Dresden/Schloss Albrechtsberg: „MIGNON“ UND „LA BONNE CHANCON“ MIT VALDA WILSON UND DEM FREIEN ENSEMBLE DRESDEN – 14.1.2014
In Schloss Albrechtsberg, dem preußischen Schloss inmitten Sachsens Hauptstadt, das, hoch über dem Elbtal gelegen mit herrlichem Blick auf Dresdens historisches Stadtzentrum, zusammen mit den beiden benachbarten Schlössern wie ein Exot in der barock dominierten Architekturlandschaft wirkt, brachten die sympathische australische Sängerin mit der besonders schönen Sopranstimme, Valda Wilson, und fünf versierte Musiker, denen die Kammermusik sehr am Herzen liegt, Werke von Franz Schubert und Gabriel Fauré in sehr gewinnender Wiedergabe zu Gehör.
Das Schloss wurde zwischen 1850 und 1854 von einem Schüler Schinkels für Prinz Albrecht von Preußen (1809-1872), einen Bruder des Kunst liebenden und fördernden Preußenkönigs Friedrich Wilhelm IV. und des deutschen Kaisers Wilhelm I. auf den Mauern eines Palais errichtet, in dem seinerzeit Richard Wagner, E.T.A. Hoffmann, der Maler Wilhelm von Kügelgen und Gottfried Semper, der Architekt der Semperoper, zu Gast waren.
Es ist eines der wenigen spätklassizistischen Bauwerke in Dresden mit Rückgriff auf Formen der griechischen und römischen Antike und italienischen Renaissance, u. a. erbaut nach dem Vorbild der Villa d`Este bei Rom und umgeben von Parkanlagen mit geschwungenen Wegen, Brücken, künstlich angelegten Teichen, Felsen, Wasserfall, Viadukt und „Türkischem Bad“ im maurisch-orientalischen Stil. Nach wechselvoller Geschichte und Nutzung finden jetzt im Schloss neben exklusiven Veranstaltungen auch die Kammerkonzerte der Dresdner Philharmonie statt.
Gegenwärtig nimmt Kammermusik im professionellen Musikleben leider nur noch einen „Randplatz“ ein, obwohl doch gerade sie zu den edelsten Musikgattungen gehört. Hier können die solistischen Fähigkeiten der Künstler in einem ausgewogenen Zusammenspiel besonders gut zur Geltung kommen. An Musikliteratur für kleinere Besetzungen gibt es eine Fülle bedeutender Kompositionen, von denen noch wahre Schätze im Verborgenen schlummern, die die Musiker des Freien Ensembles Dresden gern heben möchten.
Unter diesem Aspekt wurde es im Jahre 2000 von Daniel Thiele, Cellist der Dresdner Philharmonie und Leiter des Ensembles, mit Mitgliedern der Dresdner Philharmonie und der Sächsischen Staatskapelle Dresden sowie weiteren Dresdner Künstlern gegründet, um die „kammermusikalischen Träume“ der Musiker, ihren „Himmel auf Erden“, wie sie bekennen, zu realisieren.
Die 15 Musiker des Ensembles finden sich, entsprechend der aufzuführenden Werke projektweise zusammen. An diesem Abend widmeten sich fünf von ihnen, Eva Dollfuß und Thomas Otto – Violinen, Andreas Kuhlmann – Viola, Daniel Thiele – Violoncello, Martin Knauer – Kontrabass, und der Pianist Andreas Hecker im prunkvollen „Kronensaal“, dem Festsaal des Schlosses, anspruchsvoller Kammermusik des 19. Jhs.
Im 1. Teil des klug zusammengestellten Programmes erklangen zwei Kompositionen von Franz Schubert, dem großen Meister auch der kleineren, intimen Form, die „Mignon-Lieder für Sopran und Streichquartett“ aus Goethes „Wilhelm Meisters Lehrjahren“, transkribiert von Aribert Reimann, und Schuberts einziges Klavierquintett, das „Klavierquintett A‑Dur“ (op. posth. 114 – D667), das berühmte und beliebte „Forellenquintett“).
Mit den ersten Tönen stellte sich sofort eine kongeniale geistige und ausführungstechnische Übereinstimmung zwischen Musikern und Singstimme ein. Valda Wilson hauchte mit ihrer klangvollen, modulationsreichen Stimme, aber auch mit ihrer persönlichen Art und angenehmen optischen Erscheinung den Liedern Leben, Glanz und eine individuelle Ausprägung ein und „bekrönte“ damit die kongeniale Ausführung aller Beteiligten.
Hier wie auch im rein instrumentalen „Forellenquintett“ widmeten sich die Instrumentalisten den beiden Werken mit voller, warmer Tongebung, angenehmer Klangfülle, technischem Können und gestalterischem Feingefühl sowie guter Abstimmung untereinander und mit der Sopranstimme bzw. dem Pianisten. Schuberts heiteres Klavierquintett in seiner jetzt ungewöhnlichen, aber früher durchaus üblichen, Besetzung wurde so klar, transparent und plastisch wiedergegeben, das man quasi „Die Forelle“ als Thema sich immer wieder durch das Werk „schlängeln“ hörte.
Bei den „La Bonne Chanson“ für Sopran, Klavier und Streichquintett von Gabriel Fauré entführten Valda Wilson und die Musiker im 2. Teil mit viel Gespür in die Schönheit des Stückes mit seiner sensiblen Gefühls- und Klangwelt, bei der in besonderer Weise das französische Flair spürbar wurde. Singstimme und Instrumentalisten bildeten eine organische Einheit ganz im Sinne der Komposition. In so gelöster Atmosphäre konnte die Musik „ausschwingen“, entfaltete sich der Klang der Singstimme, das sanfte Wesen der Sängerin und ihre ausdrucksvolle Künstlerpersönlichkeit im Einklang mit den Instrumenten aufs Schönste. Es war feingeistige Kammermusik par excellence, Kammermusik vom Feinsten und Edelsten, die an diesem Abend einmal mehr „eine Lanze“ für dieses Genre „brach“.
Ingrid Gerk