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Dresden/Kulturpalast: „SCHWANENSEE“ TRADITIONELL, PUBLIKUMSWIRKSAM UND MIT ANSPRECHENDEN TÄNZERISCHEN LEISTUNGEN – 4.12.2023
„Schwanensee“, das weltberühmte, im Jahr 1877 am Bolschoi-Theater Moskau uraufgeführte Ballett zur Musik von Pjotr Iljitsch Tschaikowski, das zu den bekanntesten Werken der internationalen Theater- und Musikkultur und seit der Aufführung 1895 am Sankt Petersburger Mariinski-Theater in der bis heute maßgeblichen Inszenierung von Lew Iwanow und Marius Petipa zum Standardrepertoire klassischer Ballettkompanien gehört, erfreut sich nach wie vor höchster Gunst beim Publikum und wird (sehr) oft aufgeführt – inzwischen auch in alternativen Interpretationen.
Die Veranstaltungsagentur „Klassik Konzert GmbH & Co“, die in Deutschland und Großbritannien publikumswirksame Ballett- und Opern-Tourneen mit professionellen Ensembles organisiert, präsentierte unter anderem auch in Dresden eine beachtliche, dem Publikum sehr entgegenkommende „Schwanensee“-Aufführung mit traditionellen Elementen in Anlehnung an die historische Inszenierung.
Zwei in herkömmlicher Manier gemalte, einen blauen Vorhang umrahmende „realistische“ „Theater“-Bäume stimmen bereits den Besucher auf eine phantasievolle, romantisch-„realistische“ Bühnengestaltung ein. Farbenfreudige, an historischen Vorbildern orientierte Kostüme und eine oft wechselnde, sehr farbenfrohe Beleuchtung, z. B. intensives Rot für Zauberer Rotbart, unterstreichen das märchen- und zauberhafte Flair.
Die Handlung wurde weitgehend beibehalten, aber auf zwei Stunden gekürzt, insbesondere bei den Feierlichkeiten am Hof zu Prinz Siegfrieds 21. Geburtstag, der sich für eine der sich präsentierenden Bräute entscheiden soll, aber gelangweilt lieber mit seinem Freund auf die Jagd zum Schwanensee geht, wo er auf die als Schwanenkönigin verzauberte Odette inmitten ihrer Schwanenmädchen trifft und sich die weißen Bilder entwickeln, die dem Corps de Ballet in Anlehnung an die Choreografie Petipas Gelegenheit geben, in Formationen und Gruppentänzen ihr Können – viel auf Spitze – zu zeigen. Die Kleinen Schwäne tanzten so auffaltend synchron und haargenau im Takt, dass ihr Rhythmus „ins Blut“ ging.
Für die Solisten, die in nationalen und internationalen Wettbewerben bereits erste Plätze erringen konnten, wurde die Choreografie entsprechend ihren individuellen Fähigkeiten abgewandelt. Die Solotänzer – Prinz Siegfried, sein Freund, Rotbart und vor allem auch der Narr, der in geschickter Regie und Deutung das Fest am Hof dominiert – zeigten hohe weite Sprünge und (sehr) lange Sprungserien, perfekt und dynamisch, und Drehungen mit guter Körperhaltung.
Die Darstellerinnen des Schwarzen und des Weißen Schwanes, Odette und Odile zeigten Anmut und Grazie bei ihren anspruchs- und ausdrucksvollen Tanzdarbietungen, gepaart mit Perfektion und individueller Charakterisierung ihrer Rolle. (Namen waren leider nicht zu erfahren, es gab kein Programm und auch sonst keine Information, obwohl sie es verdient hätten, genannt zu werden).
Im Verlauf der Vorstellung entwickelten sich Schwierigkeitsgrad und Tanzleistungen in stetiger Steigerung. Bei den Pas de deux gab es ausdrucksstarke Hebefiguren, insbesondere bei Siegfried und Odette sowie Rotbart und Odile, die viel Dramatik entwickelten und einen sehr eindrucksvollen Pas de deux mit ganzem Einsatz zeigten.
Dirigent und Live-Orchester wurden ihren Aufgaben gut gerecht, obwohl bei der besonderen Akustik des Konzertsaales im Kulturpalast weniger an Lautstärke mehr an Ausdrucksmöglichkeiten bedeutet hätte und mancher Ton ziemlich hart erschien. Die Solovioline begleitete jedoch die sensiblen Szenen am See mit Gefühl. Die Harfe wurde unkonventionell am Keyboard ersetzt. Es war aber eine Vorstellung, bei der das Publikum am Ende glücklich nach Hause ging.
Ingrid Gerk