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DRESDEN / Kreuzkirche: 60. GEBURTSTAG VON KREUZKANTOR RODERICH KREILE BEIM „WEIHNACHTSLIEDERABEND“ DES DRESDNER KREUZCHORES

18.12.2016 | Konzert/Liederabende

Dresden/Kreuzkirche: 60. GEBURTSTAG VON KREUZKANTOR RODERICH KREILE BEIM „WEIHNACHTSLIEDERABEND“ DES DRESDNER KREUZCHORES – 17.12. 2016

Es dürfte wohl der schönste Zufall sein, wenn ein Kreuzkantor seinen 60. Geburtstag mit einer Aufführung des Dresdner Kreuzchores feiern kann. Der alljährliche „Weihnachtsliederabend“ gehört zu den alten, gepflegten und sehr beliebten Traditionen des Kreuzchores wie die regelmäßigen Aufführungen des „Weihnachtsoratoriums“ und der anderen großen Werke J. S. Bachs.

Im Gegensatz zu manchem Programm früherer Jahrzehnte macht der „Weihnachtsliederabend“ seinem Namen jetzt wieder alle Ehre und bringt alte, bekannte Weihnachtslieder in kunstvollen Sätzen und Bearbeitungen bekannter und unbekannter Musiker des 17. ‑ 20. Jh., wie „Adeste fidelis“ in etwas ungewohntem, typisch romantischem Satz, „Macht hoch die Tür“, auch etwas anders, als gewohnt, „Maria durch ein Dornwald ging“, im Sinne der ursprünglichen Melodie, sowie eigens für die Weihnachtszeit komponierte Stücke wie die beiden, von Felix Mendelssohn Barholdy vertonten Sprüche „Advent“ (Nr. 5) und „Weihnachten“ (Nr. 1) aus „Sechs Sprüche (op. 79) mit fast hymnischem Charakter, „Unser lieber Herre Gott“ von Heinrich Schütz, „Übers Gebirg Maria geht“ von Johannes Eccard, die feinsinnigen Kompositionen „Unser lieben Frauen Traum“ und „Es kommt ein Schiff geladen“ von Max Reger, vom Kreuzchor ebenso feinsinnig gesungen, und „Ave Maria“ von Anton Bruckner oder „O Jesulein Süß“ von J. S. Bach im Satz von Ulrich Schicha, amtierender Kreuzkantor 1990/91, die 1. Strophe von zarter, makelloser und sehr sicherer Knabenstimme solo und a capella gesungen, während die anderen Strophen dann der Chor übernahm. Man könnte fragen, ob eine solch zarte Kinderstimme in dem großen Kirchenraum überhaupt zu hören ist. Ja, sie kann, denn dann kann man die berühmte Stecknadel zu Boden fallen hören.

Der Chor sang unter der Leitung von Roderich Kreile mit viel Engagement und Konzentration, sauberer Linienführung in den Chorsätzen und – guter Textverständlichkeit! Offenbar sangen sie die Weihnachtslieder und weihnachtlichen Chorsätze auch zur eigenen Freude und als Geburtstagsgeschenk für ihren Kreuzkantor.

In schlichteren Chorsätzen, die der Originalmelodie den Vorrang lassen, folgten die beliebten Weihnachtslieder, u. a. „Freue dich, du Tochter Zion“, „Uns ist ein Kind geboren“, „In dulci jubilo„, „Ihr Kinderlein kommet“, „Es ist ein Ros‘ entsprungen“, „Freu dich, Erd‘ und Sternenzelt“, „Die Engel und die Hirten“ und „Lasst alle Gott uns loben“, letzteres sehr zur Freude des Publikums mit Solistenquartett aus dem Chor, bei dem Tenor und Bass mit ihren schon kräftigeren Stimmen auf die zarten, aber auch in der Höhe sehr sicheren Stimmen von Sopran und Alt Rücksicht nahmen.

Ohne die drei letztgenannten beliebten altböhmischen Weihnachtslieder ist in Dresden kein Weihnachten denkbar und natürlich, wie könnte es anders sein, darf auch „Stille Nacht“ von Joseph Mohr (Text) und Franz Gruber (Musik) nicht fehlen. Weitere Kirchenlieder, die Gruber und Mohr danach noch schufen, kennt kaum jemand, aber sein schlichtes, aus der Not heraus am 24.12.1818 in wenigen Stunden für die Weihnachtsmette in Oberndorf bei Salzburg entstandenes, Weihnachtslied kennt jeder. Es ging und geht um die Welt. Später arrangierte es Gruber auch für Orgel.

Kreuzorganist Holger Gehring hatte zuvor an der großen Orgel der Kreuzkirche „Stille Nacht, heilige Nacht – Variationen im Stile einer Pastorale“ von C. R. Pfretschner (1821-1885), Kreuzorganist in Dresden, beigesteuert, bei denen die schlichte und doch so innige Melodie des Weihnachtsliedes umspielt und ausgeschmückt wird. Trotz teilnahmsvollem Spiel Gehrings, der außerdem auch die „Paraphrase sur choeur de Händel (op. 90) von Alexandre Guilmant (1837-1911) mit feierlichem Duktus zu Gehör brachte, ging durch die romantisierende Bearbeitung Pfretschners manches von dem ursprünglichen Zauber des Liedes verloren.

Insgesamt aber war es rundum gelungener Weihnachtsliederabend auf hohem Niveau, der auch „für’s Gemüt“ etwas brachte und manchen Besucher in die Kreuzkirche gelockt hatte, der sonst nicht unbedingt der Kirchenmusik zugetan ist.

Ingrid Gerk

 

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