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DORTMUND/ Opernhaus: DAS LAND DES LÄCHELNS. Premiere

Publikumsfreundlich

13.01.2019 | Operette/Musical


Martin Piskorski (Sou Chong), Irina Simmes (Lisa). Foto: Björn Hickmann

Dortmund Opernhaus –  Lehár „Das Land des Lächelns“  publikumsfreundlich

 Premiere 12. Januar 2019

 Als romantisch wurden im 19. Jahrhundert von ihren Schöpfern, wie etwa von  Schubert,  Marschner,  Weber und Wagner, solche Opern bezeichnet, in denen aussermenschliche, geisterhafte Personen oder Begebenheiten vorkommen. In diesen Zusammenhang paßt nicht die Bezeichnung Romantische Operette, die Franz Lehár seinem „Land des Lächelns“  auf ein Libretto von Ludwig Herzer und Fritz Löhner-Beda nach einer Vorlage von Victor Léon gegeben hat. Zeigt sie  doch ganz diesseitig durch die hoffnungslose Liebe zweier Paare, daß  auch im Jahre 1912 Wiener nur nach Wien und Chinesen nur nach China passten. Unter dem Titel Die gelbe Jacke  (deren Verleihung war Zeichen kaiserlicher Hochachtung) war die Operette 1923  in Wien  wegen der Lüge des happy ends  (so Lehár) ein Mißerfolg.  Um von der Operette zur Oper aufzusteigen (ebenfalls Lehár) bekam Das Land des Lächelns“ einen rührseligen Schluß   – daher  auch wohl die Bezeichnung romantisch. Damit wurde sie überhaupt und jetzt auch bei der Premiere am Opernhaus Dortmund  am vergangenen Samstag in opulentem Rahmen zu einem grossen Erfolg.

Dieser opulente Rahmen entsprach völlig den traditionellen Erwartungen und zeigte sich vor allem im Bühnenbild von Toto. Fast Revue-artig sah man entweder zwei nach beiden Seiten geschwungene Treppen oder eine gerade Treppe in der Mitte – dank der Drehbühne war schneller Wechsel möglich. Den Hintergrund bildeten für Wien springende Pferde,  Lippizanern ähnlich – Lisa kommt ja gerade von einem Turniersieg.  Für Peking sah man hinten vor  Lampions einen riesigen  Gong zuerst Drachen, dann chinesische Philosophen zeigend, zum Schluß vergittert als Zeichen daß Lisa und Gustl nunmehr Gefangene sind. In einer Anwandlung von Milde ähnlich Bassa Selim  läßt Sou-Chong  die Wiener dann ja alle ziehen..

Auch  die Kostüme – ebenfalls von Toto  –  waren eine Freude für die Augen der Zuschauer. In Wien trug man natürlich Frack und Abendkleid, in Peking war man  chinesisch gekleidet, so wie es wohl den Vorstellungen der Entstehungszeit der Operette entsprach. Extravagant und fast einziger erheiternder Teil der Aufführung waren die Kostüme der vier Frauen, die Prinz Sou-Chong  auf Befehl seines Oheims (ohne grosse bedrohliche Ausstrahlung Hiroyuki Inoue) heiraten soll.

In diesem Rahmen ließ Regisseur Thomas Enzinger  Liebesbeziehungen und politische Machtdemonstration ebenfalls wie gewohnt aber ohne übertriebene Gefühlsduselei sich entwickeln. Die Handlung verdoppelten von  der Ouvertüre bis zum Schluß  passend zur jeweiligen Musik  entweder zwei Tänzer gekleidet wie  Sou-Chong und Lisa oder als Gegensatz drei weitere verkleidet als Chinesen (Choreografie Evamaria Mayer)

Gegliedert war die Handlung so, daß bis zur Pause gezeigt wurden  heitere Szenen wie das Duett Freunderl ,mach`Dir nichts draus,   Beginn und Bekenntnis der Liebe von Lisa und Sou-Chong  etwa Bei einem Tee à deux, auch die grossen Chorszenen  (Opernchor in der Einstudierung von Fabio Mancini) bis zur Verleihung der gelben Jacke in Peking. Danach folgte  mehr  die individuelle  Darstellung der Unmöglichkeit der  Liebe  und des schmerzlichen Abschieds der beiden so unterschiedlichen  Paare, nämlich  Lisa und Sou-Chong sowie Mi und Gustl. .

Sängerisch ist bekanntlich Prinz Sou-Chong die Hauptpartie. Hier gelang es Martin Piskorski  durch sein etwas baritonal klingendes Tenortimbre, das für mittlere und tiefe Stimmlage sehr  passend war, mit den bekannten Ohrwürmern das Publikum zu begeistern. Dies galt auch für p-Stellen, etwa wenn Lehár bei doch niemals zeigen sein wahres Gesicht vorschreibt geflüstert. Beim Super-Hit Dein ist mein ganzes Herz gefiel vor allem das da-capo nur von Streichern und Harfe begleitet, da er da bei weniger starkem Orchester besser  den Spitzenton Applaus hervorrufend singen konnte.

Irina Simmes als seine geliebte Lisa verfügte uber einen hellen bestens geführten Sopran und traf exakt Spitzentöne. Sie machte sängerisch und darstellerisch den Unterschied zwischen der verwöhnten aber gelangweilten Tochter aus reichem Hause ihres Auftrittslieds Flirten ein bißchen flirten und der enttäuschten Liebenden zum Schluß alles vorbei nachvollziehbar. Da beide, sie und ihr geliebter Sou-Chong, auch die Vokalisen perfekt beherrschten und dabei noch gut aussahen waren sie für das Publikum ein ideales Operettenpaar.


Fritz Steinbacher (Gustl), Anna Sohn (Mi). Foto: Björn Hickmann

Das galt auch für das zweite Paar. Anna Sohn als Sou-Chongs Schwester Mi  zeigte ebenfalls die Entwicklung von der kecken Kritikerin männlich-überheblicher  Ehesitten Stricken waschen kochen und dann wieder in die Wochen  bis zur zur Reminiszenz  Wie rasch verwelkte doch. Hier erinnert sie sich an das Liebesduett Meine Liebe Deine Liebe. Diesen Hit sangen gute Laune verbreitend sie und ihr für  kurze Zeit geliebter Gustl – mit helltimbrierten Tenor Fritz Steinbacher. Der  hatte ihr vorher so gefühlvoll mit Du bist so lieb Du bist so schön aber auch mit  mitgebrachter Sachertorte  den Kopf verdreht.

GMD Gabriel Feltz hatte selbst die musikalische Leitung  der Premiere übernommen, wohl um seine Begeisterung  für das Stück, insbesondere  für Lehárs kunstvolle Instrumentation und Harmonik zu beweisen. Gleich in der Ouvertüre machte  er mit den Dortmunder Philharmonikern  den musikalische Gegensatz zwischen langsamen und schnelleren  Wiener Walzerklängen  auf der einen Seite und  gegensätzlich den besonders dank  Pauke und Klopfen auf Holz fast immer genau  rhythmisch pointierten fernöstlichen Klängen deutlich.  Chinesische geheimnisvolle Stimmung dank meisterhafter Harmonik und Instrumentation wurden hörbar. Als Beispiel sei genannt das Vorspiel zum Auftritt Sou-Chongs im Peking-Akt. Die Sänger begleitete er rücksichtsvoll, auch in den von Lehár gewünschten Rubati.  Das hohe Niveau des Orchesters zeigte sich wie immer in den Soli, etwa der Solo-Violine für Liebes -freud und -leid aber etwa auch beispielhaft der Flöten als Oberstimme musikalischer chinesischer Exotik.

Zum traurigen Schluß blieb wie üblich Sou-Chong allein zurück, aber nicht ganz allein, Lisa war hinten auf der Bühne noch zu sehen, obwohl sie ja ins geliebte Wien abgereist sein sollte.

Da brauchte das Publikum im ausverkauften Opernhaus  einen Moment der Besinnung, bis grosser Beifall mit Bravos einsetzte, besonders für die beiden Hauptdarsteller und den Dirigenten samt Orchester, aber auch für das Leitungsteam  – Applaus irgendwann dann auch im Stehen. Dankenswerter Weise konnte das Publikum die Texte der Lieder in Übertiteln verfolgen – nicht häufig bei Operetten.

Sigi Brockmann 14. Januar 2019

 

 

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