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DIE SCHÖNEN TAGE VON ARANJUEZ

25.01.2017 | FILM/TV, KRITIKEN

FilmCover  Schönen Tage von Aranjuez~1

 

Filmstart: 27. Jänner 2017
DIE SCHÖNEN TAGE VON ARANJUEZ
Les beaux jours d’Aranjuez / Deutschland, Frankreich / 2016
Regie: Wim Wenders
Drehbuch: Peter Handke, Wim Wenders
Mit: Jens Harzer, Sophie Semin, Reda Kateb, Nick Cave

Im Anfang war das Theaterstück. Wir haben die Uraufführung von „Die schönen Tage von Aranjuez“ als Festwochenproduktion am 15. Mai 2012 im Akademietheater erlebt, Luc Bondy inszenierte das Zwei-Personen-Stück mit Dörte Lyssewski und Jens Harzer, Handke-Tochter Amina hatte die Bühne gestaltet. Ein kryptisches Sitz- und Redestück, das niemand außer Handke – dessen Reputation ja schier grenzenlos ist – einem Publikum zumuten könnte.

Wim Wenders ist der Mann, mit dem Handke – bzw. der mit Hanke, wie immer man es sehen will – am nachhaltigsten zusammen gearbeitet hat: „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ (1971), „Falsche Bewegung“ (1975) und „Der Himmel über Berlin“ (1987). Nun ging Wenders in ein schönes altes Landhaus bei Paris (ob es jenes ist, in dem Handke selbst wohnt, wird in den Presseunterlagen nicht verraten – dass er selbst, mit großem Hut und Gartenschere, einmal auftaucht, ist eine Pointe) und hat das Stück verfilmt. Sitzend im Garten. Damit man das Flirren der Landschaft auch wirklich hautnah erlebt, setzt er den Zuschauern 3 D-Brillen auf die Nase. Aber Action gibt es dazu keine.

Das Stück wurde nur in einer Hinsicht ausgeweitet: aus zwei Menschen wurden drei, Jens Harzer, bei der Uraufführung der Gesprächspartner der „Frau“, ist jetzt von der Handlung abgespalten, sitzt im Haus vor einer alten Reiseschreibmaschine (!) und denkt sich als der Dichter den Text aus, den das Paar im Garten spricht. Wie gestrig all das verstanden sein will, erweist sich auch an einem riesigen Wurlitzer, der im Vorzimmer steht, und dem der „Dichter“ immer wieder alte Schlager entlockt. Einmal freilich ist da plötzlich ein Klavier, und an diesem sitzt Nick Cave und singt…

Die Hauptlast des Ganzen aber trägt das Paar mit der unendlichen Geschichte des Handke’schen Dialogs. Sie ist Sophie Semin, privat Handkes französische Ehefrau, er ist der algerischstämmige französische Schauspieler Reda Kateb, der mit Bärtchen und Brille Handke unglaublich ähnlich sieht und wohl darum für die Rolle gewählt wurde.

Und da sitzen sie nun und reden und reden, sie über ihre erotischen und damit verbundenen seelischen Abenteuer, er von einer Reise nach Aranjuez, wo er meinte, ein Haus von Arbeitern zu finden, aber die Casa del Labrador entpuppte sich nur als ein weiteres Schloß…

Wie immer spinnen sich die Handke-Texte in gedankliche Meander, denen man nach einiger Zeit nicht mehr folgt, wie kommt das zu dem… Einmal spielt ein Apfel mit, einmal ein Hund, aber Wim Wenders gibt (mit Ausnahme des Dichters) dem stillen Sitzen in der Landschaft keine Bewegung, und im übrigen erinnern sie sich gegenseitig daran, dass sie keine Handlung zulassen wollte…

Nun, daran hat man sich gehalten. Die Stimmung, die Wenders zaubert, ist außerordentlich. Am ehesten wirkt Jens Harzer manchmal wie ein „echter“ Mensch. Das plaudernde Paar ist Stilisierung pur. Handke, ganz Handke. Seine Fans werden ihn lieben. Die anderen werden tief durchatmen und aus Pflichtbewusstsein ausharren. Es ist immerhin schön anzusehen. Aber keiner sage, dass es wirklich Sinn macht.

Renate Wagner

 

 

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