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Drei Geschichten zum Wiener Opernball In Memoriam Ewa Twaroch, Max Schautzer und Richard Lugner

Drei Geschichten zum Wiener Opernball

In Memoriam Ewa Twaroch, Max Schautzer und Richard Lugner

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Max Schautzer, Eva Twaroch, Dr, Ulrike Messer-Krol damals „Seitenblicke“-Gestalterin. Foto: Andreas Friess

Wenn der Wiener Opernball am Freitag vorbei ist, der Ballsaal in Rekordzeit wieder zu Bühne und zu Zuschauerraum umgebaut , sind die Medien noch immer voll mit Berichten über die anwesenden Gäste, die fehlenden Gäste und die fehlenden Gastgeber in den Logen. Ein Name findet seit den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts immer wieder Erwähnung , Richard Lugner, erfolgreicher Baumeister und umtriebiger Chef der zentral gelegenen Lugner-City, Einkaufszentrum mit Wohlfühlcharakter für den ganzen Bezirk.

Sein überraschendes Ableben im August 2024 hat zumindest heuer die Welt der Empfänge, Soupers, der Galapremieren, der Bälle weniger bunt und beschwingt scheinen lassen. Kritisiert, negiert,  beklascht, geschätzt , sogar verehrt hat er konsequent und, wie es in Wien heißt, ohne Genierer, vor allem den jährlichen Opernball zu seiner Medienbühne umfunktioniert. Vor über dreißig Jahren fing er damit an. Für dieses Jahr konnte er nicht mehr planen . Seine Fans trauern um ihn.

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Max Schautzer, Eva Twaroch. Foto: Andreas Friess

Schon länger von den Bildschirmen und damit aus dem Gedächtnis des Fernsehpublikums verschwunden ist ein anderer Österreicher, der im Jänner 2025 die Showbühne für immer verlassen hat. Er war auch auf dem Wiener Opernball, aber nur ein einziges Mal und das beruflich.1994 wusste er nach dieser arbeitsintensiven Ballnacht nicht wie ihm geschah, soviel Kritik bekam er zu hören. Max Schautzer hatte die Live-Übertragung für den ORF moderiert, die mit vielen neuen Elementen, Zuspielungen, Live—Modeschau und neu gestattetem Product Placement, Sekt und Mozartkugeln, reüssieren wollte. So meinte ein gleich zu Beginn interviewter Feuerwehrmann, am schönsten wäre der Ball, wenn er vorbei sei. Zum ersten Mal war auch die Mitternachtsquadrille, die damals um 1h nachts stattfand, zu sehen. 

  Nachdem viele Mediengrößen entweder abgesagt oder den Termin nicht frei hatten, wurde der in Live- Moderationen erprobte vom Fernsehintendant Wolfgang Lorenz persönlich an seinem Urlaubsort angefragt und engagiert. Man kannte und schätzte einander seit dem Eurovision Song Contest 1979 in Jerusalem. Max Schautzer hat für die ARD über den deutschen Beitrag Dschinghis Khan- Dschingis Khan berichtet. Dieser erreichte den heute unglaublichen vierten Platz. So konnte der Landsmann leichten Herzens das Österreichische Team trösten, das mit HEUTE IN JERUSALEM, gesungen von Ina Simon, Musik Peter Wolff und Text Andre Heller enttäuscht aber gefasst letzter geworden war.

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Eva Twaroch, Dr. Ulrike Messer-Krol -die Autorin dieses Artikels – und Max Schautzer

Die Karriere des gebürtigen Kärntners war geprägt von vielen ikonischen Fernsehsendungen, darunter die legendäre Quizshow „Allein gegen alle“ und die unterhaltsame Reihe „Pleiten, Pech und Pannen“, die er selbst konzipierte. Schautzer moderierte auch beliebte Shows wie das „ARD Wunschkonzert“, „Immer wieder sonntags“ und die ARD-Fernsehlotterie „Ein Platz an der Sonne“. Durch die Tätigkeit in Deutschland hatte er seinen heimatlichen Sprachduktus völlig verloren. Es nützte nichts, dass er während der Sendung immer wieder betonte, wie sehr es ihn freue, einmal wieder in seiner Heimat arbeiten zu können . Was macht ein Deutscher auf dem Opernball, war noch die netteste Kritik der erbosten Zuschauer. Es wurde die meistgesehenen  Sendung des Jahres mit den meisten negativen Anrufen. Max Schautzer erholte sich von dem Schock und setzte seine Karriere in Deutschland fort.

Seine Kollegin an diesem 6. Februar 1994 hatte auch nur einen Auftritt als Ballmoderatorin . Bekannt und geschätzt war sie als Auslandskorrespondentin für den ORF in Paris. In der Metropole an der Seine hatte die Tradition der Opernbälle begonnen, der österreichische Kaiserhof wollte aber kein „unsittliches“ Treiben , vor allem nicht den neuen Modetanz Walzer im neu erbauten Opernhaus. Erst als Johann Strauss mit einem Riesen- Orchester bei diesen Festen Triumpfe feierte, blieb dem Monarchen keine Wahl als dem Drängen des damaligen Direktors Franz von Jauner nachzugeben . An einem Dienstag, am 11. Dezember 1877 , vor fast 150 Jahren war es soweit. Es wurde eine Opern- Soirée gestattet, zugunsten des Pensionsfonds der Hoftheater, eine elegante musikalische Abendunterhaltung, die Damen in großer Toilette, die Herren in Frack. Die Produktion, so hieß der abwechslungsreiche Konzert-Teil, begann, ganz wie heute, um 22 Uhr ,aber nicht mit den Fanfaren zum Einzug des Hofes, die Kaiserloge blieb leer, sondern mit dem Hochzeitsmarsch von Mendelsohn.

Über diese glorreiche Vergangenheit sollte  Eva Twaroch, wunderschön und exquisit gekleidet in einer von Chanel zur Verfügung gestellten Robe im Laufe des Abends berichten. Aber sie, die unerschrocken von den schwierigsten politischen Ereignissen mitten im Geschehen berichten und jederzeit auf Abruf die interessantesten Statements live vor der Kamera ins Mikrophon sprechen konnte, fühlte sich in dem Gewühl und Ballgetriebe nicht wohl. Erleichtert kehrte sie vom glatten Parkett der Wiener Gesellschaft auf das nicht weniger risikoreiche politische Parkett der aktuellen Berichterstattung zurück. Zum Jahresende 2018 hat sie zum Ensetzen aller  dieses für immer verlassen. Sie fehlt allen die sie kannten und liebten.

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Richard Lugner mit Ivana Trump – Ex-Gattin des derzeitigen US-Präsidenten. 

Vor über 30 Jahren war aber die Welt kurzfristig in Ordnung. Österreich war mit großer Zustimmung der Bevölkerung Mitglied der EU geworden, Donald Trump noch lange kein Präsident und seine von ihm geschiedene Frau Ivana der nicht unbedingt heftig akklamierte aber interessante Gast von Richard Lugner.

Sein Debüt als Logenregent mit wechselnder Entourage ,aber immer mit einem Stargast, der allen anderen um Publicity heischenden Besuchern die Show stehlen sollte , verdankt er den zu geringen Mitteln, die das österreichische Fernsehen für Spaß und Tollerei in der Faschingszeit zur Verfügung hatte. 1992 wollte der damalige Fernsehintendant für FS2 Ernst Marboe relativ kurzfristig den Faschingssamstag mit dem besten und fröhlichsten Live-Programm direkt aus den Studios des TV-Zentrums Küniglberg bespielen lassen. Die gesamte Abteilung Unterhaltung rotierte, Idee um Idee wurde geboren, aber etwas fehlte, ein Star. Die Schallplattenfirmen, die gab es damals noch, wurden nachgefragt, Harry Belafonte hatte Zeit und Lust zu kommen, natürlich nicht gratis, ein Sponsor wurde dringend gesucht. Herr Lugner kam ins Gespräch, er hatte immer wieder finanzkräftig Events in seinem vor kurzem eröffnetem Shoppingtempel inszeniert und als einer der ersten erkannt, dass ein Bericht darüber in dem damals höchst erfolgreiche Gesellschaftsmagazin Seitenblicke für alle Beteiligten eine Win Win-Situation ergab. Die Gage für einen US-Star war aber in einer anderen Größenordnung als die Kosten für bunte Abende in Wien , so groß konnte auch die Werbewirkung eines Besuches in der Lugner City nicht sein. Der Opernball fand zwei Tage vorher statt, Herr Belafonte kam etwas früher nach Wien und Gastgeber Richard Lugner lud ihn in seine Loge ein. Damit war er bei jedem Foto, jedem Interview dabei, und es gab in Österreich fast niemanden mehr , der ihn spätestens jetzt nicht kannte.

Da der erfolgreiche Baumeister der früheren Berufsjahre auch ein Marketingprofi war, kaufte er weiterhin jedes Jahr eine Loge , engagierte mehr oder weniger, oft auch sehr erfolgreich einen ab sofort immer weiblichen  Star aus Film oder Fernsehen, stellte ihn in der eigens dafür organisierten Pressekonferenz medienwirksam vor. Auf dem Ball setzte er sie gut sichtbar in die erste Logenreihe , im Opernalltag einer der teuersten Plätze, begleitete die Dame zum TV-Interview und wich zumindest bis Mitternacht nicht mehr von ihrer Seite.

Damit sich die Sache rechnet, war vor dem glamourösen Schauspiel am Wiener Ring am Nachmittag des Vortages der große gemeinsame Auftritt am Wiener Gürtel – vor einem neugierigen und dankbaren Publikum, für das “gemma lugnern” zumindest an diesem Tag fix auf seinem Lebensprogramm stand wie auf dem des Hausherren.

Ulrike Messer-Krol

 

 

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