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DRESDEN/ 42. MUSIKFESTSPIELE – TEIL II

14.06.2019 | Konzert/Liederabende

Dresden: 42. DRESDNER MUSIKFESTSPIELE – TEIL II 26.5. – 10.6.2019

Nach 26 ereignisreichen Tagen mit 56 Veranstaltungen in einer großen Spannbreite an Interpretationen, Stilrichtungen und Künstlern gingen die 42. Dresdner Musikfestspiele zu Ende. In einem Rückblick sollen noch einmal besondere Ereignisse der zweiten „Halbzeit“  Revue passieren. Alles ist – auch im zweiten Teil – bei dieser Fülle und Vielfalt beim besten Willen nicht zu erfassen, aber jeder konnte sich aus der angebotenen Menge an Veranstaltungen das seinem Geschmack Entsprechende aussuchen.

Ein besonderes Highlight, das bei allen Besuchern, darunter zahlreichen Jugendlichen, viel Anklang fand, war die Begegnung mit ANNE-SOPHIE MUTTER & KAMMERORCHESTER WIEN-BERLIN in einer Matinee (26.5.), bei der sich diese Musiker der Extraklasse mit einem gut gewählten Programm ausschließlich dem (sehr) jungen W. A.  Mozart zuwandten. Im neuen Konzertsaal (Kulturpalast), der für Anne-Sophie Mutter „die Stradivari unter den Konzertsälen“ ist, spielte sie auf ihrer echten Stradivari drei geistreich-witzige, experimentierfreudige Violinkonzerte, die Mozart als 19jähriges Genie und bereits Kapellmeister der Salzburger Hofkapelle im gleichen Jahr (1775) schrieb, noch orientiert an barocken Stilelementen und direkt oder indirekt beeinflusst von den Violinkonzerten der berühmten Italiener (Vivaldi, Boccherini, Tartini, Geminiani). Mozart machte zu seinen Lebzeiten nicht nur als Pianist und Komponist seiner Klavierkonzerte Furore, sondern zunächst erst einmal als versierter Violinist, nicht zuletzt „vorbelastet“ und gefördert durch seinen Vater, den Violin-Virtuosen und Verfasser der damals berühmtesten Violinschule.

In der hochkarätigen Interpretation von Anne-Sophie Mutter und des kongenialen Kammerorchesters Wien-Berlin, das u. a. auf Wunsch von Simon Rattle aus Mitgliedern der Wiener und Berliner Philharmoniker gegründet wurde und damals eine kleine Sensation bedeutete, durfte sich das Publikum über eine liebevolle, in einzigartiger Klangsymbiose musizierte, Wiedergabe des heiteren „Violinkonzertes Nr. 2 D‑Dur“ (KV 211), des kontrastreichen „Violinkonzertes Nr. 3 in G‑Dur“ (KV 216) und des beliebten „Violinkonzertes Nr. 5 in A‑Dur“ (KV 219) mit seinem feurigen Finale „Alla turca“ freuen. Trotz Vormittagsstunde entfaltete sich an diesem heiteren Mai-Vormittag die heitere Musik in einer wirkungsvollen Tempo-Balance zwischen zügiger Frische und genügend Spielraum für die Entfaltung der Klangwirkung, einschließlich schöner Verzierungen.

Anne-Sophie Mutter ist unbestritten eine Vollblut-Musikerin und starke Persönlichkeit, die sich, immer strahlend schön und elegant, aber in schlichter Natürlichkeit, ganz in den Dienst der Musik stellt. Das Besondere ihres Geigenspiels ist ihr feiner Strich mit den sehr geschmeidigen Ansätzen, die Feinheit der Töne, der hinreißend schöne Klang, die versierte, makellose Technik, feinstes Piano bis zum lange ausgehaltenen, gerade noch hörbaren Pianissimo in höchsten Tönen und ihre Konzentration auf das, was sie gerade spielt. Ihr Violinspiel ist nicht übertrieben, nicht veräußerlicht, aber perfekt und erfrischend. Mit echt Mozartischem Esprit und „singendem“ Ton gestaltete sie die ausgiebigen virtuosen, von den Arien der ersten Opern, die Mozart zur gleichen Zeit schrieb, beeinflussten Solo-Kadenzen, ganz dem Charakter der Musik Mozarts verpflichtet, aber auch mit dem Gefühl unserer Zeit. Wenn auch die Violinkonzerte sehr bekannt sind, konnte man sie hier wieder neu entdecken. Das Publikum dankte es ihr und dem Orchester mit überaus herzlichem Applaus, für den sich die Musiker gemeinsam wiederum mit zwei passenden Zugaben bedankten.

Das kleine, überaus leistungsfähige Orchester, vereint die besten, mitunter sogar gegenteiligen Eigenschaften der Wiener und Berliner Philharmoniker, wie geschmeidige Eleganz und Noblesse der Wiener, zupackendes, leidenschaftliches Spiel der Berliner, seidigen Streicherklang und solistische Brillanz der Bläser – nur 17 Musiker, doch welcher Kang! Es war nicht nur ein kongenialer Partner und Begleiter, sondern steuerte seinerseits auch die hübsche, zehnminütige, nach damaligen Modellen dreisätzige, „Sinfonie Nr. 1 Es‑Dur (KV 16) bei, die Mozart auf seiner berühmten Reise als Wunderkind in London verfasste, ein erster Versuch des neunjährigen Mozart mit dieser Gattung, ein noch etwas jugendlich-naives Werk, das die Genialität des späteren Meisters aber schon ahnen lässt, und in diesem Sinne von den Musikern mit der Perfektion eines späteren Werkes wiedergegeben wurde. Sie brauchten keinen zusätzlichen Dirigenten. Bei den Violinkonzerten übernahm Anne-Sophie Mutter die Funktion in sehr dezenter Weise. Da funktionierte alles wie selbstverständlich, ohne große Gesten, ohne „Show“, nur mit einem freundlichen Kopfnicken zum 1. Konzertmeister, womit sie nicht nur für perfekte Einsätze sorgte. Man verstand sich im gemeinsamen Aufeinander-Hören und im gleichen Musikverständnis. Da störte keine Auffassung eines Dritten.

Anders verhielt es sich bei einem Konzert in der Frauenkirche (27.5.) mit der CAMERATA SALZBURG unter Andrew Manze und mit Joshua Bell als Solist, der sich bei dieser Gelegenheit über den diesjährigen „Glashütte Original MusikFestspielPreis“ (Originaltitel) freute, da er mit der Förderung junger Musiker verbunden ist, die auch ihm sehr am Herzen liegt und er außerdem alles schätzt und für die Zukunft erhalten möchte, „was besonders gut und wertvoll ist und besten Traditionen entspringt“, wozu für ihn auch die, in höchster Präzision in Handarbeit hergestellten, Glashütter Luxus-Uhren und z. B. auch das „Konzert für Violine und Orchester a‑Moll“ (op. 53) von Antonín Dvořák, das er in diesem Konzert spielte, gehören. Männlich-herzhaft, aber auch mit viel Gefühl und sehr feinen Kantilenen spürte er auf seiner Stradivari von 1713, der sogenannten Gibson ex Huberman (bekannt durch den Diebstahl 1936 aus der Künstlergarderobe der Carnegie-Hall) den musikalischen Linien des Werkes nach und „kostete“ mit frischem, klangvollem Ton die Schönheit der Musik, die auch den Orchesterpart prägt und mitunter seitens der „Camerata“ anklang, aus.

Unter Manzes Leitung, dem die böhmische (tschechische) Mentalität offenbar weniger vertraut ist, konnte ihm das Orchester jedoch nur bedingt folgen. Für Manze verbindet sich offenbar – wie für viele Menschen – Dvoraks Musik wie die auch anderer slawischer Komponisten mit robuster Lautstärke, was aber speziell für Dvořáks sensible Melancholie und Mischung aus nationaler und europäischer Kunstmusik ganz und gar nicht zutrifft, selbst wenn es sich um ausgelassene Tänze handelt. Joshua Bell hatte als Amerikaner dieses Wesen erfasst, sich von ihm inspirieren lassen und mit seinem sehr ansprechenden Spiel in die Tat umgesetzt, auch sehr virtuos temperament- und kraftvoll, aber immer in folgerichtiger Entwicklung der einzelnen Passagen. Schade, dass das Orchester da nicht so ganz „mitziehen“ konnte, obwohl es offenbar Bells Auffassung teilte, aber nicht nur einen sehr lauten, kraftvollen Anfang bot, sondern auch weiterhin, vor allem in solofreien Passagen „auftrumpfen“ musste bis zum vehementen, von Manze „durchgepeitschten“ Schluss. Dass das Orchester auch anders kann, bewies die sehr gefühlvolle Zugabe aus „Rosamunde“ von Franz Schubert, bei der Josua Bell, der 1. Konzertmeister und die Konzertmeisterin der 2. Violinen (und das Publikum) in Klängen schwelgten.

 Selbst bei der einleitenden, vom kühleren finnischen Naturell geprägten, Suite (op. 14) “Rakastava“ („Der –Liebende“) für Streichorchester von Jean Sibelius, einer Liebeserklärung an seine Frau (umgearbeitet aus der Fassung für Männerchor) vermisste man Wärme und Sentiment. Es war interessant, das Stück zu hören, aber hier schimmerte weder Liebe noch das Spezifische der finnischen Landschaft oder Mentalität durch.

Mit großen Gesten jagte Manze mit dem Orchester schließlich auch durch die „Sinfonie Nr. 2 D‑Dur op. 36) von Ludwig van Beethoven, sehr stark akzentuiert, beinahe euphorisch, im 2. Satz auch etwas beseelt, aber weniger „tiefschürfend“. Nur bei der Orchesterzugabe wurde eine schöne Klangfülle „zelebriert“. Kaum ein Dirigent hat noch den Mut, ein Orchester in eigener spezifischer Klangschönheit zur Geltung kommen zu lassen, die es von vielen amerikanischen Orchestern, die jetzt den Ton angeben, unterscheidet. Müssen es denn immer nur starke Kontraste und Virtuosität sein?

Ein „Experiment“ in der Gegenrichtung wagten das, 1972 gegründete, New Yorker ORPHEUS CHAMBER ORCHESTRA & JAN LISIECKI (28.5.), auch mit 31 Musikern ohne Dirigent im Kulturpalast aufzutreten – mit bewundernswertem Erfolg. Früher hieß es, ab neun Musiker geht es nicht ohne Dirigent, d. h, gerade noch bis zum Oktett. Hier ging es aber doch! Selbst die etwas ungewohnt „schrägen“ Klänge von „Records from a Vanishing City“ von Jessie Montgomery (*1981), einem „Tongedicht“, geprägt von vielen Eindrücken ihrer musikalischen Kindheit, mitunter verloren in der (Klang-)Welt, wurden sehr „durchsichtig“ und konform, von Musikalität geprägt, wiedergegeben. Die Musiker kennen einander, hören aufeinander und verstehen sich.

Es folgten zwei Werke von Felix-Mendelssohn-Bartholdy, zunächst das „Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 g‑Moll (op.25). Das Orpheus Chamber Orchestra begann mit großer Lautstärke, nahm aber bald zurück, um dem Pianisten Jan Lisiecki das Feld zu überlassen, der seinerseits danach mit viel Power und jugendlichem Temperament aufwartete. Zunächst stand bei ihm die Virtuosität mit ungeheurer Treffsicherheit im Vordergrund, aber wie selbstverständlich war auch seine Musikalität zu spüren, es gab neben jugendlich stürmischen Passagen auch ein sehr schönes „singendes“ „Adagio“ mit sensiblem Anschlag, bei dem er die Melodie(n) genussreich strömen ließ. Das Orchester schloss sich in gleicher Weise an, um danach in Gemeinsamkeit fortzufahren. Es gab virtuose und innige Klavier-Solo-Passagen, gut abgestimmt mit dem Orchester auf gleicher „Wellenlänge“. Dass sie alle drei Sätze quasi attacka aufeinander folgen ließen, betonte den internen logischen Zusammenhang zwischen den Sätzen, die sich folgerichtig – einer aus dem anderen – ergeben.

 Ebenfalls von Mendelssohn folgte danach seine „Sinfonie Nr. 4 A‑Dur (op. 90), die „Italienische“, von einigen kleinen Unstimmigkeiten einmal abgesehen, die auch mit Dirigent vorkommen, war kein Unterschied zu erkennen. Hier stand die Musikalität im Vordergrund. Es stimmte alles, Tempo, Phrasierung, guter Klang, einwandfreie Bläser und Stilempfinden. Das kann nicht jedes Orchester. So etwas geht nur, wenn alle Beteiligten das Werk genau kennen und die gleiche Auffassung teilen, aufeinander hören und sich verstehen. Dann kann keine dritte Auffassung eines Dirigenten das Konzept der Musiker beeinträchtigen. Auf einen “Taktschläger“ kann – wie man sehen bzw. hören konnte – auch ein größeres, sehr gutes Orchester verzichten, auf einen sehr guten Dirigenten, der die Musiker inspiriert, jedoch nicht.

Es war etwas Ungewöhnliches und kam natürlich beim Publikum gut an, für dessen enthusiastische Aufnahme sich das Orpheus Chamber Orchestra mit zwei Zugaben bedankte, einem „Rumänischen Volkstanz“ im typisch rumänischen Rhythmus von Bela Bartók und einer elegischen „Pavane“ von Gabriel Fauré „zum Abschied“.

Hinaus ins Grüne ging es zum Staatsweingut Schloss Wackerbarth in Radebeul in der Nähe von Dresden zu dem jungen, 2007 gegründeten, NOTOS QUARTETT (2.6.), das in der kurzen Zeit seines Bestehens schon zahlreiche Preise und Sonderpreise auf internationaler Ebene gewonnen hat. Es gilt als eine der „herausragenden kammermusikalischen Formationen unserer Zeit“ (Zubin Mehta). In die nüchterne Abfüllhalle mit erstaunlich guter Akustik, unter der der Qualitätswein und Sekt bis zum Abfüllen reift, brachten die vier sehr sympathischen jungen Musiker Enthusiasmus und Musizierfreude mit, sehr gut aufeinander eingespielt bei den Originalkompositionen für die klassische Klavierquartett-Besetzung aus sehr unterschiedlichen Stilepochen. Sie eröffneten den Reigen ziemlich unkonventionell mit dem unterhaltsamen, neoklassizistisch anmutenden „Divertissement“ („Zeitvertreib“) von Jean Françaix, bei dem das Klavier, aber auch die anderen Instrumente Gelegenheit haben, gelegentlich solistisch hervorzutreten, relativ schnell und mit jugendlicher Frische, ausgenommen den getragenen 3. Satz.

Mit der Frische der Jugend und Reife erfahrener Musiker brachten sie auch Wolfgang Amadeus Mozarts freundliches „Klavierquartett Es-Dur (KV 493) und Robert Schumanns einziges „Klavierquartett Es-Dur“ (op. 47) zu Gehör. Standen bei Mozart die pianistischen Qualitäten im Vordergrund, da er selbst ein ausgezeichneter und bewunderter Pianist war und seinerzeit auch als Quartettspieler in Wien Furore machte, hatte bei Schumann der Cellist mit seinem singenden Instrument ähnlich der menschlichen Stimme Gelegenheit für schöne solistische Passagen. Mit virtuoser Brillanz und technischer Perfektion, Ausgeglichenheit und Musikalität und ausgeprägtem Ensemblegeist brachten die vier Musiker jedes Detail der Kompositionen zum Klingen. Was mit Françaix‘ gehobenerem „Salonstück“ begann, wurde mit Fritz Kreislers berühmtestem „Ohrwurm“ „Liebesfreud“ als Zugabe abgerundet – ein vergnüglicher, niveauvoller Abend in recht launiger Atmosphäre mit hervorragenden jungen Musikern.

Noch sehr viel jünger waren die „Musiker“ der DEUTSCHEN STREICHERPHILHARMONIE (DSP), ein 1973 gegründetes, Auswahl-Streichorchester für talentierte junge Streichinstrumentalisten im Alter zwischen 11 bis 19 Jahren aus (fast) allen Bundesländern Deutschlands mit Sitz in Bonn, das bereits zum 2. Mal bei den Festspielen auftrat. Ehemalige Mitglieder spielen inzwischen bei den Wiener und Münchner Philharmonikern, bei der MET und der Sächsischen Staatskapelle. Das Konzert in der Hochschule für Musik (3.6.), bei dem das junge Orchester entsprechend seines breitgefächerten Repertoires eine Auswahl von geeigneten Werken von der Klassik bis zur Moderne gab, wurde geleitet von Wolfgang Hentrich, 1. Konzertmeister der Dresdner Philharmonie und Leiter des Philharmonischen Kammerorchesters, der 2013 die Leitung von Michael Sanderling übernahm.

Solist im „Konzert für Violine und Orchester“ von Joseph Haydn war der österreichische Violinist (und jetzt auch Radiomoderator mit charmanter Stimme) mit iranischen Wurzeln und armenischen und anderen Einflüssen, Emmanuel Tjeknavorian (*1995 in Wien). Ihm waren kurz vor dem Konzert zwei Saiten gerissen und eine Haftschale zersprungen. Da konnte es nur besser werden, und es wurde ein voller Erfolg. Er spielte auf „seiner“ Stradivari, über die er trotz seiner Jugend schon verfügt, mit sehr schönem, warmem Ton, makellos, mit jugendlichem Elan und Temperament, kraftvoll herzhaft, aber auch leicht und locker und geschmeidig und mit sehr schönen Doppelgriffen. Diese Präzision, dieses Filigrane liegt ihm. Es war ein Genuss, ihm zuzuhören, so jung und unverfälscht und ohne Äußerlichkeiten, nur ganz dem Werk gewidmet. Das Publikum honorierte es mit viel Applaus, wofür er sich wiederum mit einem „kleinen Lied“ seines Lieblingskomponisten und „-lehrers“ (wie er sagte), Ludwig van Beethoven bedankte: „Marmotte“ (Murmeltier) (op. 52 Nr. 7) nach Goethes Schwank „Das Jahrmarktsfest von Plundersweilern“, ursprünglich für Singstimme mit Klavierbegleitung, von ihm sehr sanft und „leichtfüßig“ gespielt, mitunter fast mehr angedeutet und mit witzigem Schluss-„Schwänzchen“.

Hentrich verstand es, die jungen Musiker aus den verschiedenen Musikschulen zusammenzuführen und jede aufgeführte Komposition zu einem harmonischen Ganzen zu formen, sei es bei Johann Sebastion Bachs „Brandenburgischem Konzert Nr. 3 G-Dur (BWV 1048), der „Serenade nach schwedischen Volksmelodien“ von Max Bruch, „Vivid“, einer (kleinen), nicht sehr langen, nicht sehr anspruchsvollen, aber sehr eingängigen, melodisch rhythmischen, vor 3 Jahren von Shir Ran Yinon (*1986) für die Deutsche Streicherphilharmonie verfassten Komposition mit Hang zu exotischen Klängen und zum Jazz, oder der „Kammersinfonie (op. 110a) von Dmitri Schostakowitsch (in einer Bearbeitung des 8. Streichquartetts von Rudolf Barschai).

Dafür wechselte die Orchesterbesetzung. Ein junger Musiker mit schon professionellem Können übernahm die Position des 1. Konzertmeisters und damit zahlreiche kleine Soli. Selbst als reines Streichorchester kam Schostakowitschs innere Zerrissenheit in starken Kontrasten zwischen Vehemenz und Wehmut, schönen Klängen, fast bis zur Verklärung, und dramatischer Wucht zum Ausdruck (man denkt gar nicht, wie laut auch ein reines Streichorchester spielen kann). Für den mehr als verdienten Applaus bedankte sich das Orchester mit einer klangschön gespielten Zugabe aus den „Enigma Variationen“ von Edvard Elgar

Ein besonderes Highlight brachten das ORCHESTER DES MARIINSKY-THEATERS & VALRY GERGIEV zu ihrem Konzert im Kulturpalast (5.6.) mit, zwei Poème von Alexander Skrjabin: „Poèm de l’extase (op. 54), nach russischen Geschmack zwischen derb und kraftvoll, monumental und gewaltig ausgeführt, von Blechbläsern und Schlaginstrumenten, aber zuweilen auch poetischen Sequenzen geprägt und technisch perfekt interpretiert, sowie „Prométée. Le Poèm du feu (op. 60), das letztendlich die Ära der Lichtinstallationen und Laser-Shows eingeleitet haben mag. In diesem, 1909/10 komponierten Werk für großbesetztes Orchester, Klavier, Orgel, Chor und Farbenklavier („Lichtklavier“) nimmt Skjabin Bezug auf den antiken Mythos des Prometheus, der den Menschen das Feuer brachte.

Für ihn bestand die Kunst als mystisch-religiöser Ritualvorgang in der Verbindung der sechs verschiedenen Künste – Musik, Wort und plastische Bewegung als dominierende Künste und „Spiel der Düfte, Licht und Malerei als begleitende Künste. Bei „Prométée“ beschränkte er sich auf die Verbindung von Musik und Licht und komponierte zu dem Part des Soloklaviers eine zweistimmige „Luce-Stimme“ („Tastiera per luce“) hinzu, bei der jedem Ton die (von ihm visionär „erkundete“) Farbe des Grundtons einer Tonart zugeordnet ist, für ein eigens dafür konstruiertes und gebautes „Farbenklavier“, zweistimmig, damit die Farben auch gemischt werden können, und notierte es in „mystischen Akkorden“. Das Licht soll zur Intensivierung der Musik beitragen. Auf das Wort verzichtete er und lässt einen vierstimmigen Chor am Ende nur eine Vokalise singen, hier gut realisiert von 12 Mitgliedern vom Chor des Mariinsky Theaters.

Damals war es gewiss eine Sensation, heute ist dieses Zusammenspiel von Klängen und Farbe nichts Ungewöhnliches mehr und in diesem Zusammenhang vor allem historisch interessant. Jetzt möchte man weitergehen und eine direkte Umsetzung der Töne in Farbe gleicher Wellenlänge erleben. So weit ging Skrjabin damals jedoch nicht. Die Uraufführung fand 1911 noch ohne „Lichtstimme“ statt und 1915 mit Farbenorgel und Leinwand über dem Orchester. Jetzt und hier war kein größerer technischer Aufwand erforderlich. In dem neuen Konzertsaal ist alles vorhanden. Die eine Farbe erschien auf dem Orgelprospekt, die andere tauchte das Orchester in unterschiedliches Licht. (Farbenklavier: Danae Dörken, Lichtdesign: Sebastian Marschner, Dramaturgie Farbenklavier: Jens Schubbe). Ohne Partitur bzw. Noten des Farbenklaviers war jedoch kaum etwas über die inneren Zusammenhänge zu erfahren. Vielleicht hätte ein zweiter Pianist die „mystischen Akkorde“ für das Farbenklavier in Töne auf einem zweiten Flügel oder Klavier umsetzen sollen, aber so weit ging Skjabin damals nicht.

Mit großem Aufwand wurde dieses monumentales Werk, monumental geboten, lautstark und in ständiger Ekstase, mit Ilya Rashkovsky am Klavier, der mit großem Kraftaufwand die erste, die „tönende“ Stimme interpretierte und als Zugabe dann sehr sanft die melodiöse „Etüde c‑Moll?“ (op. 2  Nr. 1) von Skrjabin, ein Werk vom Anfang seines kompositorischen Schaffens, noch romantisch und melodiös, ohne Orchester, ohne Farbe, aber keineswegs farblos, bot.

 Als Gegenstück folgte die „Sinfonie Nr. 4 f‑Moll (op. 36) von Peter I. Tschaikowsky, mit ebensolcher Monumentalität und Lautstärke, kraftvoll, sensationell, mit sehr hellem Blechbläserklang (wie auch schon bei Skrjabin), mitunter auch schönen lyrischen Passagen, feinsinnigen Soli der Streicher und bewundernswerten Pizzicati, alles in durchgängiger perfekter Klangeinheit, mit folgerichtigen Steigerungen von Piano bis Fortissimo (fff) in perfektem Zusammenklang, klassisch klar, die Pauke immer mit dem Orchester, von einer inneren Bewegung und Motorik durchdrungen, die sich bis zum überbordenden Schluss aufschaukelte – grandios, aber weniger sensibel. Gergiev betonte die großartigen sinfonischen Aspekte der Sinfonie, weniger Tschaikowskys persönliche Mentalität und Tragik, die unterschwellig in seinen Werken immer mitschwingt. Bei seiner Zugabe aus dem „Feuervogel“ von Igor Strawinsky ging das Orchester den umgekehrten Weg. Es begann monumental und wurde immer sensibler, immer feiner, getragener und versonnen bis zum leise verklingenden Schluss.

Traditionsgemäß gehört auch die Barockmusik zu Dresden und damit zu den Musikfestspielen. Mit dem LA FOLIA BAROCKORCHESTER (6.6.) unter Robin Peter Müller, 1. Konzertmeister und Leiter von der Violine aus und auch Solist in Personalunion, und zwei exquisiten Solisten zog italienisches Flair in die Frauenkirche ein. Das Orchester spielt in unterschiedlichen Besetzungen auf alten Instrumenten mit „authentischem“ Originalklang – nur 17 Musiker (bei der Begleitung der Arien noch weniger ), doch welche Klangfülle bei dem, u. a. mit dem weichen Klang der Blockflöten und dem Echo der Oboen eingangs gespielten „Concerto g‑Moll“ „Per l’Orchestra di Dresda“ (RV 577), das Antonio Vivaldi eigens für die damalige Dresdner Hofkapelle (jetzt Sächsische Staatskapelle) komponierte und etwas später im „Concerto con molti istromento d‑Moll (RV 566), bei dem der 1. Konzertmeister auf seiner Geige wahre musikalische Hexenkünste zeigen konnte, in furiosem Tempo, sehr facettenreich und mit echt barockem Flair.

Während des ganzen Abends war nur einmal ein Nachstimmen der Instrumente erforderlich (wenn auch mitten in der Kantate), was man bei diesem opulenten Schönklang gern in Kauf nahm. Hier hatte historisch orientierte Aufführungspraxis wirklich Sinn. Eine Arie begann später allerdings mit erschreckend lautem Paukenschlag – ein Ausrutscher oder hat die (Un‑)Sitte der Pauken-Überbetonung nun auch schon Eingang in die Alte Musik gefunden?

 Mit den beiden Barockspezialisten Sabina Puértolas, Sopran und Xavier Sabata, Countertenor, ging es in der „Kantate für Sopran, Alt und Orchester“ „Il duello amarosio“ (HWV 82), mit der der junge Georg Friedrich Händel seinerzeit in Rom für Furore sorgte, in ausgiebigen temperamentgeladenen Koloratur-Arien zur Sache im gegenwärtig oft zitierten Geschlechterkampf, der vermutlich damals mehr dem Komponisten Gelegenheit für spannungsreiche, dramatische Dialoge und den Sängern Gelegenheit für ausgiebige Temperamentsausbrüche und technische Raffinessen bot. Beide Sänger beherrschen die Belcanto-Technik so perfekt, dass sie genügend Spielraum für eine ausgiebige, augenzwinkernde Gestaltung haben. Trotz unterschiedlicher Timbres harmonierten ihre Stimmen auch im Duett ideal.

Xavier Sabata verkörperte den leidenschaftlich, bis zur Rücksichtslosigkeit liebenden, und am Ende zur Vernunft bekehrten Schäfer Daliso mit sehr sensibler, warmer, sehr klangvoller und ausdrucksstarker Stimme, sehr langem Atem und perlenden barocken Verzierungen, alles mit Leichtigkeit und auch als Wütender exzellent. Sabina Puértola musste sich mit ihrem etwas herzhafteren Naturell, guter Tiefe und etwas Vibrato und zunächst auch leichter Schärfe in der Höhe, aber viel Expressivität und mit sehr schönen, natürlichen Trillern und perfekter Technik erst freisingen, steigerte sich aber immer weiter in die Darstellung der in keuscher Zurückhaltung sich übenden, in leidenschaftlicher Entrüstung verteidigenden, holden Amaryllis. Die leichte Verkehrung der Charaktere tat dem Ganzen keinen Abbruch, so mühelos, perfekt, klangvoll und mit natürlichen, wie selbstverständlich wirkenden Verzierungen wurde hier gesungen. Ein paar Schritte, ein bisschen Mimik, Ab- und Zuwenden und die Handlung erstand in der Fantasie.

Mit gestochen scharfen Koloraturen „ohne Ende“ ging es niveauvoll weiter mit den eindrucksvollsten Arien aus Händel-Opern. Das Orchester konzentrierte sich mit der „Sinfonia“ auf die stilvolle Überleitung zu einer „Arie der Berenice“ aus der Oper „Scirpione“ und im weiteren die Begleitung der Arien, die von den beiden Sängern, unterstrichen und ergänzt durch ein paar leichte Gesten, und sei es nur ein Blickkontakt, mit viel gebändigtem Temperament, kraftvoller Empörung und sehr schönen getragenen, gefühls- und ausdrucksvollen Arien abwechslungsreich, kurzweilig und in atemberaubendem Tempo aus „Agrippina“, „Ariodante“ und „Rodelinda“ folgten.

Nach so vielen „Liebesduellen“ in Arienform, aber auch Kampfansage an Rivalen um Macht und Thron, näherten sich beide Sänger – nach barocker Manier – singend aus unterschiedlichen Richtungen mitten durch das Publikum aufeinander zu, um gemeinsam mit einem Duett voller Liebe und Zuneigung und drohender Trennung, ganz konform und in Hingabe dieses Feuerwerk der barocken Gesangskunst (leider schon nach zwei Stunden!) in schönster Harmonie zu beenden – atemlose Stille. Man brauchte einige Zeit, um aus der Barockzeit wieder aufzutauchen in die Neuzeit, so sehr war man versunken in diesem „Fest“ des ursprünglichen Belcanto und authentischen Instrumentalklanges, wurde aber mit der fast noch schöneren Wiederholung dieses letzten Duettes „getröstet“. Es war ein außergewöhnliches Konzert, eine „Wiederauferstehung“ barocker Gesangs- und Instrumentalkunst in sehr lebendiger, vitaler Weise.

Nach diesem Ausflug in die Barockmusik näherten sich YO-YO MA & KATHRYN STOTT im Kulturpalast (7.6.) mit ihrem Programm wieder mehr der Bauhauszeit, dem speziellen Motto der diesjährigen Musikfestspiele. Doch zuvor „gestalteten“ junge „Künstlerinnen“ in (trotz Mikro schlecht verständlichen) Worten, etwas Gesang, Klaviermusik und Bewegung in Form zweier junger „Tänzerinnen“, die nacheinander über den Fußboden rollten und drehten und nebenbei auch noch den „Roten Faden“ (als Band) ausrollten, eine der kurzen Performances, die jedes Jahr auch in den Foyers stattfinden und mit denen Intendant Jan Vogler auch jungen Künstlern ein Podium geben möchte, im abgedunkelten Raum „für Clara Schumann zum 100. Todestag“. Nach dem das „Räumkommando“ die Bühne wieder für das eigentliche Konzert vorbereitet hatte, wurde es Licht und die Orgel rot und gelb angestrahlt (gilt in Ostasien symbolisch für Gift).

Yo-Yo Ma und Kathryn Stott betraten forschen Schrittes den Raum und begannen sofort und unspektakulär mit der „Suite italienne“ aus dem Ballett „Pulcinella“ (Bearbeitung: Gregory Piatigorsky) von Ígor Strawinsky, doch welche Qualität! In der guten Akustik des Konzertsaales war jeder, noch so feine, noble, singende Celloton mühelos zu hören und das Klavier sowieso. Sie scheint auch für Kammermusik wie geschaffen, so dass vor allem die Melodik, aber auch die großen musikalischen Linien zur Geltung kamen. Beide Musiker gingen zuweilen individuelle Wege, fanden aber immer wieder zusammen zu schöner Gemeinsamkeit, was ihrer Interpretation eine außergewöhnliche Lebendigkeit verlieh, die auch die „Sonate für Violoncello und Klavier C‑Dur“ (op. 119) von Sergej Prokofjew in ihrer herberen Art sehr plastisch und die „Sonate für Violoncello und Klavier g‑Moll“ (op. 19) von Sergej Rachmaninow mit ihrem Melodienreichtum erstehen ließ. In seiner unaufdringlichen, natürlichen Art (nicht ohne Eleganz) ist Yo-Yo Ma immer ganz von Musik durchdrungen und lässt die Werke in ihrer Unmittelbarkeit für sich sprechen.

Der Abend hätte noch lange so weitergehen können, das begeisterte Publikum hätte gern noch mehr gehört, aber nach einer kurzen, feinen, leisen Zugabe, einer temperamentvollen, motorisch durchwirkten längeren zweiten und schließlich dem „Schwan“ aus dem “Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saëns, von beiden mit äußerster Feinheit vorgetragen, nahm Yo-Yo Ma demonstrativ sein Notenpult und sammelte alle Noten ein, auch die vom Klavier, und Kathryn Scott nahm ihren Klavierhocker, um mit ihm gemeinsam dem Ausgang zuzustreben. Humor haben die beiden eben auch.

Ganz nahe am Bauhaus war im Schauspielhaus (8.6.) „DAS TRIADISCHE BALLETT“ von OSKAR SCHLEMMER, einem Bauhauskünstler, Maler und Choreografen, der mit seinen Ideen und dem,1922 am Landestheater Stuttgart uraufgeführten, Ballett völlig neue Wege des Tanzes beschritt. Das Primäre sind hier die ungewöhnlichen, sehr fantasiereichen, „ausgeflippten“ Kostüme aus allen damals zu Gebote stehenden Materialien: Textil, Kunstsoff, Stahlspiralen, Draht, Glasfiber usw. mit Kugelrock. Klapprock, Scheiben, Spiralen, Plastik-„Muskelpaketen“ u. a., und skurrilen Kopfbedeckungen, kuriosen „Hüten“ und Helmen, deren Fantasie keine Grenzen gesetzt sind, ganz auf (neuartige) Schau gerichtet. Sie sind noch original erhalten, neun davon werden, sorgsam restauriert, in der Neuproduktion (2014), einer Auftragsproduktion der Akademie der Künste (UA: 1977) auf der Bühne wieder verwendet, andere nach vorhandenen Entwürfen genau nachgestaltet (Ulrike Dietrich).

Nur über die Musik, damals live mit Orchester eingespielt, gab es keine zuverlässigen Quellen. Paul Hindemith sollte einst dafür komponieren, aber dazu kam es nicht. Deshalb wurde die Musik für die „Bühnenshow“ jetzt neu und elektronisch von Hans-Joachim Hespos hinzugefügt – mit lang gedehnten Tönen und Klängen aus Geräuschen, „Schnarren“, „Scheppern“, „Grunzen“, „Prusten“, „Wiehern“, um den optischen Eindruck zu untermauern.

Es ist ein ständiges Gewimmel und Gewusel über 80 Minuten auf der Bühne, obwohl sich in den drei Abschnitten „Gelbe Reihe“ – „Rosa Reihe“ – „Schwarze Reihe“ immer nur zwei bis drei Tänzer auf der Bühne bewegen, ein Riesenspaß aus Harlekinade, Clownerie und Paarbeziehungen mit Witz und enormer optischer Wirkung, eine Einheit aus Tanz, Kostüm und viel Fantasie, nicht ohne künstlerischen Anspruch. Wirkt zunächst alles ungewohnt, irritierend, verwirrend, hat es doch Methode. Es folgt dem Gesetz der Form, bietet tänzerische Freiheit und Ausdruckmöglichkeiten, ein Gegenpol zum strengen klassischen Tanz. Jetzt, in der Nachfolge, ist diese Art zur Normalität geworden, damals war es revolutionierend und ist in seiner Art noch immer überzeugend.

In der Rekonstruktion und Choreografie von Gehard Bohner ließ sich das Bayrische Junior Ballett München (Leiter: Ivan Liška) die Sache sehr angelegen sein. Mit bedächtigem Schreiten, graziös gesetzten Füßen, mitunter in „Zeitlupe“, aber auch Sprüngen, Hebe- und anderen Figuren, gelegentlich auch Spitze, kamen die mitunter bewusst plumpen Kostüme trotz aller Skurrilität optimal zur Geltung, und das Ganze entbehrte nicht der Ästhetik, wenn auch einer etwas anderen als gewohnten.

Als quasi Abschluss des klassischen Teils der Musikfestspiele zog im frühbarocken Palais im Großen Garten mit seinem immer noch ruinösen Charme, aber guter Akustik, das BELCEA QUARTETT (10.6.), ein sehr gut eingespieltes Quartett aus mehreren Nationalitäten, Rumänin, Pole, zwei Franzosen, die sich in London zusammenfanden, trotz Vormittagsstunde die sehr zahlreich erschienenen Zuhörer in seinen Bann. Corina Belcea (1. Violine), Axel Schacher (2. Violine), Krysztof Chorzelski (Viola) und Antoine Lederlin (Violoncello) verstehen sich auf Augenhöhe, selbst ohne großen Blickkontakt, aber immer auf gleicher Wellenlänge. Sie hören aufeinander und empfinden gemeinsam, was sie spielen.

Die Primaria bringt mit zuweilen auch etwas energischem, kühlem Strich Frische in den sehr angenehmen, warmen Klang, kann aber auch mit zarter, gefühlvoller Tongebung, je nach Art und Inhalt der Komposition, Tiefe verleihen. Voller Leidenschaft für die Musik pendeln die vier mit ihren Programmen gern zwischen Klassik, Romantik und Moderne und hatten für die Matinee das „Streichquartett d‑Moll (Hob III:76), das „Quintenquartett“ und „G‑Dur (op. 33/5 Hob. III:41) von Joseph Haydn sowie die beiden „Streichquartett Nr. 1“ – „Kreutzersonate“ und Nr. 2 – „Intime Briefe“ von Leoš Janáček gewählt. Sie verstehen auch die sehr feinen Töne, die „im Raum stehen“. Mit der Zugabe, dem hinreißend schön, sehr getragen, sehr fein gespielten, 3. Satz aus dem „Streichquartett Dur“ (op. 135) von Ludwig van Beethoven verabschiedete sich das Quartett und beendete damit den „klassischen“ Teil der Dresdner Musikfestspiele.

Das (offizielle) ABSCHLUSSKONZERT MIT ERIC CLAPTON UND BAND in der Messe Dresden (10.6.) sorgte für eine besondere Überraschung, der Klassiker Jan Vogler spielte auf seinem Cello zusammen mit der Swing-Legende Eric Clapton an der Gitarre Swing, zunächst sich dezent einfühlend, dann in bewundernswerter Gemeinsamkeit, und 4000 Besuchern gerieten in Schwingungen. Damit hat sich der farbenfrohe Kreis einer sehr breitgefächerten Palette von Festspielveranstaltungen von der Romantik im Eröffnungskonzert über Klassik, Barock und Moderne an sehr unterschiedlichen Spielstätten bis zu Blues und Rock, Pop und Jazz geschlossen. Die 43. Dresdner Musikfestspiele werfen bereits ihre Schatten voraus, und die vier Palastkonzerte im Vorfeld, u. a. mit den Berliner Philharmonikern unter Kyrill Petrenko und ein Liederabend mit Renée Flemming und Jewgeni Kissin helfen die Wartezeit bis dahin zu verkürzen.

 

Ingrid Gerk

 

 

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