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DRESDEN/ Kreuzkirche: EIN DEUTSCHES REQUIEM“ VON JOHANNES BRAHMS MIT ZWEI KNABENCHÖREN UNTER KREUZKANTOR MARTIN LEHMANN

21.11.2023 | Konzert/Liederabende

DRESDEN/ Kreuzkirche: EIN DEUTSCHES REQUIEM“ VON JOHANNES BRAHMS MIT ZWEI KNABENCHÖREN UNTER KREUZKANTOR MARTIN LEHMANN – 19.11.2023 

In seiner noch nicht allzu langen Amtszeit als Kreuzkantor (seit 2022/23) leitete Martin Lehmann nun zum zweiten Mal „Ein Deutsches Requiem“ von Johannes Brahms, das seit Jahrzehnten am Ewigkeitssonntag zur Tradition des Dresdner Kreuzchores gehört. Aus organisatorischen Gründen fand es nun jedoch schon zum dritten Mal eine Woche vorher, am Volkstrauertag, statt, da der zurzeit international sehr gefragte Kreuzchor auch seine Gastkonzerte wahrnehmen möchte.

Überraschte Lehmann im vergangenen Jahr nach kurzer Amtszeit mit einer bis ins Detail durchgearbeiteten Aufführung mit bestechender Genauigkeit, Detailtreue und musikalischer Tiefenauslotung, war es dieses Mal außerdem die ungewöhnliche Besetzung mit zwei Knabenchören – ein „Experiment“ (?). Allgemein gilt die Meinung, dass ein gemischter Chor den Anforderungen dieses Werkes und dem romantischen Chorklang am besten entspricht, wer aber diese Aufführung besucht hat, konnte sich vom Gegenteil überzeugen.

Lehmann verstand es, die beiden Chöre, den Dresdner Kreuzchor und die zahlenmäßig sehr starken Cantores Minores, den größten und professionellsten Knabenchor Finnlands mit deutscher Kirchenchortradition nicht nur äußerlich zu einer Einheit zu verbinden, sondern sie vor allem hinsichtlich Agogik, Diktion und Werkverständnis so zu inspirieren, dass eine überraschende Aufführung mit starker Aussagekraft entstand, die nicht nur allen Anforderungen entsprach, sondern darüber hinaus stark beeindruckte. Lehmann schaffte auch mit den jungen Stimmen einen homogenen, ausgewogenen und ausdrucksstarken Chorklang, der das Werk sehr intensiv erleben ließ.

Er hatte immer alles im Blick: Ihm entging kein Detail. Einziger leider notwendiger kleiner „Wermutstropfen“ waren die längeren Pausen zwischen den einzelnen Sätzen, um die Knaben hinsichtlich Disziplin und Konzentration wieder zu sammeln, was bei Erwachsenen kaum erforderlich ist. Bei der starken Ausstrahlung fiel das aber weniger Gewicht.

Hinsichtlich der Solisten gab es in der Vergangenheit bei diesen traditionsreichen Aufführungen schon ideale Interpretationen hinsichtlich Stimme, gesangstechnischer Perfektion und Innigkeit des Ausdrucks. Die beiden Solisten stellten sich den anspruchsvollen Arien mit großem Engagement, Gewissenhaftigkeit und Sinn für das Werk. Die sehr vielseitige Konzert-, Opern- und Liedsängerin Christina Landshammer widmete sich der Solosopranpartie, bei der sich visionär wie aus den Wolken langsam eine Frauenstimme nähert, einige Zeit bei den Menschen verweilt, zu ihnen spricht und langsam und leise wieder ins Jenseits entschwindet, bei der Brahms vermutlich seiner verstorbenen Mutter gedachte (?), mit Sorgfalt und ansprechender Stimme. Die Baritonpartie lag in den Händen von Markus Eiche, der sich neben seinem Opernrepertoire mit zahlreichen Wagner- und Strauss-Rollen auch Konzert und Oratorium widmet und die Partie mühelos  und mit zahlreichen Ausdrucks-Facetten gestaltete.

 

Die Dresdner Philharmonie bildete wie stets mit ihrer warmen Tongebung, ihrem musikalischem Einfühlungsvermögen, sehr guten Bläsern und klangschönen Streichern das äußerst zuverlässige und klangvolle Fundament der Aufführung, die zu einem nachhaltigen Ereignis, wurde, bei dem die Trost und Zuversicht spendende Musik, die von Brahms vor über einhundert Jahren auf von ihm selbst zusammengestellte, sehr ernste Bibeltexte zur Erinnerung an Tod und Vergänglichkeit komponiert wurde, auch jetzt noch stark berührte und auch zahlreiche Jugendliche in ihren Bann zog.

 

Ingrid Gerk

 

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