Filmstart: 18. Januar 2018
DOWNSIZING
USA / 2017
Drehbuch und Regie: Alexander Payne
Mit: Matt Damon, Christoph Waltz, Hong Chau, Udo Kier u.a.
Das Thema ist alt, ob als Märchen vom „Kleinen Däumling“, ob in Jonathan Swifts „Gullivers Reisen“ (wo er entweder winzig im Riesenland oder riesig im Land der Winzlinge ist) – und auf der Filmleinwand wurde schon zahllose Male „geschrumpft“, im Grunde immer nur als albere Lustspielkonstellation.
Dieser Film von Alexander Payne will einmal grundsätzlich mehr. Ein Thema, das Wissenschaft und Sci-Fi (in jeder Form) seit langem beschäftigt. Was tun gegen die Überbevölkerung, die der Mensch (wie so viele andere Dinge auch) einfach nicht in den Griff bekommt? In Flugzeugladungen wurde man im Kino schon auf Mond, Mars und andere Planeten verfrachtet, um menschliche Kolonien zu etablieren. Was wäre, so fragt dieser Film (Payne hat auch das Drehbuch geschrieben), wenn wir die Erde ungleich größer machten, indem wir uns, den Menschen, klein machen? Genau gesagt, 5 Zoll, also etwa 12 cm groß… wie grenzenlos wären auf einmal die Ressourcen?
Anfangs gehört das Ehepaar Paul und Audrey Safranek (Matt Damon und Kristen Wiig) zu jenen schwer arbeitenden Durchschnittsbürgern, die es im „normalen Leben“ zu nichts Ordentlichem bringen können und die mit Bewunderung auf die Mini-Menschen starren, die in ihrer Mini-Welt ein angeblich so luxuriöses Leben führen… Und der Kinobesucher weiß gleich, was den beiden (jedenfalls Paul) erst später klar wird: So ideal wird es nicht sein. Dennoch melden sie sich zum „Downsizing“ an.
Das gibt erst ein paar erschreckende Operationssaal-Szenen – und dann den Schock. Paul ist klein, und er ist allein. Die Gattin hatte den guten Instinkt, in letzter Sekunde zurückzuschrecken und „normal“ zu bleiben. Und man erlebt nun mit Paul, wie es im Wunderland (er hat sich in der Gemeinde „Leasureland“ niedergelassen, die mit glühenden Farben um neue Mitglieder geworben hat) wirklich zugeht. Kein Prachthaus, kein Luxusleben, kein toller Job, keine spektakuläre Freundin. Er arbeitet an Computer und Telefon (dabei wäre er doch Heilpraktiker) und hat eine Wohnung in einem Haus, wo es laut zugeht… Und Matt Damon (der als Durchschnittstyp im Grunde überzeugender ist, als wenn er als Actionheld über die Leinwand düst) lebt – müde, versteinert und hoffnungslos – als Winzling absolut kein besseres Leben…
Payne zeigt, was mit jeder Gesellschaft geschieht – sie wird unterwandert. Ein lautstarker und fröhlicher Christoph Waltz, der das mittlerweile langweilige Geschehen enorm aufmischt, begleitet von Udo Kier, der immer verdächtig aussieht, machen schnell klar, dass die Unterwelt sich auch hier eingefunden hat und dass es immer Menschen gibt, die Geschäfte geradezu wittern. Und wie überall braucht man „niedriges Personal“, das, wie die Putzfrau, von „anderswo“ kommt. In diesem Fall ist eine Vietnamesin, die bei der „Flucht“ in die Mini-Welt ein Bein verloren hat und mit Prothese herumhinkt.
Und was bis dahin eine nachvollziehbare Sozialdystopie war, verwandelt sich nun Schritt für Schritt zur ziemlich penetranten Sozialschnulze, wenn Paul gewissermaßen an der Hand dieser entschlossenen Ngoc Lan (Hong Chau) in die Elends-Unterwelten eintritt, die es natürlich auch hier gibt, und seine soziale Ader entdeckt. Völlig verblüfft bleibt man zurück, wenn die Geschichte (nicht logisch, aber was soll’s, Drehbuchautoren sind in ihren Erfindungen frei) nach Norwegen und in eine Öko-Utopie abtaucht.
Da darf sich Paul dann noch einmal entscheiden – für alle Zeit in eine geschützte Welt „unter der Erde“ im Berg, oder wenigstens als Winzling in der Natur? Nun, nicht, dass man sich als Kinobesucher selbst aufgefordert sähe, hier eine Entscheidung zu treffen. Dazu ist die Sache längst zu weit von jeder Wahrscheinlichkeit entfernt und hat auch ihre Qualität als Denkanstoß verloren…
Renate Wagner