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DIE POCHEKIN BRÜDER: Die Einheit der Vielfalt – Werke für zwei Streicher von Mozart, Michael Haydn, Glière und Prokofiev; Melodija CD

15.02.2018 | cd

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DIE POCHEKIN BRÜDER: Die Einheit der Vielfalt – Werke für zwei Streicher von Mozart, Michael Haydn, Glière und Prokofiev; Melodija CD

Seit über 10 Jahren treten die Brüder Ivan Pochekin (Viola und Violine) und Mikhail Pochekin (Violine) solo oder gemeinsam als Duo auf. Für ihre Debüt-CD bei Melodija haben sich die beiden Musiker mit dem ganz ureigenen Ton aus dem nicht gerade reichen Repertoire für zwei Violinen  bzw. für Violine und Viola für ineinander gegensätzliche Kompositionen mit interessanten Gemeinsamkeiten entschieden. Die Duette von W. A. Mozart und Michael Haydn als auch die auf dem Album eingespielten Werke von Reinhold Glière und Sergej Prokofiev legen Wechselbeziehungen der jeweiligen Tonsetzer in Bezug auf Epoche, Stil und sich kreuzende Details der Lebensläufe offen: Mozart schätzte das eigenständige Talent M. Haydns, Glière erteilte Prokofiev Klavierunterricht. Die wie zwei Akte eines Theaterstücks klingende CD hat aber noch eine andere „Mission“: nämlich neben den bekannteren Stücken von Mozart und Prokofiev auf der anderen Seite zwei ausgesprochene Repertoireraritäten vorstellen zu wollen. Wer kennt schon das Duo für Violine und Viola in C-Dur vom Michael Haydn, dem jüngeren Bruder von Joseph Haydn, geschweige denn die 12 Duos für 2 Violinen von Reinhold Glière?

Dabei ist gerade letztere Komposition die eigentliche Überraschung der CD, so schwelgerisch in impressionistisch hingehauchten Pastelltönen sind die wie kleine Genregemälde zum Hörer sprechenden Stücke grundiert. Glière – eigentlich Reinhold Ernst Glier – dessen deutsche Eltern aus Sachsen stammten und der keinen biographischen Bezug zu Frankreich aufweist, wurde in Kiew unterrichtet, hatte aber seine große Zeit am Moskauer Konservatorium. Dort waren Prokofiev und Mjaskovskij seine bedeutendsten Schüler.

Die Brüder Pochekin sind gerade bei den 12 Glière Miniaturen in ihrem ureigenen russischen Element, decken aber auch kompositorische Bezüge zur technisch und emotional so vielschichtigen Prokofiev Sonate auf. Prokofiev schrieb die Sonate 1932 in St. Tropez. Den Anstoß zum Werk gab die frustrierende Hörerfahrung eines misslungenen Geigenduetts. “Schlechte Musik anzuhören, regt manchmal gute Ideen an”, bemerkte der Komponist einmal. Im Großen Saal des Moskauer Konservatoriums haben Ivan und Mikhail Pochekin in einer Sternstunde eine faszinierende Interpretation des abwechslungsreichen, lyrisch virtuosen bis schräg humorvollen Stücks geliefert. Das abschließende Allegro con brio wird mit solch einer unheimlich mystischen Introspektion serviert, als wäre es Musik aus einer anderen Welt.

Den beiden gelingen zudem stimmungsvoll ehrliche Wiedergaben der Duos von Mozart und M. Haydn, die aber stilistisch noch etwas Schliff vertragen hätten.

Tipp: Für NAXOS hat Ivan Pochekin das fünfte Violinkonzert von Niccolo Paganini mit dem Russian Philharmonic Orchestra unter Dmitry Yablonsky auf CD eingespielt.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

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