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DRESDEN/ Frauenkirche: THE MESSIAH von G.F. Händel als traditioneller Jahresbeginn

02.01.2020 | Konzert/Liederabende

Dresden / Frauenkirche  TRADITIONELLER JAHRESBEGINN MIT „THE MESSIAH“ VON G. F. HÄNDEL 1.1.2020

Wie in den vergangenen Jahren stand auch in diesem Jahr „The Messiah“ von Georg Friedrich Händel unter der Leitung von Ludwig Güttler am Neujahrstag mit vertrauten und bewährten Ausführenden auf dem Programm der Frauenkirche. Das vor über 30 Jahren (1985) von Güttler, einem der international erfolgreichsten Virtuosen der Gegenwart auf Trompete und Corno da caccia und Motivator, Kurator und Förderer des Wiederaufbaus der Dresdner Frauenkirche mit führenden Mitgliedern der Sächsischen Staatskapelle Dresden gegründete Kammerorchester, die Virtuosi saxoniae, bildete nicht nur das sehr zuverlässige, sondern auch überaus klangschöne Fundament der Aufführung. Unter Güttlers Leitung hat das Orchester in mehr als drei Jahrzehnten nicht nur in zahlreichen Konzerten die Besucher erfreut, sondern auch unermüdlich mit seinen Benefizkonzerten einen wesentlichen Beitrag zum Wiederaufbau der Frauenkirche, der „Seele von Dresden“, geleistet.

Jetzt musizieren noch mehrere Gründungsmitglieder im Orchester und bilden in wechselnden Besetzungen, auch mit den neu Hinzukommenden stets eine eingeschworene Gemeinschaft, die immer noch und immer wieder neu mit einem betörenden Klang aufwartet, der an die Leichtigkeit und „seelenvolle Süße“ der italienischen Barockmusik erinnert und gleichzeig von Ernsthaftigkeit und geistiger Tiefe durchdrungen, nicht zuletzt vom spezifischen Klangbild der Sächsischen Staatskapelle geprägt ist. Die Musiker spielen auf modernen Instrumenten und nähern sich in Fragen der Aufführungspraxis historischen Kriterien an, die sie nicht (nur) „akademisch verarbeiten, sondern vor allem praxisnah in hinreißende Klänge umsetzen, wie es kürzlich erst wieder im „Weihnachtsoratorium“ von J. S. Bach und jetzt am Neujahrstag zu erleben war.

 Die Virtuosi Saxoniae musizierten in einem idealen Tempo, das rasch, aber nicht zu schnell, bei aller Frische und Agilität die Musik „atmen“ und „ausschwingen“ ließ, bildeten damit das sehr sichere und besonders klangschöne Fundament und brillierten mit zahlreichen hinreißend musizierten solistischen Passagen, u. a. von Violine(n), Trompete und Orgel. Der Chor, die sehr zuverlässigen und auch an dieser Stelle schon oft bewährten, Hallenser Madrigalisten (Einstudierung: Tobias Löbner), die trotz überwiegendem Frauenanteil einen klanglich ausgeglichenen Eindruck erweckten, und die Solisten ließen sich davon inspirieren und engagierten sich mit sichtlicher Hingabe bei dieser, von Enthusiasmus getragenen, Aufführung, bei der es, abgesehen von den, von Text und Inhalt vorgegebenen Zäsuren zwischen den drei Teilen, nicht die leidigen „kleinen“ Pausen zwischen den einzelnen Nummern gab und auch dadurch ein sehr geschlossener Eindruck entstand.

Neu an dieser Stelle war die junge, gebürtige Armenierin Narine Yeghiyan, die bis 2018 Mitglied der Staatsoper unter den Linden in Berlin war, und u. a. bei den Opernfestspielen St. Margarethen und in der Philharmonie Berlin sang. Sie ließ in die Sopranpartie auch ihre Erfahrungen als Opernsängerin einfließen, was in diesem Fall kein Fehler war, engagierte doch Händel für die Aufführungen seines Oratoriums Opernsänger und –sängerinnen, auch für die Altpartie, und nur in einem einzigen Fall einen Kastraten, wovon gegenwärtig offenbar immer wieder abgeleitet wird, die Altpartien in Oratorien mit einem Countertenor oder Altus zu besetzen.

Auch bei dieser Aufführung sang ein Altus, der in Dresden bekannte Barockspezialist David Erler, dessen Interpretation Stilsicherheit und eine intensive Auseinandersetzung mit der Partie verriet und schließlich zu völliger klanglicher Übereinstimmung mit Orchester und Chor führte. Von der Kontinuität und Klangschönheit des Orchesters ließ sich offenbar auch der für seine klangliche Empfindsamkeit bekannte Lied- und Oratorientenor Georg Poplutz, der ebenfalls schon oft in Dresden auftrat, anregen und fügte sich mit seinem Part nahtlos in das musikalische Gesamtgeschehen ein.

Andreas Scheibner gestaltete die Basspartie, bei der für ihn auch jedes Arioso, jedes Rezitativ wichtig ist, einschließlich der beiden anspruchsvollen Arien mit gesangstechnischer Perfektion und bewusster Gestaltung bis ins letzte Detail und ließ die berühmte „Trompeten-Arie“, kraftvoll und mit langem Atem, in großen Bögen und in kongenialer „Korrespondenz“ mit der glanzvollen Trompete zu einem besonderen Höhepunkt werden.

Die Kirche war bis unters Dach gefüllt. Die Besucher aus nah und fern lauschten andächtig und „mucksmäuschenstill“ auf jeden Ton aus Händels großartigem Oratorium nach englischen Bibeltexten (es wurde auch in englischer Sprache gesungen) über die gesamte Dauer von ca. 2,5 Std., auf die das im Original 3,5 Std. dauernde Oratorium gekürzt worden war, ohne das „Brüche“ spürbar gewesen wären. Sie waren gebannt von der Kraft der Musik Händels und der in sich geschlossenen Aufführung mit zahlreichen internen Höheunkten und klangschönen Passagen im Zusammenwirken aller Beteiligten.

Ingrid Gerk

 

 

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