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Die Ballett-, Tanzszene in Niederösterreich: Nicht gefördert, nicht gefordert

02.10.2020 | TANZ-NEWS

Die Ballett-, Tanzszene in Niederösterreich: Nicht gefördert, nicht gefordert

Seriös gefördert werden sie nicht, die beiden kleinen Ensembles, welche in Niederösterreich für das alte Ballett oder eine neue Tanzszene Werbung machen wollen. lm Stadttheater Baden besteht die kleine Tänzerschar für die Operetteneinlagen aus einer handvoll jüngerer Idealisten (sehr bescheidene Gagen, jeweils nur zehn Monate im Engagement). Und dem ambitionierten Europaballett St. Pölten steht ein kleiner Saal in der niederösterreichischen Hauptstadt zur Verfügung – aber als Verein zur Tänzer-Ausbildung geführt erhält es keine wirkliche finanzielle Unterstützung. Bitte aber, in St. Pölten: Das dortige Festspielhaus lockt immer wieder zum Besuch von Kurzgastspielen mittlerer, kleinerer Tanzkompanien aus dem Westen Europas. Dabei fließen allerdings die öffentlichen Subventionen nicht in kreatives eigenes Schaffen und den Aufbau einer originären Kultur.

Nach drei Jahren ist diese Saison in Baden mit „Ludwig van tanzt – die unsterbliche Geliebte“ für das Stiefkind Ballett wieder ein eigener Abend, nur drei Aufführungen bis März, angesetzt worden. Der Ballettchef im Haus, Choreograph Michael Kropf („Max und Moritz“, der große Balletthit vor einem Jahrzehnt mit Staatsoperntänzern in der Wiener Volksoper), ist sich der Probleme für die zu betreuenden jungen Menschen bewusst: „Jeder Tänzer steht auf der Bühne nicht um Geld zu verdienen, sonder um tanzen zu dürfen – und um damit vielleicht auch Erfolg zu haben.“ Und weiter in der Problematik dieses Kunstgattung: „Es ist nicht so leicht eine Gruppe zu motivieren, welche nicht die wünschenswerten Aufgaben bekommen. Und wenn weder gefordert noch gefördert wird, so ist es schwer das Niveau zu heben.“ Auch der Corona-Krise wegen durfte monatelang nicht in den Theatern trainiert werden.

Ein anderes Problem, ein großes Österreich-Kulturproblem: Sind im Wiener Staatsballett überhaupt noch heimische Tänzer engagiert? Die beiden Wiener Jungstars Natascha Mair und Jakob Feyferlik haben sich für diese Saison ins Ausland abgesetzt, und die anderen Ersten Solisten, schon vor Jahren nach Wien geholt, haben ganz automatisch ihre österreichische Staatsbürgerschaft zugesprochen bekommen. Seine kleine Kompanie, seine Brasilianerinnen oder seine Russin, kann Kropf nur lobend erwähnen: „Wir sind bunt aufgestellt, mit absichtlich verschiedenen Charakteren, unterschiedlichen Mentalitäten. Alle sind sehr nett, sind wirklich feine, sich bei der Arbeit unterstützende Partner.“ Bezüglich der neu aufgestellten Ballettschule der Bundestheater in Wien und so vieler beruflich Gescheiterten der dort ausgebildeten Ballerinen meint er: „Sie bekommen eine gute Ausbildung. Doch wenn sie bei den Auditions keinen Erfolg haben, nicht schaffen können was sie wollen – ja, sie wollen Prinzessinnen sein, nicht in Operetten tanzen oder statieren – so resignieren sie.“ Und als Bemerkung nebenbei noch dazu: Die Operettenprinzessinen in den modischen heutigen Inszenierungen geben ja auch keine Traumfiguren mehr ab.

Meinhard Rüdenauer

 

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