Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

DRESDEN/ Frauenkirche: DAS GESAMTE „WEIHNACHTSORATORIUM“ VON JOHANN SEBASTIAN BACH MIT ALLEN SECHS KANTATEN

07.12.2024 | Konzert/Liederabende

Dresden/Frauenkirche: DAS GESAMTE „WEIHNACHTSORATORIUM“ VON JOHANN SEBASTIAN BACH MIT ALLEN SECHS KANTATEN – 6.12.2024

„Alle Jahre wieder“ wird das Weihnachtsoratorium“ von Johann Sebastian Bach in der Vorweihnachtszeit deutschlandweit in vielen Kirchen und Konzertsälen geboten, obwohl es doch für die Zeit zwischen dem ersten Weihnachtsfeiertag (1734) und dem Epiphaniasfest (6. Januar) komponiert wurde. Am beliebtesten sind die ersten drei Kantaten, obwohl die anderen drei mindestens genau so beeindruckend und voller wunderbarer Gesangs- und Instrumentalnummern sind. Inzwischen wissen aber immer mehr Besucher, zu denen vor allem auch die zahlreichen Touristen und Gäste der Stadt gehören, für die eine Aufführung des „Weihnachtsoratoriums“ in der Dresdner Frauenkirche einfach zu Weihnachten gehört, auch diesen zweiten Teil zu schätzen.

Sie konnten wie jedes Jahr wieder zwischen vier Aufführungen wählen, dem zweimal insgesamt aufgeführten „Weihnachtsoratorium“ mit den Kantaten I-VI, einmal nur Teil 1 mit den Kantaten I-III und einmal Teil 2 mit den Kantaten IV-VI, und alle waren ausverkauft.

Kein kirchenmusikalisches Werk ist in Deutschland in der Vorweihnachtszeit bei Alt und Jung so beliebt wie gerade dieses “Weihnachtsoratorium“. Daran hält das Publikum unbeirrbar fest. Obwohl es doch zahlreiche, ebenfalls sehr schöne Kompositionen für diese Zeit gibt, war bisher allen Versuchen, einmal andere Werke statt dessen zu bringen, wenig Erfolg beschieden. Und so war die Kirche bereits bei der ersten Aufführung mit dem vollständigen „Weihnachtsoratorium“ unter Frauenkirchenkantor Matthias Grünert wieder voll bis unters Dach, einschließlich aller schlechten Plätze ohne Sicht auf den obersten Emporen.

Die vier erwartungsvollen Paukenschläge aus dem Eingangschor, die hier leider wenig feierlich im übertrieben „weltlichen“ Paukenwirbel untergingen, eröffneten die geheimnisvolle Welt wunderbarer Musik voller musikalischer Höhepunkte und Feinheiten, die ihre Wirkung nie verfehlen. Der sehr sicher singende Kammerchor der Frauenkirche, ein leistungsfähiger professioneller Chor mit schönen Stimmen, und das Ensemble Frauenkirche aus Mitgliedern der Sächsischen Staatskapelle und der Dresdner Philharmonie bildeten das sichere Fundament, auf dem sich die Magie der Bachschen Musik entfalten konnte. Schöne solistische Passagen von Oboe, Flöte und Violine verliehen den Arien und Ariosi in Vorspiel und Begleitung viel Innigkeit, und klangschöne Trompeten (Kantaten I, III, VI) und saubere Hörner (Kantate IV), den Chören am Beginn oder Abschluss der Kantaten festlichen Glanz.

Im Solisten-Ensemble engagierten sich erfahrene, mit dem Oratorienfach vertraute Sängerinnen und Sänger, die sich ihre Mitwirkung angelegen sein ließen. Die Evangelistenpartie gestaltete der Tenor Tilman Lichdi als Erzähler der Weihnachtsgeschichte, lebhaft und mit guter Textdeklamation, abwechslungsreich und mit lebendigem, bildhaftem Ausdruck. Mit seiner schlanken Stimme gestaltete er auch die Tenor-Arien stilgerecht.

Hanna Zumsande widmete sich mit ihrer klaren, schlanken Stimme der Sopranpartie und gestaltete sie mit Stilgefühl.

Britta Schwarz und Tobias Berndt, zwei ideale Solisten des Oratorienfaches, die auch an dieser Stelle schon bei so mancher Oratorien-Aufführung beeindruckten, gestalteten beide mit ihrer sehr guten Gesangstechnik, wohlklingender, ausdrucksstarker Stimme, für den Kirchenraum idealem Stimmvolumen und ihrer großen Gestaltungskraft die Alt- bzw. Basspartie und verliehen nicht nur den großen Arien, sondern jeweils der gesamten Partie Glanz und Würde. Britta Schwarz verlieh den Betrachtungen der gläubigen Seele, wie sie Bach der Altstimme anvertraute, bereits in den gut gestalteten Rezitativen und erst recht in den beseelten Arien „Schlafe, mein Liebster“ und „Schließe, mein Herze, dies selige Wunder“ mit ihrer weichen, samtenen Stimme Wärme und Innigkeit. Tobias Berndt bestach mit gut klingender, ausgewogener Bassstimme und idealer Stimmführung, sehr guter Textverständlichkeit und stilvoller Gestaltung. Bereits ein Arioso wurde bei ihm zum eindrucksvollen Ereignis und erst recht die von ihm souverän gesungen Arien.

In Duett und Terzett stimmten sich die Solisten sehr gut ab, auch wenn ihre Timbres nicht ideal zusammenpassten. Bis auf einige, zu rasch genommene Tempi bei einigen Chören im sonst allgemein angemessenen Zeitmaß war es eine in sich geschlossene Aufführung, die den Besuchern nicht nur musikalischen Genuss, sondern auch Freude und Zuversicht spendete.

Ingrid Gerk

 

Diese Seite drucken