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DORTMUND/ Opernhaus: DIE WALKÜRE. Wiederaufnahme

24.03.2025 | Oper international

Dortmund: „DIE WALKÜRE“ WA – 23.03.2025

 Da ich ungern in fremden Revieren „wildere“ habe ich mir für die drei Tage  des „Ring des Nibelungen“ von Richard Wagner die Eintrittskarten privat besorgt. Jedoch haben meine Besuche noch einen besonderen Grund: erlebte ich letztes Jahr in Bern Stéphanie Müther als ausgezeichnete Siegfried-Brünnhilde und wollte nun die Dame unbedingt  in allen Ring-Partien erleben. Meine Erwartungungen wurden heute mit der schwierigsten aller Brünnhilden nicht nur erfüllt sondern bei weitem übertroffen. Doch nun der Reihe nach. Vor knapp 3 Jahren hatte Peter Konwitschnys Produktion Premiere am Opernhaus Dortmund, zählt jedoch nicht zu seinen besten Taten, wenige eindringliche Szenen wie Todesverkündigung, Siegmunds Tod und erschütternder Abschied Wotans von seinem Sohn oder der Final-Dialog mit seiner Tochter bleiben wohl  dauerhaft in meinem  Gedächtnis haften. Die Einheitsbühne diente als Küchenshow schäbig bei Hunding, in Walhall gestylt als Nobel-Lokalität und schließlich mit Leder-Chrom-Sesseln im dritten Aufzug versehen, als Feuerzauber diente der geschlossene rote Vorhang mit Brünnhilde am linken Bühnenrand dahin gestreckt. Frank Philipp Schlößmann kreierte ebenso die Alltagskleidung und blauen Matrosen-Kleider für die Walküren. Eine nichtssagende  Optik wie man sie aus den meisten Produktionen der Opernwelt seit Jahrzehnten kannte.

Szenisch im Westen nichts Neues erhielten die musikalischen Komponente umso mehr Prätention insbesondere Gabriel Feltz am Pult der Dortmunder Philharmoniker verschenkte akustisch musikalische Wonnen in überreichem Maße. Gewiss kannte ich bisher zuweilen die Umsetzung der Walküren-Partitur dramatischer mehr bombastischer und war wohl gerade deshalb vom mehr oder weniger lyrischen Musizierstil des famosen Dirigenten begeistert, so ungefähr könnte es  zu Lebzeiten des Komponisten geklungen haben? In bester Manier geleitete Feltz sein hervorragend disponiertes Orchester durch die wunderbaren Motive, formte vortreffliche geschlossene musikalische Perspektiven voll Wärme und Sentiment. Bereits zur gewittrigen Einleitung, dem spannungsvoll elektrisierenden Knistern im ersten Aufzug wurde instrumental gewahr, was diese geniale Komposition so reizvoll macht. Aufgelichtete Klänge intimeren Charakters durchwebten die Monologe der Folgeaufzüge, prächtig erklangen die mit Liebe zum Detail isolierten überschäumenden Formationen. In großartigen wundervollen Couleurs wurden die innigen mit eruptiven, jedoch keineswegs fortelastigen Passagen kontrastiert, zudem erwies sich Gabriel Feltz als sensibler kongenialer Sänger-Begleiter.

Derart umsichtig auf Klangwogen getragen durften sich die Sängerinnen und Sänger auf wunderbare Weise entfalten. Als Naturbursche kam Viktor Antipenko daher, zeigte sich als  optimal höhenstabiler und darstellerisch präsenter Siegmund, schenkte der Partie wunderbare Legatobögen, dem ansprechenden Timbre lyrische Tongebungen mit teils erregtem Vibrato sowie obertonreiche Höhen in strahlendem Silberglanz. Anmutig und intensiv verkörperte Barbara Senator die tiefempfindende Wissende konnte jedoch mit ihrem zwar mitansprechendem,  jedoch wenig voluminösen Sopran vokal nicht überzeugen. Desgleichen vermochte  Denis Velev mit seinem metallisch-hohen Bass als Hunding stimmlich nicht einlösen, was die Optik versprach.

In bewundernswerter Bravour sang Stéphanie Müther die anspruchsvolle Brünnhilde, nach den strahlend hellen Hojotoho-Rufen wurde man den vorzüglichen Attributen dieser herrlichen Stimme gewahr. Ihr zunächst lyrisch, ja mädchenhaft anmutender Sopran erhob sich ausdrucksstark allmählich zum dramatischem Aufblühen in silberglänzende Höhen. Der Todesverkündigung schenkte Frau Müther den warmtönenden Mittelbereich, kontrastreich in herrlichen Schattierungen floss ihr farbenreiches Material dahin, ganz auf großem Atem und vokal prächtig dosiert erklang die Rechtfertigung: Der diese Liebe mir ins Herz gehaucht, dem Willen, der dem Wälsung mich gesellt, ihm innig vertraut, trotz´ ich deinem Gebot ließen mir wonnige Schauer über den Rücken rieseln. Bravo!

Tomasz Konieczny präsentierte den Göttervater Wotan und ließ sich zuweilen zu weniger melodischem Sprechgesang verleiten, also Meriten welche er bereits während seines ehemaligen Engagements am NT Mannheim inne hatte und erneut negativ zum Einsatz brachte. Danach erlebte ich den inzwischen seit Jahren international renommierten Bassbariton in diversen prägnanten Partien und auch heute verstand es der außergewöhnliche Sänger-Darsteller sein metallisch-kräftiges Material während der immensen Monologe zu bündeln, vermittelte in glaubwürdiger Charakterisierung einen bewegenden Abschied. Jedoch aller genannten Vorzüge zum Trotz, störten mich weniger ansprechende Momente in Deklamation und Intonation.

Ganz Dame im grauen Kostüm mit Ledermantel sowie dem unvermeidlichen Aktenkoffer führte Kai Rüütel-Pajula als Fricka mit hohen Mezzosoprantönen ihre weiblich-uneinsichtigen Argumente ins Geschehen, vor denen Wotan schließlich verzagt machtlos kapitulieren musste. Kindlich hüpfend in ihren Matrosenkleidchen vernahm man  vokal die sehr schön harmonierenden Stimmen von Tanja Christine Kuhn, Vera Fischer, Natascha Valentin, Maria Hiefinger, Sooyeon Lee, Ruth Katharina Peeck, Kai Rüütel-Pajula, Edvina Ustaoglu als Walküren-Oktett.

Das Publikum war begeistert und feierte alle Beteiligten mit Bravos und zehn Minuten prasselndem Beifall.

Noch eine lustige Begebenheit am Rande: der Taxifahrer am Hbf. wußte nicht wo sich das Opernhaus befand (im Leitsystem Dortmunds als „Stadttheater“ deklariert!) und brachte uns zunächst zum Konzerthaus. Das Fußball-Stadion hätte er wohl blind gefunden!

 

Gerhard Hoffmann

 

 

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