Ab 19. November 2015 in den österreichischen Kinos
DIE TRIBUTE VON PANEM – MOCKINGJAY TEIL 2
The Hunger Games: Mockingjay – Part 2
USA / 2015
Regie: Francis Lawrence
Mit: Jennifer Lawrence, Josh Hutcherson, Liam Hemsworth, Donald Sutherland, Julianne Moore, Philip Seymour Hoffman u.a.
Wenn es gilt, mehrteilige Romane zu verfilmen, die sich nach und nach (oder auch gleich) als Kassenknüller erweisen, greifen die Produzenten gern zu dem Trick, den letzten Teil zu verdoppeln, um noch ein bisschen mehr aus dem Gebotenen herauszuquetschen. Das war bei „Harry Potter“ so, das ist jetzt wieder bei „Die Tribute von Panem“ der Fall, die auf der Roman-Trilogie der amerikanischen Autorin Suzanne Collins (im Original: „The Hunger Games“) basieren.
Seit 2012 gibt es jedes Jahr einen Film (damit wurde übrigens Jennifer Lawrence zum Star), und der nunmehrige beendet die Geschichte. Mit genauer politischer Nutzanweisung, die einem jugendlichen Publikum nahe legt, sich ihre Regierenden genau anzusehen… Freilich, mit Pfeil und Bogen gegen die „Bösen“ anzugehen, wie es die Heldin Katniss Everdeen tut, das fällt ja wohl doch in den Bereich von Literatur und Kino.
Interessant, dass dieser letzte Film ohne irgendwelche Rückblicke und Erklärungen in die Handlung stürzt: Man geht davon aus, dass es hier keine naiven, vom Inhalt her „unbeleckten“ Einsteiger im Kinopublikum gibt. Lang ist es her, dass in einer eisern reglementierten Gesellschaft der Zukunft junge Menschen wie in einer Art moderner Gladiatorenspiele gegen einander gehetzt wurden und sich aus dieser Schar der Unglücklichen die Hauptpersonen herauskristallisierten: Katniss Everdeen (und ihre Mutter und ihre Schwester), die beiden jungen Männer, die sie lieben, Peeta und Gale, und eine weitere Handvoll, die nach und nach begreifen, dass man in dieser Welt nicht leben will und dass man folglich etwas dazu tun muss.
Mittlerweile ist es so weit, dass Katniss in dieser Welt von 13 „Distrikten“, die vom bösen Präsident Snow (immer glänzend in seiner triefenden Ironie: Donald Sutherland) vom „Kapitol“ aus diktatorisch in Angst und Schrecken gehalten wird, das Gesicht des doch schon sehr starken Widerstandes ist, an dessen Spitze die undurchsichtige Alma Coin steht (Julianne Moore mit glattem Grauhaar als nicht sehr sympathisch Diplomatin).
Jennifer Lawrence ist in den Jahren seit dem ersten Film tatsächlich vom jungen Mädchen zur jungen Frau gereift, und das wohl auch in der Realität: Sie steht nun unverrückbar fest und auch überzeugend in der Rolle, hat das Charisma einer Persönlichkeit, auf die andere hören. Das Geschehen konzentriert sich stark auf sie, was gut ist, bloß für die anderen bedeutet, dass sie im Hintergrund bleiben müssen, wenn sie nicht irgendwie (Natalie Dormer mit einer unübersehbar wüsten Frisur zum Beispiel) auf sich aufmerksam machen können.
Die Handlung des schon wieder überlangen Films (zweieinviertel Stunden) läuft auf zwei Ebenen. Man hat Katniss quasi als Köder ihren Ex-Geliebten Peeta (Josh Hutcherson) zurückgegeben, der allerdings vom Kapitol gänzlich Gehirn gewaschen wurde und sie nun als Feindin betrachtet (das ist vielleicht ein langer Weg zum Happyend!). Und im übrigen führt Katniss eine tapfere Schar gewissermaßen zu letzten Gefecht des Widerstandes, was in diesem Fall eine Menge spannender Szenen bietet (und irgendwo in Untergrundschächten auch weiße Monster à la Gollum gebiert – die Art von Film war es ja ursprünglich nicht?). Dazu hat man (Drehort Babelsberg) auch einige überaus eindrucksvolle Schauplätze gefunden (monumentale DDR-Diktaturen-Bauwerke), die eine bedrohliche Szenerie abgeben. Wie ein Militärstaat seine Untertanen verfolgt und unterdrückt, bekommt man immer wieder zu schmecken.
Dass die Geschichte sich außerdem ideologisch verwirrt, ist ihre Stärke, denn hier soll man lernen, nicht alles zu glauben, was man von der Propaganda hört. Es ist auch gut, die Welt nicht in Gut und Böse aufzuteilen (wenn’s am Ende gar zweimal „Böse“ sind – hier Assad, dort IS, um ein aktuelles Beispiel zu geben). Da kann das Finale nur eine hart überraschende Wende bieten, bevor unsere jungen Leute sich ins Privatleben zurückziehen dürfen. Das nur ein glückliches ist, wenn die Politik nicht eingreift…
Sind die „Tribute von Panem“ (die letzten drei inszenierte Francis Lawrence, nicht mit der Hauptdarstellerin verwandt) immer überzeugender geworden, weil man sich einfach als Zuschauer an diese Welt gewöhnt hat (es blieben auch die Darsteller immer gleich, darunter auch Liam Hemsworth, der als Bewerber um die Gunst Katniss ab dankt, als er eine andere heiratet), Woody Harrelson oder letzte Auftritte von Philip Seymour Hoffman) – oder hat die Story an Überzeugungskraft gewonnen?
Eines ist sicher: Diese Dystopie (das ist, im Gegensatz zur positiven Utopie, ein erschreckender Blick in die Zukunft) wirkt jedenfalls nicht nur in der Machart, sondern auch in der Aussage höchst überzeugend.
Renate Wagner