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DRESDEN/ Kreuzkirche: GEDENKKONZERT DES DRESDNER KREUZCHORES MIT DEM REQUIEM VON W.A.MOZART

12.02.2023 | Konzert/Liederabende

Dresden / Kreuzkirche: GEDENKKONZERT DES DRESDNER KREUZCHORES MIT DEM „REQUIEM“ VON W. A. MOZART – 11.2.2023

Alljährlich gedenken die Dresdner neben anderen Veranstaltungen auch mit Konzerten der Zerstörung ihrer Stadt gegen Ende des II. Weltkrieges, bei der in zwei Flächenbombardements die gesamte historische Innenstadt zerstört wurde, mehr als 25000 Menschen, Einwohner und Flüchtlinge, grausam ums Leben kamen und zahllose Weltkulturschätze unwiederbringlich verlorengingen.

Den Anfang dieser Gedenkkonzerte machte 1951 die Sächsische Staatskapelle, Dresdner Kreuzchor und Dresdner Philharmonie folgten, einmal auch die Staatsoperette und nach ihrer Wiedereinweihung alljährlich die Frauenkirche.

Am Beginn der Gedenkkonzerte des Kreuzchores steht in der Tradition alljährlich die mehrstimmige Trauermotette „Wie liegt die Stadt so wüst“ nach den biblischen „Klageliedern Jeremiae“, die der damalige Kreuzkantor Rudolf Mauersberger, der die Geschicke des Chores über 40 Jahre leitete und den Chor zu Weltgeltung führte, unter dem Eindruck des persönlichen Miterlebens zwei Monate später komponierte und wenige Monate danach in der ausgebrannten Kreuzkirche mit dem Kreuzchor aufführte.

Unter den Händen des jetzigen Kreuzkantors Martin Lehmann gelang diese Motte wunderbar transparent, einfühlsam und ergreifend in ihrer ernsten, traurigen Aussage. Lehmann erreicht die jugendlichen Sänger auf seine Art. Sein Dirigat gleicht einer musikalischen „Gebärdensprache“, mit der er den Chor inspiriert, nicht nur die Einsätze, leitet, sondern auch ausführungstechnisch bis zur Phrasierung Einfluss nimmt und seine Interpretationsvorstellungen durchsetzt. Er formt die Musik mit den Händen, er lebt in dem Werk, das er gerade zum Klingen bringt. Leider gingen die letzten zart verklingenden Töne im feinsten Pianissimo in dem zu früh einsetzenden, traditionellen Glockengeläut unter.

Danach erklangen – nur von den jungen Männerstimmen – zwei eindrucksvoll gesungene, Gregorianische Choräle: „Lux aeterna“ eines Anonymus und „Requiem aeternam“ eines Anonymus.

Das Hauptwerk dieses Gedenkkonzertes, das „Requiem d-Moll“ (KV 626) von Wolfgang Amadeus Mozart, das bei Trauerfeiern für berühmte Musiker und andere Persönlichkeiten am häufigsten aufgeführte Werk, berührt immer wieder, sobald man es hört. Dass es wegen Mozarts schwerer Krankheit und Tod unvollendet blieb und nur auf Bitten seiner Frau anhand seiner Skizzen und Notizen von seinen Schülern vervollständigt wurde, sowie der mysteriös erscheinender Auftrag, der jedoch einen ganz realen Hintergrund hatte, begünstigten die Mythenbildung, die bis heute für eine große Popularität dieses außergewöhnlichen Werkes sorgt.

Anders als bei Bachs Oratorien hat hier der Chor die Hauptlast zu tragen und ist immer präsent. Mit seiner suggestiven Leitung erreichte Lehmann eine sehr klare, bewegende und stark beeindruckende Wiedergabe bis ins Detail, bei der die Anwesenden auf jede Passage, jeden Takt, jeden Ton lauschten.

Da die Dresdner Philharmonie, die fast alle Konzertaufführung des Kreuzchores begleitet, ein eigenes Gedenkkonzert mit der „Sinfonia N. 9“ für gemischten Chor und Orchester von Hans Werner Henze nach dem Roman „Das siebte Kreuz“ von Anna Seghers unter Marek Janowski zur Aufführung bringt, bildeten Mitglieder der Sächsischen Staatskapelle Dresden das Orchester, das sich im Laufe der Aufführung immer mehr steigerte.

Die Solisten kamen zu ihren Auftritten von den Seiten und sangen zwischen Chor und Orchester, was für die interne Abstimmung sehr günstig war, für die Zuhörer jedoch in der großen Kirche den Stimmen rein akustisch etwas von ihrer Strahlkraft nahm. Das betraf vor allem die koreanische Sopranistin Yeree Suh, deren heller, schlanker,  fein-nuancierter Sopran sich nur teilweise als führende Stimme durchsetzen und Strahlkraft entwickeln konnte, während Annekathrin Laabs mit ihrer warmen, für die besondere Akustik der Kreuzkirche geradezu prädestinierten Stimme und perfekten Technik, die ihr eine großartige Gestaltung ermöglicht, souverän die Altpartie sang und keine Wünsche offen ließ. Sie dominierte im genau richtigen Maß. Ihr Alt-Solo „wuchs“ geradezu geschmeidig und folgerichtig aus Chor und Orchester heraus.

Der junge Tenor Magnus Dietrich vom Opernstudio der Staatsoper „Unter den Linden“ Berlin verfügt bereits über erstaunlicher Sicherheit, wirkte aber stilistisch noch etwas unausgeglichen. Die Bass-Partie gestaltete Matthias Winckhler eindrucksvoll und mit wohlklingender Stimme.

Den leise verklingenden, wie ins Jenseits verlaufenden Schluss des Requiems, der auch den Tod Mozarts ins Gedächtnis ruft, ließ Lehmann nicht im Raum stehen, sondern fügte, bezugnehmend auf die gegenwärtige Situation, das wunderbar feinfühlig und eindringlich gesungene „Da pacem Domine“ („Gib Frieden Herr, in unseren Tagen …“) des estnischen Komponisten Arvo Pärt (*1930) an.

 Ingrid Gerk

 

 

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