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DRESDEN/ Schloss Albrechtsberg: GALAKONZERT DER FINALISTEN DES „COMPETIZIONE DELL’OPERA“

10.10.2016 | Konzert/Liederabende

Dresden/Schloss Albrechtsberg: GALAKONZERT DER FINALISTEN DES „COMPETIZIONE DELL’OPERA“ – 9.10.2016

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„Der Wettbewerb hat mein Leben komplett verändert“ schrieb einmal ein junger Preisträger des Competizione dell’Opera auf Facebook.

In der Tat bewirkt der internationale Gesangwettbewerb für italienische Oper eine Förderung des Nachwuchses, bei der schon manche Gesangskarriere wie die von Anja Harteros ihren Anfang genommen hat. In diesem Jahr kann Initiator und Leiter des Wettbewerbes, Hans-Joachim Frey, Vorstandsdirektor LIVA Linz und Intendant des Semperopernballes, auf ein 20jähriges Bestehen dieses Wettbewerbes zurückblicken. Da sich in diesem Jahr insgesamt 800 Teilnehmer bewarben, muss einem um den Fortbestand der Oper nicht bange sein.

Von Anfang an, d. h. seit 1996, ist der Wettbewerb mit Dresden verbunden, fand aber auch in Hamburg, im Bolschoi Moskau, im Bolschoi Minsk und im letzten Jahr im Bruckneraus in Linz statt. In der internationalen Jury sind neben Fachexperten auch Vertreter von Agenturen und Opernhäusern aus New York, London, Zürich, Dresden (Semperoper) u. a. vertreten.

Der Abschluss des diesjährigen Gesangswettbewerbes fand als Galakonzert im Festsaal des malerisch, hoch über der Elbe gelegenen, klassizistischen Schlosses Albrechtsberg, das einst für den jüngsten Bruder des deutschen Kaisers erbaut wurde, statt. Sechs Finalisten, darunter die 1. und 2. Preisträgerin, präsentierten ihr Können mit je 2 Arien der italienischen Oper. Sie alle hatten sehr anspruchsvolle und auch bekannte Arien gewählt, was dazu verleitet, sie an den Besten der „Zunft“ zu messen.

Die Namen der jungen Sängerinnen und Sänger werden den Opernfreunden kaum bekannt sein, obwohl sie mitunter schon an renommierten Opernhäuern singen. Die eine oder der andere Sänger oder Sängerin werden aber in Zukunft vielleicht auch an den zentraleuropäischen Opernhäusern von sich reden machen.

Die beiden Georgier Sulkhan Jaiani, Bass und Otar Nakashidse, Bariton, sangen mit Stimmkraft, sehr diszipliniert, auf perfekte Technik bedacht und mit vollem Einsatz, lautstark ganz auf große Opernhäuser und lautstarkes Orchester orientiert, was in der Praxis oft nötig ist.

Das Orchester wurde hier von Hans Sotin, Solorepetitor der Semperoper, zuverlässig und dezent am Klavier ersetzt. Er stellte sich auf die italienische Oper ein, aber ein Flügel kann naturgemäß kein großes Orchester ersetzen, was oft den Gesangspart lautstärker als für diesen Raum nötig gewesen wäre, erscheinen ließ, aber die jungen Künstler waren nun einmal auf große Oper eingestellt. 

Sulkhan Jaiani sang die berühmte Arie „Ella giammai m’amò“ aus G. Verdis „Don Carlo“ mit der kraftvollen Majestät eines Herrschers, weniger als resümierend resignierender Philipp II. von Spanien, konnte aber seine Stimme auch zurücknehmen. Bei seiner 2. Arie „La calunnia e un venticello“ aus „Il barbiere di Seviglia“ (G. Rossini), auch hier wieder sehr kraftvoll wie ein Herrscher und weniger wie ein Ränkeschmiedender gesungen, setzte er dazu viel Mimik ein und hielt als besondere Zutat den letzten Ton extrem lange aus. Bei einer solchen Rolle ist das gestattet.

Bei Otar Nakashidse passte diese kraftvolle Art zu seiner 2. Arie, dem als selbstbewussten, in seiner boshaften Art stolzen Jago interpretierten „Credo in un Dio crudel“ aus „Otello“ (G. Verdi). Bei der Arie „Nemico della patria“ aus „Andrea Chénier“ (U. Giordano) wäre dann allerdings etwas weniger an Vehemenz mehr an Ausdruck gewesen. Es ist verständlich, dass junge Sänger erst einmal auf die Entwicklung der Stimme und makellose Technik orientieren. Die Gestaltung kann später noch kommen, auch durch entsprechende Bühnenerfahrung.

Einen Sonderpreis (Nachwuchspreis) erhielt der jüngste Teilnehmer, der erst 22jährige russische Bass Gleb Peryazev, der mit der fließend und auch mit entsprechender Mimik interpretierten Arie „Se vuol ballare (W. A. Mozart, „Le nozze di Figro“) sowie der mit Leidenschaft gesungenen Arie „Studia il passo … Come dal ciel precipita (G. Verdi, „Macbeth“) auf sich aufmerksam machte, noch nicht alles ganz ausgeglichen – Mozart ist schwerer, als oft angenommen, da wäre eine gute Beratung angeraten – aber ein vielversprechendes, entwicklungsfähiges Talent mit viel jugendlichem Temperament.

Aufgemischt wurden die ernsthaft und kraftvoll gesungenen Arien der Herren durch die sanfte Arie der Mimi („Si, mi chiamano Mimi“ (G. Puccini, „La bohème“), gesungen von der charmanten Sopranistin Anne-Fleur Werner. Sie hat am Mozarteum Salzburg studiert und kennt die europäische Interpretationsart. Mit technisch sicher geführter, glasklarer Stimme legte sie Leidenschaft und Emotion in die Arie und konnte damit auch berühren, wie man es von einer Opernarie vergangener Jahrhunderte erwartet, damit der berühmte „Funke überspringt“. Ohne, dass ihre Stimme an Leuchtkraft verlor, ging sie die Arie der Fiodiligi „Come scoglio“ aus „Cosi fan tutte“ (W. A. Mozart) entsprechend energisch an, befindet sich doch die Bühnengestalt mit aufgewühlten Gefühlen in größter Empörung.

Die 2. Preisträgerin, die Sopranistin Daria Terekhova, die gegenwärtig an der Stanislavsky Opera Moskau singt, kennt sich mit feinsinnigen Koloraturen aus, hatte aber auch kraftvolle Töne, vor allem bei den sauber gesungenen Höhen. Sie „durchlebte“ die Wahnsinnsarie Arie der Lucia di Lammermoor „Regnava nel silenzio“ (G. Donizetti) und nahm die Zuhörenden mit in ihre emotionale Welt. Ganz anders, dramatischer, gestaltete sie dann die Arie „Ah! Non credea mirati (V. Bellini, „La Sonnambula“).

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Elena Bezgodkova

Die 1. Preisträgerin Elena Bezgodkova, ebenfalls Sopran, hat Stil, in Gesang und Erscheinung – eine perfekte Persönlichkeit. Sie versteht und gestaltet entsprechend ihre Rollen und überzeugte mit „Suicido! … in questi fieri momenti“ (A. Ponchielli, „La Gioconda“) nicht nur die Jury im Moskauer Bolschoi, sondern auch die fasziniert Zuhörenden im Festsaal des Schlosses Albrechtsberg.

Echter Belcanto ist äußerst schwierig, eine Kunst, die vom Aussterben bedroht ist. Bei ihr waren erfreuliche Anklänge an diese große alte Kunst zu vernehmen. Sie beherrscht aber auch die kraftvollen Töne in entsprechender Lautstärke und setzte sie in der Arie der Tosca „Vissi d’arte (G. Puccini) sinnvoll und entsprechend der Rolle ein. Sie hat das „Gewisse Etwas“, auch in ihrem natürlich grazilen Auftreten, vor allem aber in einer niveauvollen Gestaltung der unterschiedlichen Rollen, und bot eine perfekte bühnenwirksame Leistung. Bei ihr hat alles Stil und Niveau.

Ingrid Gerk

 

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