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DRESDEN/ Kulturpalast: MOZART STATT MODERNE IM SINFONIEKONZERT DER DRESDNER PHILHARMONIE UNTER JONATHAN NOTT

27.03.2022 | Konzert/Liederabende

Dresden / Kulturpalast: MOZART STATT MODERNE IM SINFONIEKONZERT DER DRESDNER PHILHARMONIE UNTER JONATHAN NOTT – 26.3.2022

Ganz gleich, ob nun der Festsaal im Kulturpalast halb leer oder halb voll war, es war ein interessantes Sinfoniekonzert, bei dem die Dresdner Philharmonie aus der Not eine Tugend machte und das  Programm wegen Erkrankung zahlreicher Orchestermusiker von der Moderne auf W. A. Mozart änderte.

Wer das ursprünglich unter dem Titel „SACRE“ angekündigte Programm mit Werken von Nicolas Gombert, Rebecca Saunders (Composer in residence), György Ligeti und Igor Strawinsky („Le sacre du Printemps“) hören wollte, blieb vermutlich wegen der Programmänderung fern, die vielen Dresdner Mozartfreunde wären aber wahrscheinlich zahlreich erschienen, wenn sie gewusst hätten, dass neben den „Danses concertantes“ von Igor Strawinsky Mozarts erstes, für ein Blasinstrument komponiertes Solokonzert, das „Konzert für Fagott und Orchester B‑Dur (KV 191) und seine nicht nur bedeutendste, sondern auch beliebteste „Sinfonie Nr. 41 C‑Dur“, die “Jupitersinfonie“, auf dem Programm standen.

Ungeachtet dessen, waren die anwesenden Musikfreunde angetan von dem Konzert unter der Leitung von Jonathan Nott, der für seine Mahler-Interpretationen und neben seiner Tätigkeit als Leiter bekannter Orchester für seine Arbeit mit jungen Musikern bei der Jungen Deutschen Philharmonie und dem Gustav Mahler Jugendorchester bekannt ist, und applaudierten herzlich.

Für alle Besucher dürfte das selten zu hörende Fagott-Konzert des 18jährigen Mozart, das als eins der schönsten für dieses Instrument gilt, interessant gewesen sein, nicht nur, weil es heutzutage auf dem Konzertpodium eher eine Rarität ist – in Paris und London war es lange Zeit en vogue -, sondern auch, weil sich damit der neue Solo-Fagottist der Dresdner Philharmonie, Felix Amrhein, vorstellte. Das Konzert ist dem Fagott auf den Leib geschrieben, schöpft alle Möglichkeiten des damaligen Instrumentes aus und bringt sie bestens zur Geltung.

Amrhein beeindruckte mit seinem warmen, vollen Ton und hoher Virtuosität, mit denen er den spezifischen Klang und die technischen Möglichkeiten mit allen spieltechnischen Raffinessen auslotete. Mit sehr klarem, tonreinem Spiel in allen Lagen, schnellen Läufen in den Ecksätzen („Allegro“ und „Rondo. Tempo di Menuetto“) im gesamten Tonumfang von drei Oktaven, Trillerketten und plötzlichem Registerwechsel zwischen hellen und sonoren tiefen Tönen stellte er sein Können unter Beweis und bewältigte auch den lyrischen Mittelsatz mit Bravour. Der Solist und seine neuen Orchesterkollegen musizierten auf gleicher Wellenlänge und mit gleichem Sinn für Mozarts auf sehr hohem Niveau unterhaltsames Solokonzert.

Unterhaltsam auf ganz andere Art sind die, von Strawinsky 1941/42 komponierten „Danses concertantes“, die er nicht ausdrücklich als Ballettmusik, sondern für ein kalifornisches Unterhaltungsorchester schrieb. George Balanchine schuf zwar schon zwei Jahre später die erste, berühmt gewordene Tanzchoreografie, der zahlreiche weitere folgten, aber die Stücke sind bis heute auch beim Konzertpublikum beliebt.

Die vier, eher nüchternen, herben, unromantischen  „Danses“ von etwa 20minütiger Aufführungsdauer mit ihren „variierten und kombinierten, gespiegelten, gedrehten und gewendeten“ Motiven, die Strawinsky selbst als „trocken, klar und feurig wie ein Champagner extra dry“ bezeichnete, eröffneten temperamentvoll und kontrastreich das Programm, mit sehr guten Bläsern und zuverlässigen Streichern (die immer als selbstverständlich angesehen werden) bis zum triumphierenden Schluss.

Frisch und mit viel Temperament, „schnittig“, dann aber auch wieder sanft und mit sehr schönem Klang und immer mit vollem Engagement widmeten sich Nott und die Philharmoniker Mozarts „Jupiter-Sinfonie“, oft gespielt und doch immer wieder gern gehört, denn sie gehört zum Schönsten und kompositorisch Vollendetsten, was Mozart geschaffen hat, „ein Meisterwerk, das aus allem die Quintessenz bildet, was zu Mozarts Lebzeiten in der Instrumentalmusik vorstellbar war“ (Alfred Einstein). Für den Verleger Solomon und Mozarts Sohn war das Finale „der höchste Triumph der Instrumentalkomposition“.

Die Sinfonie ist so vielgestaltig und doch in sich ein geschlossenes Ganzes, dass sie viele unterschiedliche Interpretationen verträgt. Nott bevorzugte einen Wechsel von Rasanz und lyrischer Sanftheit, zuweilen mit Vehemenz. Zwischen „Aufbrausen“ und ruhigeren, lyrischen Passagen spannte er große musikalische Bögen, nicht unbedingt in gewohnter Weise, sondern  – wie jetzt üblich – in stärkeren Kontrasten und individueller Auffassung.

Ingrid Gerk

 

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