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Doppel-CD „KARAJAN STEIGT INS TAXI“ – 44 Musiker-Anekdoten, hin- und hergerichtet von Joseph Berlinger

Vergnüglich-Anzügliches u.a. von, mit und über Leo Slezak, Maria Callas, John Cage, Christoph Willibald Gluck, Edith Piaf, Lortzing, Brahms, Popper und Lale Andersen

18.12.2021 | cd

Doppel-CD „KARAJAN STEIGT INS TAXI“ – 44 Musiker-Anekdoten, hin- und hergerichtet von Joseph Berlinger

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Vergnüglich-Anzügliches u.a. von, mit und über Leo Slezak, Maria Callas, John Cage, Christoph Willibald Gluck, Edith Piaf, Lortzing, Brahms, Popper und Lale Andersen

 

Weltberühmter österreichischer Dirigent. Tut es mit geschlossenen Augen. Vor Beginn der Oper hat es geregnet. Jetzt eine halbe Stunde nach Ende der Oper regnet es noch immer. Karajan steigt ins Taxi. Fahrer: Ist der Herr Direktor nass geworden? K: ich bin nicht so zimperlich, wie sie glauben. F: Darf ich Sie was Intimes fragen, Herr Direktor? Glauben Sie an die Wiederauferstehung? K: Natürlich glaube ich an die Wiederauferstehung. Ein Geist wie meiner kann doch nicht untergehen. F: Ach, jetzt habe ich Sie vergessen zu fragen. Wo soll‘s denn hingeh‘n, Herr Direktor? K: ungeduldig: Fahren Sie. Egal wohin! ich dirigiere überall.“ 

 

Und wenn es nicht wahr ist, so ist es gut erfunden. Bei der Anekdote geht es bekanntermaßen primär um situativen Humor und wohl auch spöttisch auf die Schaufel genommene schräge Charaktereigenschaften der uns so lieben, ja der allerhehrsten Bühnenmagier. Von Management, PR, Publikum und Hochglanzmedien auf einsam felsige Podeste gehoben, drohen die so Geglätteten oft in olympischer Unerreichbarkeit zu erstarren. Gäbe es nicht diese sie auf ein menschliches Maß zurückführenden Geschichten. Denn natürlich waren selbst die größten Stars Menschen mit ihren Fehlern und Unzulänglichkeiten, Eitelkeiten und bei manchen bis ans Lächerliche grenzenden Selbstbesoffenheit. 

 

Der Wert dieser Geschichterln aus Neben- oder Hauptschauplätzen der Göttlichen mit einem Funken Wahrheit, der die sie fehlbar-fassbarer und so auch sympathischer macht, steigt mit der Popularität der Angebeteten. 

 

Warum Musik Anekdoten, könnte einer fragen ? Weil die Musik doch die schönste aller Künste ist. „Und wer sie komponiert, interpretiert, rezensiert und rezipiert, wer sie spielt, wer sie singt, wer sie genießt, wen sie verstört, setzt sich allerlei Spott aus.“

 

Und so hat Joseph Berlinger 44 seiner Lieblings-Anekdoten in einem Skript verewigt, sie – wo opportun – umgedichtet, neu erzählt und allesamt inszeniert. Von einer Schar an erstklassigen Mimen ließ er sie akustisch für dieses Hörbuch realisieren. Der Erzähler Igor Jussim mit dem unnachahmlichen russischen Akzent, (Komponist klingt da natürlich wie Kampanjist) sowie Undine Scheider, Eva Sixt, Heike Ternes, Fritz Barth, Martin Hofer, Georg Lorenz und Heinz Müller sorgen für amüsante zweieinhalb Stunden an Anekdoten, Gedanken darüber, was eine solche eigentlich sein soll und kleinen Witzen. Kurzweiligkeit garantiert. Freilich gibt es auch gut platziert Musik dazu eingestreut.

 

Meine Lieblingsgeschichte „Mozart will ein Busserl von Stanzerl“ mit einer deftig bayerisch nörgelnden Konstanze, einem komatös schlaftrunkenen Wolferl und ständigen Hahnengekrähe geht so:  

 

„Im Landhaus der Familie Duschek in Prag. Konstanze würde ihren Gatten noch gern weiter schlafen lassen aber da gibt es ein Problem. K: Wolferl, Wolferl aufwachen! Heute Abend ist die Uraufführung vom Don Giovanni. W: Da gemma hin. Da gemma hin, Depp. Wolferl, dei Ouvertüre ist no net fertig. Auf geht‘s, komponieren! M: Die hob ich do schon gestern Abend g‘schriebn. K: Pfeifendeckel hast geschrieben. Zum Billardspielen bist gangen. W: Joo, lass uns Billard spielen. K: Wiest ham kommen bist, hab ich Dir an Punsch kochen müssen. Und hab dir versprechen müssen, dass i aufbleib‘ mit Dir. W: Was hob i? K: Dann hast du an der Ouvertüre weiterg‘schrieben und ich hab dir dabei  1000 und ane Nacht vorgelesen W: Bussi. K: Und Aschenputtel hab ich dir a vorgelesen. Und jedes Mal, wenn ich aufgehört hob zu lesen, bist du wieder eingeschlafen. W: Heftiges Schnarchgeräusch. K: Wolferl! W: Vorgelesen! K: Und dann hab ich dir wieder vorgelesen und du bist wieder aufgewacht. W: Aufgewacht! K: Und dann bist wieder eingeschlafen, und dann hab ich gesagt: Geh leck‘ mi do am Orsch, hab ich gesagt, und hab di schlafen lassen. Zwa Stunden und jetzt ist es Fünfe, und wann du jetzt net aufstehst und weiterkomponierst, dann schütt‘ ich Dir den Punsch über den Kopf. 

 

Zwei Stunden später und die Ouvertüre war fertig, Und die Kopisten hatten noch zwölf Stunden Zeit, um für alle Musiker die Orchesternoten abzuschreiben.“

 

Aber auch Richard Wagner bekommt sein Fett ab.

 

Zwei Zuschauerinnen in einer Lohengrin-Pause. 1: Wagner wird überschätzt, weit überschätzt, weltweit: 2. Jetzt krieg‘ dich wieder ein. 1: Wagner, sagte Rossini, Wagner hatte einige gute Momente, aber auch einige fürchterliche Viertelstunden. – Gekicher – 2: Ist doch kein schlechter Schnitt! 1: Ah, schau mal, im Programmheft steht auch noch ein Spruch von Baudelaire. 2: Noch so ein Neider! 1: Hör zu: Ich liebe Wagner, aber noch mehr mag ich das Geräusch, das eine  eine Katze von sich gibt, wenn man sie am Schwanz aus dem Fenster hält und sie versucht, sich mit ihren Krallen am Glas festzuhalten. 2: Nein…

 

1: Schon Wagners frühe Opern waren ein Desaster. Bei der Premiere vom „Liebesverbot“ haben die Sänger ihre Partien nicht beherrscht, das Orchester hat völlig falsch gespielt und die Primadonna hatte Stress mit ihrem Mann. Der saß im Zuschauerraum und als er mit ansehen musste, wie seine Frau vom liebestollen Tenor beturtelt wird, sprang er auf die Bühne und versetzte dem Sänger einen Fausthieb. 

 

1: Hör mal, was Clara Schumann über ihn notiert hat: „Ein Mensch der nie aufhört, von sich zu sprechen, höchst arrogant ist, und fortwährend in einem weinerlichen Tone lacht.“

2: Wer Hunde liebt, der kann kein schlechter Mensch sein. 1: Unsinn. 2: Mit Hunden hat Wagner seine schönste Stunden. 1: Fangst du jetzt auch noch zu dichten an? 2: Wagner hat seinen Hunden alles vorgespielt und alles vorgesungen, was er komponiert hat. Sein Zwergspaniel Peps zum Beispiel hat ihm beim Tannhäuser maßgeblich geholfen. Wenn Peps E-Dur gehört hat, hat sich jede Faser seines kleinen Körpers entspannt. Bei Es-Dur dagegen hat er nur ein wenig schläfrig mit dem Schwanz gewedelt. 2: Und was hat das beim Komponieren geholfen. 1: Mit E-Dur hat Wagner die sinnliche Liebe erklingen lassen. 2: Und bei Es-Dur? Die göttliche Liebe.

 

 Finden auch Sie Ihre Lieblingsposse. Die Auswahl aus 44 Titeln ist groß und reicht von “Musikstudenten haben einen schlechten Ruf” über “Florence Jenkins sorgt sich um einen Ton” bis zu “Karl Böhm kommt schwer in die Hose”. 

 

Vielleicht bringt Ihnen diese Produktion, die sicher für die beteiligten Künstlerinnen und Künstler ein kleiner Lichtblick in der großen Corona-Falle 2020/2021 war, ja ein wenig Abwechslung und Vergessen von den täglichen nun Omikron-Hiobsbotschaften.

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

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