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DIE FAMILIE HOHENLOHE

05.06.2014 | buch

BuchCover Hohenlohe Familie Hannig, Winkelhofer

Alma Hannig / Martina Winkelhofer-Thyri
DIE FAMILIE HOHENLOHE:
EINE EUROPÄISCHE DYNASTIE IM 19. UND 20. JAHRHUNDERT
416 Seiten, Böhlau Verlag, 2014

Nicht jeder denkt bei dem Namen „Hohenlohe“ nur an einen für Klatsch und Tratsch zuständigen Journalisten. Wer sich mit der Geschichte Österreichs beschäftig hat, wird zumindest jenem Fürsten Hohenlohe-Schillingsfürst begegnet sein, der jahrzehntelang als Obersthofmeister von Kaiser Franz Joseph eine eminent wichtige Stellung in Wien bekleidete. Er ist nur ein Mitglied einer extrem weit verzweigten deutschen Adelsfamilie, die wenn sie schon nicht die Geschichte Europas mitgeschrieben haben, so doch an entscheidenden Stellen in vorderster Front dabei waren.

Vieles davon kann man nun in dem Buch der Historikerinnen Alma Hannig (die eben eine Biographie über Thronfolger Franz Ferdinand herausgebracht hat) und Martina Winkelhofer (mit vielen Publikationen zu Habsburg bekannt) nachlesen. Die beiden Damen haben unabhängig von einander zu Hohenlohe-Nachlässen (zu verschiedenen übrigens) Zugang erhalten, kollegialerweise beschlossen, ihre Erkenntnisse zusammen zu legen und einen Sammelband zu den Hohenlohes zu veröffentlichen, für deren einzelne Porträtschwerpunkte sie auch noch andere Historiker heranzogen.

Die Europakarte am Vorsatz des Buches zeigt die Familie zwischen Polen und Frankreich, der Schweiz, Italien und der Tschechoslowakei im übrigen vor allem in Deutschland und Österreich verankert. Die Ahnenforschung kann das Haus im 12. Jahrhundert in Mittelfranken orten, die Burg „Hohenloch“ war namensgebend für die Hohenlohe, die es in zahllosen Kombinationen gibt – als Hohenlohe-Schillingsfürst (wie wir sie in Österreich vor allem kennen), mit Waldenburg, Bartenstein, Langenburg oder Öhringen verbunden. Im 15. Jahrhundert in den Grafenstand erhoben, hatte die Familie im Dreißigjährigen Krieg wenig Fortune – als sie sich auf protestantischer Seite gegen die Habsburger wandten, bekam ihnen das schlecht.

Erst der Übertritt zum Katholizismus und ein paar sehr günstige Ehen mit wichtigen Damen waren vermögens- und karrierefördernd, wobei zu sagen ist, dass man zumal nach der Erhebung in den Fürstenstand immer darauf hielt, nie unter seinem Stand zu heiraten – selbst wer sich in den niedrigen Adel begeben wollte, musste schlimmer familiärer Folgen gewärtig sein („Unsere ganze soziale Weltordnung ist auf Standesunterschiede begründet“, war die adelige Überzeugung – wohl nicht nur der Hohenlohes). Haben später Frauen des Hauses gar bürgerlich geheiratet, wurde der Verkehr mit ihnen abgebrochen. Immerhin zählten die Hohenlohes zu jenen Familien, die sogar für das Kaiserhaus in Frage kamen – zwei Ehen verbanden das Haus mit den Habsburgern.

Es gab unter den Hohenlohes Militärs, relativ viele Kirchenfürsten, aber besonders viele Hohenlohes machten Karriere in der Politik, wobei die Familie sowohl in Deutschland wie in Österreich eine nicht geringe Rolle spielte. Die Reihe von 13 Einzelporträts ist abwechslungsreich, zeigte die Hohenlohe im Dienste der Bourbonen oder gar als deutschen Reichskanzler (Fürst Chlodwig), während dessen Bruder Constantin der besagte Obersthofmeister von Kaiser Franz Joseph wurde. In dieser Biographie versucht Martina Winkelhofer die Qualitäten eines Mannes, der von den Zeitgenossen eher gering eingeschätzt wurde, ins rechte Licht zu rücken – er hat nicht nur (übrigens auch mit einem „Sparpaket“) den Kaiserhof reformiert, er war auch für das Kulturleben zuständig, kommt in jedem Buch über die Ringstraße oder das Burgtheater vor. Verheiratet war er übrigens mit einer Tochter jener Fürstin Sayn-Wittgenstein, die man vor allem als die Liszt-Gefährtin kennt. Die musische Hohenlohe-Gattin führte in Wien einen Salon.

Sein Sohn, Prinz Gottfried, einer der begabtesten Diplomaten der Donaumonarchie, die er überlebte, wird dann von Ala Hannig gewürdigt: Besonders kompetent als Militärattaché in Russland, war er später Botschaftsrat in Berlin. Legendär war auch Fürst Christian Kraft zu Hohenlohe-Öhringen, dieser allerdings wegen seines Reichtums, der ihn zu einem der größten schlesischen Magnaten und reichsten Deutschen machte, berühmt als rastloser Jäger und Reisender.

Was das Verhalten der Hohenlohes im Dritten Reich betrifft, so sind zwei extreme Schicksale herausgegriffen – Prinz Konstantin von Hohenlohe-Langenburg zeigte vage Sympathien für das Regime und wurde später als Mitläufer eingestuft, Prinz Max Karl von Hohenlohe-Langenburg hingegen war im Widerstand und gab dafür sein Leben.

Dass bei so einer weit verzweigten Familie auch heute noch Nachkommen anzutreffen sind, versteht sich, wenn auch in Österreich angeblich nicht mehr adelig – aber wer nimmt das „Adelsaufhebungsgesetz“ von 1919 schon ernst?

Renate Wagner

 

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