Dresden/Kreuzkirche: DAS ORATORIUM „SAUL“ VON G. F. HÄNDEL – 27.01.2019
„Händel ist der größte Komponist, der je gelebt hat. Ich würde mein Haupt entblößen und an seinem Grabe niederknien“. Das sagte einer über Georg Friedrich Händel, der es wissen musste: Ludwig van Beethoven. Er war fasziniert von dessen Musik, mit der ohne große Schwierigkeiten mit wenigen musikalischen Mitteln eine so große Wirkung und ändels. In der Tat sind schon allein durch die, Händels Musik eigene, psychologische Durchdringung der Gestalten großartige Wirkungen zu erzielenerreicht werden kann. Bis in die Gegenwart begeistert Händels Musik immer wieder einen großen Hörerkreis, insbesondere auch Jugendliche. Dennoch führen seine Werke, vor allem die Oratorien, gegenwärtig eher ein Schattendasein im Musikleben, da jetzt die Achtung gebietende Bewältigung großer ausführungstechnischergesangstechnischer Schwierigkeiten im Vordergrund steht.
und weniger die emotionale Seite. Völlig zu Unrecht führen Händels Oratorien deshalb jetzt mehr oder weniger ein Schattendasein im Musikleben.
Umso erfreulicher war es, dass sich der Universitätschor Dresden und die Batzdorfer Hofkapelle mit Engagement für die Aufführung von „Saul“, Händels viertem englischem Oratorium, das einen ersten Höhepunkt in dessen Oratorienschaffen darstellt, einsetzten. Die größte Kirche Dresdens war gut gefüllt von einer erwartungsvollen Besucher-Menge. Die meisten von ihnen hörten das Oratorium zum ersten Mal.
Man war überrascht, einen so gewaltigen Chor (er verfügt über 180 aktive Sänger) mit (fast) nur jungen Gesichtern zu sehen und an die hundert junge Stimmen zu hören (nur einige wenige ältere Sängerinnen und Sänger, die schon lange dabei sind, waren darunter). Erfreulich viele jungen Gesichtern zu sehen und so viele gute junge Stimmen zu hören. Eine große Anzahl junger Männerstimmen sorgte für einen ausgeglichenen Chorklang. Wenn sich in jetziger Zeit so viele Jugendliche für klassischen Gesang interessieren und engagieren, muss einem für die Zukunft nicht bange seinraucht einem um die Zukunft nicht bange zu sein. Obwohl ein Laienchor, erreichte der Universitätschor unter der Leitung von Christiane Büttig professionelle Qualität.
Die Batzdorfer Hofkapelle, ein renommiertes Orchester, profiliert für Alte Musik, das stets für einen besonderen, beseelten Klang und hohe Qualität sorgt, bildete das klangschöne Fundament und verlieh der Aufführung viel Glanz. Seinen Namen wählte das Ensemble zum Teil nach der höfischen Musik, die es zuweilen spielt, aber auch nach dem Hof des, in der Nähe von Dresden hoch über der Elbe gelegen Renaissance- Schlosses Batzdorf, das die Musiker zusammen mit anderen Künstlern durch Eigeninitiative vor dem endgültigen Verfall retteten und jetzt wieder in neuer alter Schönheit erstrahlen lassen. Der Klang dieses Orchesters ist von außergewöhnlicher Schönheit. Die Musiker spielen auf alten Instrumenten, zu denen sie eine eigene Affinität haben.
Zu einem der rein instrumentalen Höhepunkte wurde u. a. der berührende (Trauer-)Marsch, sehr getragen, emotional aufgeladen und mit berührender Klangintensität musiziert. Da nimmt man das gelegentliche Nachstimmen der Instrumente gern in Kauf. Ideal integrierte sich die Pauke in den Orchesterklang und erreichte damit die bestmögliche Wirkung. Sie setzte verstärkende und dramatische Akzente und unterstrich das Handlungsgeschehen in schönster Weise.
Eine gute Wahl stilsicherer Solisten, die perfekt für die jeweiligen Rollen passten, vervollkommnete den insgesamt nur positiven Eindruck. Als Saul fungierte Yorck-Felix Speer mit kraftvoller, auch ein wenig „poltriger“ Stimme, die zu seiner (Negativ-)Rolle des missgelaunten, rachsüchtigen Königs passte. Sein „Sohn“ Jonathan wurde von dem gebürtigen Salzburger Manuel Warwitz mit klangvoller Stimme und sehr guter Artikulation und Gestaltung gesungen. Sauls gefürchtetem Nachfolger und Feldherrn David verlieh Georg A. Bochow als Countertenor mit natürlich „fließender“, sehr klangvoller und facettenreicher Stimme, angenehmem Timbre und schöner Höhe Gestalt (ohne jene Brüche oder Künstlichkeit, wie sie bei Countertenören leider oft anzutreffen sind).
Die beiden Töchter Sauls wurden von der südafrikanische Sopranistin Linda van Coppenhagen (Michal), die sehr schön auch mit der begleitenden Solo-Flöte harmonierte, und Hanna Herfurtner mit ihrer besonderen Liebe für Alte Musik und klangvollen Stimme, die auch gut zu der des Countertenors passte, mit gutem Stilempfinden gesungen.
Die kleineren Rollen lagen bei Johannes G. Schmidt (Ghost of Samuel, Doeg, Abner) und Frank Blümel (Witch, High Priest, Amalekite) in sehr guten Händen. Wie in der Barockzeit sehr beliebt, erklang die Stimme des von Saul beschworenen Geistes Samuels aus der Ferne, aus der Höhe der großen Orgel, so weit wie möglich vom Altarplatz, dem Ort der Aufführung entfernt. Solche „Kleinigkeiten“, wie auch der demonstrative Abgang Sauls, nachdem ihm von dieser Stimme der Tod prophezeit wurde, belebten die ausgedehnte Aufführung (Dauer: ca. 3,5 Std.).
Das Publikum hielt aus und war begeistert – von Händels Musik und der sehr ansprechenden Aufführung, bei der sich alle Beteiligten sehr engagierten und ihr Bestmögliches gaben. Nicht zuletzt gebührt der Dirigentin Christiane Büttig hohe Anerkennung und Dank für eine sehr gelungene Aufführung.
Ingrid Gerk