Dresden / Frauenkirche: VON BAROCK BIS KLASSIK – SOLOKONZERTE FÜR VIOLINE, TROMPETEN UND CORNI DA CACCIA – 26.6.2021
Ein entspanntes, festlich-sommerliches Programm hatte Ludwig Güttler, der unermüdliche Virtuose auf Trompete und Corno da caccia, Dirigent, Organisator und Initiator mit dem, von ihm 1985 gegründeten, Kammerorchester aus führenden Mitgliedern der Sächsischen Staatskapelle Dresden, den Virtuosi Saxoniae, für ein zwar nur einstündiges (immer noch wegen Corona), aber sehr gehaltvolles Konzert zusammengestellt. Es sollte „den Wiedereintritt der Virtuosi Saxoniae in die zivilisierte und kultivierte Welt …“ symbolisieren, wie Güttler im Programmheft scheibt.
Freude über diesen Wiedereintritt kam bereits im ersten (Solo‑)Konzert des Abends zum Ausdruck, dem „Balletti pro tabula C‑Dur für zwei Trompeten, Streicher und Basso continuo (B. c.) von Pavel Josef Vejvanovský (um 1633-1693), ein mährischer Komponist, Barocktrompeter und Chorleiter in Kremsir, dem Sommersitz des böhmischen Bischofs mit seinem für damalige Verhältnisse „riesigen“ Orchester, das nicht nur in der musikalischen Welt Aufsehen erregte (während in Paris damals 24 Musiker und in Dresden 19 Musiker das Orchester bildeten, waren es in Kremsir 42!). Die beiden Solotrompeter Ludwig Güttler und Volker Stegmann verliehen mit ihrem meisterhaften Spiel und in kongenialer Gemeinsamkeit mit dem Orchester dem Werk in sieben abwechslungsreichen, kurzweiligen Sätzen Glanz und Festlichkeit.
Die Musiker spielen auf modernen Instrumenten, orientieren sich aber bei solchen Konzerten an historischer Aufführungspraxis (wenn sie in Semperoper oder Symphoniekonzerten Wagner oder Strauss spielen, ist das natürlich anders). Vor allem ließen sie sich hier vom Stilgefühl für die Musik dieser Zeit leiten und musizierten nicht etwa akademisch (trocken) wie so manches, für Alte Musik spezialisierte, Orchester, sondern mit Herz und Seele, ehrlich empfunden und mit Leben erfüllt.
Roland Straumer, Konzertmeister der Sächsischen Staatskapelle und der Virtuosi Saxoniae widmete sich anschließend dem immer wieder begeisternden „Konzert a‑Moll für Violine, Streicher und B. c. (BWV 1041) von Johann Sebastian Bach, eines der beiden Violinkonzerte, die von mehreren noch erhalten sind. Straumers Violinspiel zeichnet neben unbestechlicher Genauigkeit eine ungewöhnliche Klangschönheit aus, ein Klang, der in einer Balance aus Geschmeidigkeit, Virtuosität, Frische und an italienische Streicherkunst erinnernde Leichtigkeit entsteht. Er musizierte den ersten und zweiten Satz als Primus inter pares, aus dem Orchester heraus sich entwickelnd, und ließ den dritten und letzten Satz in virtuoser und klanglicher Opulenz gipfeln.
In einem dritten Solokonzert, dem fünfsätzigen „Konzert für zwei Corni da caccia, Streicher und B. c. von Georg Philipp Telemann, frönten Ludwig Güttler und Volker Stegmann mit berauschendem Klang der musikalischen „Jagdleidenshaft“, die in der Barockzeit bei fast allen Komponisten eine Rolle spielte. Mit dem schönen, vollen Klang der Soloinstrumente, aber auch des Orchesters, beide miteinander völlig konform musizierend, entstand eine lebensfrohe Wiedergabe.
Als „Abschluss“ und Ergänzung des an Solokonzerten reichen Programmes folgte die „Symphonie B‑Dur für zwei Oboen, zwei Fagotte, zwei Hörner und Streicher“ (KV 319), die Wolfgang Amadeus Mozart in Salzburg komponierte. Über dieses Konzert „zu schreiben, macht die nur bedingte Zuständigkeit von Worten gegenüber der Musik uns besonders deutlich. Was sich hier – und besonders im 2. Satz – ereignet, kann allenfalls durch Hingabe im bedingungslosen Hören erfasst werden“, so Ludwig Güttler. Mozart ist eben mehr als nur angenehme Unterhaltung auf hohem Niveau, selbst bei einem ungezwungenen, fröhlich-sommerlichen Konzert, besonders wenn die Musiker so hingebungsvoll (Exaktheit ist für alle selbstverständlich) mit Wohlklang und Freude musizieren.
Mit Musik Freude zu bringen ist auch und vor allem Güttlers Anliegen. Nach der langen, Lock-down bedingten, Abstinenz von Live-Musik in der Frauenkirche dürfte dieses Konzert allen Anwesenden Freude und Entspannung im wahrsten Sinne des Wortes gebracht haben.
Ingrid Gerk