Dresden / Kulturpalast: BRUCKNERS „ROMANTISCHE“ UND MENDELSSOHNS „KONZERT FÜR ZWEI KLAVIERE“ IM KONZERT DER DRESDNER PHILHARMONIE – 8.2.2025
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Die Dresdner Philharmonie widmet in jeder Saison einem bestimmten Komponisten eine ganze Konzertreihe, in dieser Saison Anton Bruckner. Im vierten Konzert „Bruckner 4“ standen seine „Sinfonie Nr. 4 Es-Dur“, die „Romantische“ und davor das „Konzert für zwei Klaviere und Orchester E-Dur“ von Felix Mendelssohn Bartholdy auf dem Programm.
Mendelssohn komponierte sein erstes Klavierkonzert, das dreisätzige E-Dur-Konzert für zwei Klaviere, 1823 zum Geburtstag seiner vier Jahre älteren Schwester Fanny, mit der er sich besonders gut verstand, und hob es auch mit ihr aus der Taufe, eine Uraufführung im häuslichen Kreis. Jetzt saßen wieder zwei Geschwister an zwei Flügeln, die beiden, im holländischen Hilversum geborenen, Brüder Lucas (*1993) und Arthur (*1996) Jussen. Während bei der häuslichen „Uraufführung“ im Hause Mendelssohn kein Orchester zur Verfügung stand und die Mendelssohn-Geschwister den Orchesterpart gleich mitspielten, konnten die Jussen-Brüder mit großem Orchester, der Dresdner Philharmonie, musizieren, die dieses Konzert bisher nur einmal (2002) an gleicher Stelle aufgeführt hat.
Völlig konform mit dem Orchester bewiesen sie ihr spieltechnisches Können. Dass sie schon seit Kindertagen zusammenspielen, war auch daran zu erkennen, dass Note für Note, Rhythmus, Klangideal und Interpretation genau übereinstimmten. Sie gestalteten den eng mit dem Orchester verzahnten Solopart virtuos, ließen aber auch, vor allem im lyrischen Mittelsatz „Adagio non troppo“ eine Empfindsamkeit im Geist Mozarts erkennen, dessen Vorbild im Konzert unverkennbar ist, und zugleich einen leichten Belcanto-Ton italienischer Provenience, während in den Ecksätzen Carl Maria von Weber hervorlugt. Sie spürten der Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Leichtigkeit nach, die dieses Jugend-, aber bereits reife Meisterwerk eines Vierzehnjährigen erkennen lässt und auch jetzt im großen Konzertsaal begeistern kann.
Trotz genialer Einfälle in Melodik und Harmonie ließ Mendelssohn das Kopnzert, nachdem er es noch einmal mit dem ihm befreundeten Pianisten Ignaz Moscheles bei seiner Englandreise 1829 gespielt hatte, unbeachtet, so dass es nach seinem Tod als handschriftliches Notenmaterial im Berliner Archiv verschwand, wo es erst 1960 wiederentdeckt wurde.
Für den begeisterten Applaus bedankten sich die beiden Jussen-Brüder mit einer Kostprobe aus ihrem reichen Repertoire mit Werken von Johann Sebastian Bach, einem zweistimmigen Satz aus der „Kunst der Fuge“, a capella auf den beiden Flügeln gespielt.
Unter der inspirierenden Leitung des britischen Dirigenten Nicholas Collon, seit 2021 Chefdirigent des Finnish Radio Symphony Orchestra (der erste nicht finnische), der schon bei Mendelssohns Klavierkonzert Solisten und Orchester zu kongenialer Einheit verschmelzen ließ, führte die Dresdner Philharmonie zu einer euphorischen Widergabe von Bruckners „Vierter“.
Sein eleganter, nicht veräußerlichter Dirigierstil, sein forschender musikalischen Intellekt, die intensive Durchleuchtung des Werkes, das er gerade leitet und seine inspirierende Art ließen Bruckners Sinfonie sehr lebendig erscheinen. Im häufigen Wechsel zwischen Licht und Schatten vom feinsten leisen Horn-Ruf bis zu dämonischen Klängen im düsteren Finale, wobei die romantische Seite mit ihren Vogel- und Jagdrufen und Naturstimmung auch zu ihrem Recht kam, orientierte Collon vorrangig auf Bruckners euphorischen Duktus. Mit jugendlicher Frische, Exaktheit und Energie ließ er hier den Wagnerianer Bruckner dominieren. Man konnte fast meinen, „Loge“ durch den vierten Satz flackern zu hören, obwohl Bruckner doch eher der „Lohengrin“ als „Inbegriff der Romantik“ vorschwebte.
Die Musiker folgten sehr gewissenhaft dem sehr engagierten Dirigenten. Gute Bläser mit Hörnern und Flöte(n) sorgten für klangvolle (Solo-)Einsätze. Es war eine sehr exakte, transparente, klangintensive Aufführung, die in ihrer euphorischen und doch ausbalancierten Gestaltung das begeisterte Publikum zu Beifallsstürmen hinriss.
Ingrid Gerk