Dresden/Lukaskirche: FESTKONZERT – 100 JAHRE SINFONIECHOR DRESDEN – 25.10.2015
Der Sinfoniechor Dresden – Extrachor der Semperoper Dresden – feierte sein 100jähriges Bestehen mit der „Sinfonie Nr. 2 B‑Dur“, dem „Lobgesang“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy in der Dresdener Lukaskirche. Das äußere Erscheinungsbild dieser Kirche ist geprägt durch den historistischen Stil der Neorenaissance und dem, seit dem Luftangriff auf Dresden 1945, fehlenden Turm. Der Innenraum ist eine „Mischung“ aus noch erhaltenem Jugendstil und Tonstudio für CD-Aufnahmen, die national und international große Beachtung fanden, u. a. waren hier Herbert von Karajan und Karl Böhm, Theo Adam und Peter Schreier an Aufnahmen beteiligt.
Seit seiner Gründung im Jahr 1915 durch den gebürtigen Innsbrucker Karl Maria Pembaur, einem der bewährtesten Mitarbeiter des Dirigenten Ernst von Schuch, unterstützt der Sinfoniechor den, 1817 von Carl Maria von Weber gegründeten, Sächsischen Staatsopernchor Dresden bei Konzert- und Opernaufführungen, u. a. „Tannhäuser“, „Der fliegende Holländer“, „Elektra“), „Fidelo“, „Cavalleria rusticana“/“Pagliacci“ oder Schostakowitschs Operette „Moskau –Tscherjomuschki“ bis hin zur Avantgarde des 20. Jh. und der „Neunten“ von L. v. Beethoven. Wie der amtierende Intendant der Semperoper Wolfgang Rothe, in seiner Ansprache anmerkte, wären viele Projekte der Semperoper ohne diesen Chor nicht denkbar.
Darüber hinaus pflegt der Chor in eigenen Konzerten sein Opernrepertoire und führt geistliche und weltliche Chormusik auf. Seit Februar 2015 leitet Jörn Hinnerk Andresen, der Chordirektor des Sächsischen Staatsopernchores Dresden, auch den Sinfoniechor. In dieser Doppelfunktion wurde der Sinfoniechor von so renommierten Chordirigenten wie Hans-Dieter Pflüger mehr 40 Jahre und Matthias Brauer (seit 2006 Musikdirektor des Chœur de Radio France) mehr als 10 Jahre geleitet, die es sich nicht nehmen ließen, an dem festlichen Ereignis als Ehrengäste teilzunehmen.
Bei seinem Festkonzert trat der Sinfoniechor in großer Besetzung auf, unterstützt von Mitgliedern des Staatsopernchores Dresden. Die Sängerinnen und Sänger verfügen über gute Stimmen. Sie sangen sehr engagiert und „professionell“ (Choreinstudierung: Christiane Büttig), nur für die Kirche mittlerer Größe im Forte vielleicht eine Idee zu laut. Sie waren offenbar auf die größere Semperoper eingestellt, warteten aber auch mit feinerem, gut klingendem Piano und guten, sauberen Einsätzen auf und standen als „Laienchor“ einem professionellen Chor nicht nach. Insgesamt hinterließ der Chor einen guten Gesamteindruck.
Als Solistenterzett wirkten Solisten der Semperoper mit: Jennifer Riedel und Barbara Senator, Sopran und Steve Davislim, Tenor.
Jennifer Riedel war sehr kurzfristig für die erkrankte Ute Selbig, die der Aufführung viel Glanz verliehen hätte, eingesprungen und erfüllte die Sopranpartie mit junger, frischer Stimme (wenn auch mit hörbarem Vibrato) und viel Engagement, mit sauberer Intonation, guter Textgestaltung und guter Textverständlichkeit. Die Worte: „Die Nacht ist vergangen!“ verkündete sie lieblich von der Empore wie von einem Turm – eine nette Idee, die die Aufführung zusätzlich auflockerte. Ihre Stimme harmonierte sehr gut mit dem Chor und im Duett mit der Stimme von Barbara Senator. Beide Sängerinnen sangen mit fast gleicher Diktion und stimmten sich sehr gut ab.
Makellos und mit guter Stimme sang Steve Davislim die Tenor-Partie. Besondere Übereinstimmung erreichten Sopran und Tenor im Duett und im Gleichklang mit dem Chor, der im gewaltigen Schlusschor noch einmal seine Leistungsstärke bewies.
Die Staatskapelle Halle musizierte mit viel Temperament, arbeitete aber auch sehr schöne Details heraus. An der Orgel spielte Jobst Schneiderrat, Solorepetitor der Semperoper, mit sehr viel Einfühlungsvermögen.
Das Hauptverdienst kam bei dieser gelungenen Aufführung Jörn Hinnerk Andresen zu. Er leitete die Aufführung mit sparsamen, aber gezielten Gesten und großer Umsicht und vor allem mit dem richtigen Gespür für das Werk. Ihm gelang es, alle Ausführenden bei dieser großen Aufgabe zu inspirieren und eine gelungene, in sich geschlossene, Aufführung zu gstalten, die nicht nur allen Ausführenden, sondern auch den Zuhörenden viel Freude bereitete.
Ingrid Gerk