Dortmund Konzerthaus Marek Janowski dirigiert wieder die Philharmoniker
14. Februar 2017 – Beethoven und Schubert – zweimal die Achte
Foto A. Schürer/Dortmunder Philharmoniker
Vor Beginn seiner internationalen Karriere war Marek Janowski von 1975 bis 1979 Generalmusikdirektor am Opernhaus Dortmund, wo damals auch die Konzerte der Dortmunder Philharmoniker stattfanden. Obwohl er seinen Vertrag vorzeitig löste, bleibt vielen Musikfreunden sein Wirken unvergessen. Als Nachfolger von Wilhelm Schüchter setzte er als „junger Mann“ im Konzertbereich dessen Schwerpunkt zwischen Mozart – gleich in seinem ersten Konzert – über die deutsche Klassik und Romantik bis zu Gustav Mahler fort, führte aber auch damals ganz moderne Kompositionen wie etwa von Ligeti oder Charles Ives auf. Opernfreunden unvergessen sind seine Opern- Dirigate, schon damals besonders von Wagner, genannt sei die Fortsetzung und Vollendung des von Wilhelm Schüchter begonnenen „Rings“, der „Meistersinger“ und des „Parsifal“ – hier sang Waltraud Meier nach meiner Erinnerung ihre erste Kundry. Höhepunkt war für den Verfasser die Aufführung der „Frau ohne Schatten“ von Richard Strauss hinreissend musiziert und gesungen in den wunderbar poetischen Bühnenbildern von Hans Schavernoch. Seitdem wurde diese Oper in Dortmund nicht mehr aufgeführt!
Beide diese eher heiter-beschwingten oder sogar festlichen Sinfonien dirigierte Marek Janowski auswendig. Umso umsichtiger konnte er dadurch mit teils knapper, immer exakter Zeichengebung das musikalische Geschehen leiten. Dynamische Höhepunkte und passende Ritardandi steuerte er dann mit ausführlicheren Bewegungen an, ohne in effektheischendes Herumhampeln zu verfallen. Das hat ein meisterlicher Dirigent alter Schule nicht nötig!
Das zeigte sich gleich bei der 8. Sinfonie in F-Dur op.93 von Ludwig van Beethoven. Zu Beginn des ersten Satzes wurden die grossen dynamischen Unterschiede deutlich, die Violinen spielten bei der Überleitung zum zweiten Thema exakt die punktierten Sechzehntel. In der Durchführung hob er die starken Akkorde auf den normalerweise unbetonten Taktteilen kontrastierend hervor. Zu Beginn der Coda wurde das kurze Klarinetten-Solo vollendet gespielt vom Solo-Klarinettisten Wilfried Roth-Schmidt, der schon in Janowskis Dortmunder GMD – Zeit Mitglied des Orchesters wurde. Ebenso spielten von damals bis heute Roman Nowicki am ersten und Lore Militzer am weiteren Bratschen-Pult mit. Von seinen CD-Aufnahmen und zuletzt vom „Ring“ in Bayreuth wissen wir, daß Marek Janowski manchmal schnelle Tempi liebt, das zeigte er hier im zweiten Satz „Allegretto scherzando“ mit dem an das Ticken einer Uhr erinnernden Staccato der Bläser und dem kecken Motiv der ersten Geigen. Der Satz schnurrte ganz humorvoll vorbei. Das nach dem Muster klassischer Vorbilder (Josef Haydn) gestaltete „Tempo di Menuetto“ (an Stelle des sonst bei Beethoven üblichen Scherzos) kam humorvoll-grimmig daher, besonders wegen der wiederum stark betonten Akzente auf unbetonten Taktteilen. Im lyrisch-tänzerischen Mittelteil gestalteten Solo-Klarinette und Hörner zarte Romantik. Diese Idyll wurde durch die deutlich hörbare Begleitung durch Celli mit Staccato-Achtel-Triolen relativiert. Mit ganz schnellem Tempo und starken dynamischen Gegensätzen in den Akkord-Ballungen wurde trotz des ruhigeren zweiten Themas der fast etwas derbe Charakter des letzten Satzes deutlich
Die „grosse“ Symphonie in C-Dur von Franz Schubert, nach heutiger Zählung seine achte, ist nun ganz verschieden von der knappen, konzentrierten Schreibweise Beethovens. Hier konnte Janowski die harmonischen Kühnheiten und dynamischen Entwicklungen, mit denen Schubert seine gesanglichen Themen begleitet, weiträumig disponieren – man erinnert sich an seine Bruckner-Aufnahmen. So nahm er etwa im ersten Satz bei der Wiederholung der Reprise ein etwas schnelleres Tempo als am Anfang oder ließ das einleitende so romantisch geblasene Hornmotiv zum festlichen Schluß besonders nachdrücklich erklingen. Im zweiten Satz erfreute die Solo-Oboistin Birgit Welpmann mit dem gesanglichen Tanzthema. Ganz großartig gelang der Übergang vom fff-Akkord zum pp vor dem ruhigeren Mitteilteil. Ebenso ging es im Scherzo vom schnell gespielten stampfenden Hauptmotiv zum erfreulicherweise in passendem Walzer-Tempo gespielten Mittelteil. Auch im Schlußsatz wurde gleich nach dem fanfarenartigen Beginn der abrupte Übergang zum Staccato-Streicher-Thema dynamisch herausgehoben. Im Verlauf dieses wiederum sehr rasch gespielten „Allegro vivace“ sorgten die Streicher, besonders die Violinen, mit dem exakt gespielten sich ewig wiederholenden Vier-Achtel-Motiv und den punktierten Sechzehnteln sehr hörbar für Gegensatz zu den gewaltigen Bläser-Melodien.
Nach der nochmals grossen Steigerung zum strahlenden C-Dur-Schluß reagierten die Zuhörer im ausverkauften Konzerthaus erwartungsgemäß mit grossem Applaus und vielen Bravos. Dem Augenschein nach zu urteilen waren auch darunter viele, die Marek Janowski noch als Dortmunder GMD hatten-.
Vom Programm her nicht ganz verständlich wurde das Konzert unter das Motto „schaffens_kraft“ gestellt. Die ist Marek Janowski für seine nächsten grossen Pläne, so wieder den diesjährigen „Ring“ in Bayreuth, zu wünschen..
Sigi Brockmann 15. Februar 2017