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DRESDEN/ Hochschule für Musik: AUS LIEBE ZUM LIED – EIN LIEDERABEND MIT NIKOLA HILLEBRAND

06.05.2024 | Konzert/Liederabende

Dresden/Hochschule für Musik: AUS LIEBE ZUM LIED – EIN LIEDERABEND MIT NIKOLA HILLEBRAND – 5.5.2024
 

Nikola Hillebrand, ein aufgehender Stern am Opernhimmel, ist auch eine passionierte Liedsängerin. Im Silvesterkonzert der Sächsischen Staatskapelle 2018 sorgte sie für Aufmerksamkeit an der Seite von Jonas Kaufmann mit der witzig-spritzig gesungenen Arie der Adele als Unschuld vom Lande“. Seit 2020 im Ensemble der Semperoper, ist sie gegenwärtig als Gretel („Hänsel und Gretel“), Pamina („Die Zauberflöte“), Musetta („La Bohème““), Susanna (Le Nozze di Figaro“) und Ännchen („Freischütz“) an diesem Haus zu erleben. Beim Semperopernball 2024 war sie nicht nur „ein Hingucker“, sondern eine, mit liebenswerter Natürlichkeit charmant plaudernde und singende junge Künstlerin, die die Aufmerksamkeit auf sich zog.
 
Inzwischen ist sie international in Oper und Konzert sehr gefragt, hat trotz ihrer Jugend weltweit an führenden Opern- und Konzerthäusern gesungen und dürfte auf dem Weg zu einer internationalen Karriere sein. Sie ist Gewinnerin des internationalen Liedwettbewerbs „Das Lied 2019“ in Heidelberg und wurde bei ihren Liederabend-Debüts in Aix-en-Provence, Schleswig-Holstein, London, Essen, Berlin, Stuttgart, Graz und Linz gefeiert. Jetzt gab sie in Dresden in der Reihe „Lied in Dresden“ einen Liederabend, den sie in ihrer unprätentiösen, gewinnend natürlichen, Art mit einer kleinen Ansage eröffnete, bevor sie sich mit Hingabe den Liedern widmete, die sich alle irgendwie um die Liebe drehen. Erfreulicherweise hatte sie nicht die bekanntesten Lieder und Liederzyklen gewählt, sondern vorwiegend wenig bekannte Lieder bekannter Komponisten, die alle durchaus von Interesse waren und sind.
 
Wer denkt schon daran, dass Franz Schubert auch Opern geschrieben hat? Wer kennt nicht die oft im Konzertsaal erklingende Ouvertüre zu seiner Oper „Rosamunde“, aber wer hat schon einmal mehr aus dieser Oper gehört? Nikola Hillebrand sang die „Romanze“ daraus, deren Text von Helmina von Ghézy zwar deutlich machte, warum die Oper in Vergessenheit geriet, aber Schuberts Musik und Nikola Hillebrands Interpretation ließen doch den Wunsch keimen, diese Oper einmal konzertant zu hören.

Aus Schuberts reichem Liedschaffen hatte sie außerdem “An mein Herz“, „Nachtviolen“, „Der Winterabend“ und „Bertas Lied in der Nacht“, ein von Benjamin Britten vervollständigtes Fragment, ausgewählt. Nach „Gretchen am Spinnrade“ löste sich der „Bann“, der vorher die Atmosphäre zu bestimmen schien, in der unter den andächtig Lauschenden in äußerster Disziplin nicht nach jedem Lied, auch nicht bei den im Programmhaft markierten Zäsuren applaudiert wurde, sondern andächtige Stille herrschte. Erst dann brach der begeisterte Applaus los.

 Mitunter entstand eine etwas längere Pause zwischen den Liedern, in der sich die Sängerin auf jedes Lied auch inhaltlich neu einstimmte und konzentrierte. Alexander Fleischer begleitete sie nicht nur sehr zuverlässig und einfühlsam am Klavier, sondern gestaltete die Lieder ausdrucksstark und in schöner Klarheit mit und differenzierte nicht nur zwischen deren unterschiedlichem Charakter, sondern auch der Eigenart des Kompositionsstils von Franz Schubert, Clara Schumann und Richard Strauss. Mitunter hämmerten seine Finger präzise wie eine Maschine, im allgemeinen unterstrich er aber je nach Text und der jedem Lied eigenen Stimmung den Gesang mit sensiblem, klangvollem, sehr einfühlsamem Spiel.
 
Von Clara Schumann gestalteten beide die Lieder „Ich stand in dunklen Träumen“, „Er ist gekommen in Sturm und Regen“, „Liebst du um Schönheit“, „Sie liebten sich beide“ und „Lorelei“, eine andere Vertonung von Heinrich Heines Text, bei der sich ein Vergleich zu der bekannten, in seiner unverwechselbaren Melodie zum Volkslied gewordenen, Vertonung von Friedrich Silcher anbot. Die Sage und Heines Text waren im 19. Jahrhundert offenbar sehr beliebt, so dass über vierzig Liedfassungen in dieser Zeit entstanden, darunter auch eine von Franz Liszt.

Und dann kam Richard Strauss zu Wort und Ton mit „Nichts“, „Die erwachte Rose“, „Begegnung“, „Rote Rosen“, „Wer hat’s getan“, „Das Rosenband“, „Freundliche Vision“, „Schlagende Herzen“ und „Cecilie“. „Nichts“ war nur der Titel eines Liedes mit einem Text von Hermann von Glim. Es war durchaus nicht „nichts“, sondern ein Reigen, anspruchsvoller Lieder in anspruchsvoller Interpretation. Mit ihrer hell leuchtenden Stimme mit edlem Timbre gestaltete Nikola Hillebrand die Lieder nuancenreich und in bezwingender Selbstverständlichkeit, mit Leichtigkeit, ausgefeilten Technik, guter Phrasierung, auch ein wenig mit den Ausdrucksmitteln der Oper, sinnvoll und zweckmäßig eingesetzt, kleinen Gesten und vor allem mit charmanter Natürlichkeit.

Ursprünglich bezeichnete sie sich selbst als Koloratursopranistin, denn Koloratur-Arien sang sie mit Bravour. Jetzt fühlt sie sich eher als Sopranistin und wartet ab, in welche Richtung sich ihre Stimme entwickelt. Die Lieder von Strauss schienen ihr zu liegen.

Für den begeisterten Applaus des vorwiegend jungen Publikums bedankten sich Nikola Hillebrand und Alexander Fleischer zunächst mit der „Forelle“ von Franz Schubert, durchaus auch eine Liebeserklärung an das muntere Fischlein, zurück zu den Anfängen des Liederabends. „Da fangen wir wieder von vorn an“ bemerkte Nikola Hillebrand scherzhaft. Die zweite Zugabe bezog sich dann auf den Schluss der Programmfolge mit „Morgen“ von Richard Strauss und gestaltete sich mit einem atemberaubenden Vorspiel am Klavier und einem langsam verschwebenden Ausklang zum inoffiziellen Höhepunkt des Abends.

 

Ingrid Gerk

 

 

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