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DRESDEN/ Kulturpalast: SONDERKONZERT AM VORABEND DER 15. INTERNATIONALEN SCHOSTAKOWITSCH TAGE GOHRISCH

27.06.2024 | Konzert/Liederabende
Dresden/Kulturpalast: SONDERKONZERT AM VORABEND DER 15. INTERNATIONALEN SCHOSTAKOWITSCH TAGE GOHRISCH – 26.6.2024

Dmitri Schostakowitsch weilte zweimal (1960 und 1972) in dem ca. 40 km südöstlich von Dresden gelegenen Kurort Gohrisch, einer idyllischen Landschaft, der Sächsischen Schweiz, mit ihren bizarren Sandsteinformationen, wo er beim ersten Aufenthalt sein 8. Streichquartett schrieb. Aus diesem Anlass finden seit 2009 jährlich die Internationalen Schostakowitsch-Tage mit Werken von und um Schostakowitsch statt, in diesem Jahr vom 27.-30.6.

Traditionsgemäß veranstaltet die Sächsische Staatskapelle, die maßgeblich an der Gründung dieses Festivals beteiligt war, am Vorabend ein Sonderkonzert. In diesem Jahr stand die „Symphonie Nr. 7“, die „Leningrader“ auf dem Programm, die mit ihrer Symbolkraft bis heute nichts an Aktualität verloren hat.

Wegen Erkrankung von Tugan Sokhiev stand der junge, belarussische Dirigent Vitali Alekseenok am Pult der Staatskapelle, der mit der neuen Spielzeit Chefdirigent der Deutschen Oper am Rhein wird. Er hatte das Werk mit der Staatskapelle intensiv erarbeitet und akribisch ausgefeilt und leitete das Orchester in großver Besetzung – wie sie eventuell bei der Uraufführung in Kuibyschew mit dem evakuierten Orchester des Bolschoi-Theaters, aber nicht bei der Erstaufführung in Leningrad während der Blockade mit den wenigen noch lebenden Musikern des Rundfunkorchesters und einigen anderen möglich war – von Beginn an bis zum Schluss mit Übersicht und außerordentlicher Konzentration. In einer intensiv durchdachten Konzeption baute er das Werk logisch und systematisch auf. Durch höchstmögliche Transparenz erschloss sich die Symphonie in all ihren Facetten, hatte jedes Detail seine Bedeutung, ging keine noch so feine Nuance verloren.

Die Musiker des Orchesters nahmen seine Intentionen auf und setzten sie mit ihrem besonderen Können und musikalischem Gespür bestmöglich um, angefangen von der Harmonie innerhalb der Instrumentengruppen und der perfekten Abstimmung zwischen diesen, bis zu den bedeutungsvollen, den Gesamteindruck maßgeblich mitbestimmenden Soli, insbesondere der Flöte, aber auch der Piccoloflöte sowie von Fagott und allen Holz- und Blechbläsern, die der Aufführung Glanz und Bedeutung verliehen. Eindrucksvoll hoben sich das Cellosolo und die gezupften Kontrabässe, scheinbare Fröhlichkeit vermittelnd, sowie Posaunen und Tuba hervor, lediglich die ersten Violinen blieben zurückhaltend.

In außergewöhnlicher Transparenz, war zu hören, wie sich in die Melodien und Harmonien für das friedliche Leben vor dem Krieg allmählich unterschwellig dunklere Töne wie von marschierenden Truppen einmischten, zunächst leise, dann immer stärker werdend, in militanten Rhythmus übergehend. In differenzierter Abstufung waren die einzelnen Stimmen, melodischen Linien und instrumentalen Soli in sich überlagernden Schichten und Ebenen herausgearbeitet, deutlich wahrzunehmen.

Die Ausdrucksformen variierten zwischen feinstem Pianissimo und kammermusikalischen Feinheiten für den Lebenswillen der Menschen und die Sehnsucht nach Frieden und immer wieder militanten Geräuschen und Marschrhythmen, die sich in das feinsinnige Zusammenwirken der Instrumente mischten, Harmonien und Disharmonien im Mit- und  Gegeneinander bis zum harten Fortissimo, kraftvollem Einsatz der Instrumente in großer Lautstärke und in einer grandiosen Steigerung bis zum triumphalen Schluss, bei dem die Blechbläser (nach amerikanischem Vorbild) stehend musizierend den Sieg feierten und harte, kraftvolle Paukenschläge, Becken und Schlagzeug ihn bekräftigten – eine grandiose Aufführung, die die Großartigkeit der Symphonie unterstrich.

 

Ingrid Gerk

 

 

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