischen Konzert Nr. 3 G-Dur“ (BWV 1048) gibt es Parallelen. Klanglich gehen beide Komponisten jedoch sehr unterschiedliche Wege.

Während Strawinsky mit pointiert akzentuierten Klängen eine mehr auf Äußerlichkeiten, als auf Empfindung angelegte Klangwelt, die eher die graziösen Tänze am Hof Ludwig XIV. andeutet, erschloss sich bei der Widergabe von Bachs Konzert in originaler Besetzung der ganze Reichtum an  barocker Klangfülle, Melodien und Empfindungen mit opulenter Lebensfreude und Festlichkeit im Überschwang.

Für den begeisterten Applaus gab es noch eine Zugabe von Altmeister Bach, der sich auch auf Lebensfreude verstand, das sehr feierlich in einfacher Besetzung gespielte „Air“ aus Bachs „Orchestersuite D-Dur“ (BWV 1068).

Ingrid Gerk

 

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