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DIE BAYREUTHER BÜHNE ALS AKUSTISCHER FAKTOR

Antwort auf Festwochen, Festspiele, Mikrophone

15.08.2018 | Themen Kultur

                         Die Bayreuther Bühne als akustischer Faktor

                                                  Antwort auf

                              Festwochen, Festspiele, Mikrophone

                                                 vom 6.8.2018

 

Als Musikalischer Supervisor der Bayreuther Festspiele und Verantwortlicher für die akustisch-musikalische Feinabstimmung aller aktuellen Bayreuther Produktionen nehme ich Stellung zum Artikel Festwochen, Festspiele, Mikrophone, der am 7.8.2018 als offener Brief in dieser Zeitung erschienen ist.

Darin wird die Vermutung geäußert, die Sängerin der Ortrud in der diesjährigen Produktion des Lohengrin sei im dritten Aufzug elektroakustisch verstärkt worden. Grund sei die angeblich akustisch ungünstige Position der Solistin am Rundhorizont (hintere Bühnenmitte, Anmerkung des Verfassers).

Als Beteiligter an dieser Produktion kann ich diese Vermutung als unbegründet zurückweisen. Die einzige elektroakustische Verstärkung im Lohengrin betrifft die Orgel am Ende des zweiten Aufzugs.

Es ist hinlänglich bekannt, dass im Bayreuther Festspielhaus einzigartige akustische Gegebenheiten herrschen. Dies ist auf die Bauweise des Hauses und auf den verdeckten Orchestergraben zurückzuführen.

Die akustisch günstigste Position für die Solisten ist die hintere Bühnenmitte, da sich dort der Stimmklang besonders frei entfaltet und eine ideale Mischung mit dem Orchesterklang ergibt.

So kann der Sänger des Lohengrin den Beginn der Gralserzählung auf dieser Position im feinsten Piano intonieren und die Stimme trägt mühelos bis in die letzte Reihe. Im aktuellen Tristan können die beiden Protagonisten den langsamen Teil des Liebesduettes im 2. Aufzug mit dem Rücken zum Publikum singen und sind trotzdem klar und deutlich zu vernehmen. Stephen Gould als Tristan kann weite Teile des Monologes im dritten Aufzug im hinteren Drittel der Bühne singen und ist stimmlich – auch bei vollem Orchester – immer präsent. Diese akustischen Positionen wären in jedem anderen Opernhaus für die Sänger katastrophal, in Bayreuth hingegen sind sie auf Grund der speziellen akustischen Bedingungen von Vorteil.

Darum wird Sängern beim Vorsingen auf der Bühne geraten, sich in der hinteren Bühnenmitte zu positionieren, da man von dort die Stimmen am besten hören kann.

Nicht alle Bühnenbildner und Regisseure, die zum ersten Mal in Bayreuth arbeiten, wissen um diese akustischen Ausnahmeerscheinungen und gehen von Bedingungen aus, die sie von anderen Theatern gewohnt sind. Das kann in Bayreuth zu schwerwiegenden Problemen führen, da Bühnenbilder im Festspielhaus den Orchesterklang reflektieren, der durch die gewölbte Abdeckung direkt auf die Bühne geworfen wird. Deshalb sind Bühnenbilder, die die Raumtiefe nicht genügend ausnutzen, in Bayreuth eher ungünstig – besonders dann, wenn der Orchesterklang

durch die starke Reflexion harter Materialien (Wände, Deckenplafonds etc.) verstärkt wird. Es kostet dann viel Mühe, gemeinsam mit dem Dirigenten eine gute Klangbalance aus dem Zuschauerraum einzustellen, die dieser „Übersteuerung“ entgegenwirkt.

Das Bühnenbild zum diesjährigen Lohengrin ist durch die leichten Materialien, den Rundhorizont und durch die entsprechende Raumtiefe sehr günstig für Sänger und Orchester.

Die angesprochenen akustischen Besonderheiten des Festspielhauses sollten einem verdienten Bayreuth-Sänger wie Bernd Weikl, der dort in mehreren Produktionen große Erfolge gefeiert hat, nicht entgangen sein.

 

Univ.-Prof. Christoph Ulrich Meier

 

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