Dresden / Kulturpalast: DRESDNER PHILHARMONIE MIT MARTIMU, DVORAK UND BEETHOVEN – 21.6.2025
Das Programm verriet zunächst nichts Ungewöhnliches, aber wie es interpretiert wurde, war ein Ereignis. Es begann mit einer Ouvertüre von Bohuslav Martinů. Eigentlich nichts Besonderes, eine kurze Ouvertüre als Einleitung eines Konzertes, aber wie sie unter der Leitung von Maxim Emelyanychev mit der sehr sauber und mit viel Engagement spielenden Dresdner Philharmonie erklang, war bewundernswert. Mit so viel Verständnis und wunderbarer Transparenz hört man Martinů äußerst selten, so dass sich gleich das erste Stück zu einem Höhepunkt des ungewöhnlichen Konzertes entfaltete und den Komponisten den Zuhörern sehr nahebrachte und verständlich werden ließ.
Es folgte das wenig im Konzertsaal gespielte 35minütige „Klavierkonzert g-Moll“ (op. 33) von Antonín Dvorák, das bei dem tschechischen Pianisten Lukáš Vondrácek in den allerbesten Händen lag. Er verstand die Musik seines Landsmannes schon allein durch seine ebenfalls böhmische Mentalität von Natur aus, widmete sich mit viel Einfühlungsvermögen, weichem, passendem Anschlag und großem Überblick dem für seine Entstehungszeit (1876) ungewöhnlichen Solokonzert, dem ersten der drei Solokonzerte Dvoráks, bei dem weniger die Virtuosität des Solisten, als vielmehr eine Gleichberechtigung von Solostimme und Orchester im Vordergrund steht, weshalb es viel – meist auf Wunsch der Solisten – bearbeitet wurde, mit entsprechendem Verständnis. Vondrácek widmete sich dem 1. Satz voller einfallsreicher Ideen mit entsprechender Transparenz, dem Charakter des mehr lyrischen 2. Satzes mit Verve und dem temperamentvollen 3. Satz mit „Feuer“.
Die 1760 Konzertbesucher im ausverkauften Konzertsaal des Kulturpalastes, von denen die meisten wahrscheinlich das Konzert zum ersten Mal hörten und gekommen waren, es kennenzulernen, hatten Dvorák und seinen verständnisvollen Interpreten verstanden. Für ihren begeisterten Applaus bedankte sich Vondrácek mit Dvoraks „Humoreske“, die einst zum volkstümlichen Schlager und sogar auf Jahrmärkten gespielt wurde. Unter Vondráceks Händen erstand sie wieder als kleines, aber sehr feines Kunstwerk, so facettenreich und detailliert, mit wunderbar klangschönem Anschlag, ausgelotet bis in jedes klanglich schöne Detail, übertraf es sogar den Eindruck des Klavierkonzertes.
Über Ludwig van Beethovens „Sinfonie Nr. 7 A-Dur“, die zweite, die sich nach der „Eroica“ in einer musikalischen Auseinandersetzung mit Napoleon beschäftigt und zu einer Zeit entstand, als Napoleon gerade in der Völkerschlacht zu Leipzig geschlagen worden war, gibt es sehr unterschiedliche Meinungen und Ansichten. Für die einen ist sie Beethovens heiterste und unbeschwerte Sinfonie, deren Heiterkeit aus dem wie bei der Uraufführung 1813 begeisterten „Freudentaumel“ einer befreiten Nation resultiert. Für Richard Wagner war sie eine „Apothrose des Tanzes“, was nicht so leicht nachzuvollziehen ist. Aber es gibt auch traurige und schmerzliche Töne. Man denke nur an den Schrecken erregenden letzten Akkord am Ende des Freudentaumels, der wie ein schmerzhafter Aufschrei an die Toten und Verletzten erinnern mag, die zu dem Sieg beigetragen haben.
Unter Emelyanychevs umsichtiger Leitung wurde die Sinfonie zu dem, was man erwartet, eine Sinfonie, bei der man bei aller Berücksichtigung wichtiger Details und Passagen, vor allem den Kern und das Anliegen Beethovens bei einer großangelegten Gesamtstruktur verstand.
Es war ein Konzert bekannter Werke bekannter Komponisten, die an diesem Abend neu erschlossen wurden.
Ingrid Gerk