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Dresden/Frauenkirche:  „FORGOTTEN ARIAS“ MIT COUNTERTENOR PHILIPPE JAROUSSKY

16.11.2023 | Konzert/Liederabende
Dresden/Frauenkirche:  „FORGOTTEN ARIAS“ MIT COUNTERTENOR PHILIPPE JAROUSSKY – 15.11.2023

„Vergessene Arien“ hatte Countertenor Philippe Jaroussky sein Konzert mit dem  Kammerorchester Le Concert de la Loge (Gründer Julien Chauvin. Das von Philippe 2002 gegründete Ensemble ist sein eigenes, Ensemble Artaserse) betitelt, mit dem die kommenden Dresdner Musikfestspiele (9.5. ‑ 9.6.2024) ihre Schatten vorauswerfen.

Mit ungeahnter Leichtigkeit und frappierender Technik holte Jaroussky glanzvolle Arien,   aus vergessenen Opern bekannter Komponisten des 18. Jahrhunderts wie Johann Adolph Hasse und Johann Christian Bach, dem jüngsten Sohn Johann Sebastian Bachs, der großen Einfluss auf Mozart hatte, aber auch nur Insidern bekannten Verfassern wie Niccolò Jommelli und Leonardo Leo und kaum bekannten wie Tommaso Traetta, Andrea Bernasconi und Giovanni Batista Ferrandini, die zu ihren Lebzeiten durchaus einen klangvollen Namen hatten, wieder in die Gegenwart.

Sie erwiesen sich als wahre Schätze, klingende Raritäten, die zu Ujnrecht in den Bibliotheken schlummern, weil die Opern, denen sie entstammen, mit ihren Libretti aus der Welt der Götter und Sagen nicht mehr unbedingt dem Geschmack unserer Zeit entsprechen, obwohl die Musik auch sehr menschliche Züge und Gefühle ausdrückt und in ihrer Vielseitigkeit und Fantasie, ihrem Reichtum an melodischen Einfällen, kühnen Modulationen und einer mitreißenden Instrumentalbegleitung von ihrer Faszination nichts eingebüßt hat und schon aus historischen Gründen von Interesse ist.

Umso erfreulicher, dass Jaroussky diese Schätze, die so hervorragend gesungen, auch heute noch begeistern, entstaubt und in die Gegenwart holt. Er ist stets auf der Suche nach vergessenen musikalischen Schätzen und wurde auch für dieses Konzert fündig.

Das Entree gestaltete das Concert de la Loge, das sich mit alten Instrumenten wie Theorbe und Naturhörnern und vor allem großer Musizierfreude ganz der barocken Aufführungspraxis verschrieben hat, unter Julien Chauvin, der das Konzert von der Violine aus leitete, zunächst rein instrumental mit der lebhaft und mit barocker Stufendynamik musizierten „Sinfonia“ aus einer vergessenen Oper von Hasse, in die, von der Seite kommend, Jeroussky mit deklamierendem Rezitativ einstimmte, anschließend mit rasanter Arie brillierte und danach mit sehr sanftem, gefühlsbetontem Gesang beeindruckte und damit ein Mamutprogramm, ein Feuerwerk sehr flüssiger Koloraturen und eindrucksvoller Gefühlsschilderungen eröffnete, bei dem er es verstand, neben der technischen Perfektion und sehr klarer, sicherer Höhe in harmonischem Zusammenklang von Orchester und Singstimme allen Nuancen der Musik Ausdruck zu verleihen.

Mit Vehemenz und teilweise betörendem Klang, wie ihn die Zeitgenossen der Barockzeit priesen, musizierte das Kammerorchester zwei Stücke von J.A. Hasse und die „Sinfonia periodice Es-Dur“ von Jommelli, der wieder zwei atemberaubende, von Jeroussky mit Temperament und ganzem Einsatz, scheinbar ohne Atem zu schöpfen, interpretierte Arien folgten. Jeroussky beherrscht seine Stimme perfekt vom temperamentvollen Fortissimo bis zum sanften Pianissimo, mit Gefühlsausbrüchen und sanften, gefühlsbetonten Betrachtungen.

Mit einer Zugabe, der oft und immer wieder gern gehörten Arie „Ach, ich habe sie verloren“ aus der Oper Orfeo ed Euridice“ von Christoph Willibald Gluck, in Originalsprache gesungen, ging ein entdeckungsreicher Konzertabend zu Ende. Diese Arie, bei der seine Stimme und lyrische, schwebend, schmelzende, klangschwelgerische Seite zur Geltung kam, ging so zu Herzen, dass das Publikum in der sehr gut besuchten Frauenkirche .einige Zeit der schweigenden Besinnung brauchte, bevor der rauschende Applaus losbrach.

Dieses Konzert bewies, dass das Interesse an „klassischer“ bzw. Musik der Barockzeit ungebrochen ist, wenn sie so perfekt und ansprechend geboten wird.

 

Ingrid Gerk

 
 

 

 

 

 

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