Ohne Margarete Wallmann im Publikum des Wiener Burgtheaters vielleicht keine Poulenc-Oper.
Die Wiener Staatsoper widmet die Matinee am Sonntag dem 7. Mai den Dialogues des Carmélites von Francis Poulenc , die letzte Premiere der Spielzeit . In der Entstehungsgeschichte dieses Meisterwerkes , eine der wenigen Opern die sich in den vergangenen fast 70 Jahren auf den internationalen Spielplänen gehalten haben, spielen Wien und seine Theaterszene der 50er Jahre eine wichtige Rolle . So beschreibt es Margarete Wallmann in ihrer Autobiografie „Sous le ciel de l’opéra „, Neuauflage Paris 2004. Denn Ende 1952 war im Publikum des Wiener Ronacher , dem Ersatzquartier für das Burgtheater, auch die international berühmte Choeografin und damals erste und einzige Opernregisseurin . Ihre erste Wiener Inszenierung im April 1958 unter Direktor Herbert von Karajan , Tosca, steht noch immer – am 18. Mai sogar nur wenige Tage vor der Poulenc-Oper- auf dem Spielplan der Staatsoper, nur mehr wenige Karten verfügbar !!! Auf dem Spielplan des Burgtheaters stand sechs Jahre vorher Die begnadete Angst von George Bernanos, als Blanche Annemarie Düringer. unter den Schwestern auch Elfriede Ott.
Foto: Erwin Messer (Interessant Helene Thimig, Gandolf Buschbeck.etc.
Davon äußerst berührt und begeistert sah sie in der Folge mit ihrem Lebensgefährten Guido Valcarenghi in Pariser Theater Hébertot das französische Original. Auch der italienische Musikmanager an der Spitze des großen Bühnenverlages Ricordi ( Verdi, Puccini,Rossini,Nono, Varese. jetzt Gruppe Bertelsmann) war davon überzeugt . Es begannen mühevolle Verhandlungen mit allen Rechteinhabern : Georges Bernanos hatte sein Werk als Filmscript – im Originaltitel wie später die Oper- knapp vor seinem Tod vollendet, es erschien 1949 als Drama erst posthum und fußte unter anderem auf Gertrud von Le Fort – Die Letzte am Schafott 1931. Es gelang , einen Vertrag abzuschließen und Francis Poulenc schuf sein Meisterwerk . Margarete, damals schon Margarita Wallmann, hatte wahrscheinlich in Erinnerung an ihre Salzburger Zeit Poulenc gebeten, ein szenisches Oratorium zu komponieren , er wollte für sie aber eine Oper mit religiösem Thema. Von Beginn an arbeitete er eng mit der Regisseurin zusammen. So wurde eine der wichtigsten Stationen ihrer beider Karrieren die Uraufführung von Die Gespräche der Karmeliterinnen an der Scala am 26. Jänner 1957. Zahlreiche Inszenierungen auf allen großen Opernbühnen folgten. . Niemand anderen wollte er akzeptieren , als nach der Uraufführung , der größte Erfolg eines zeitgenössischen Werkes an der Scala , die Opernhäuser weltweit das Stück in den Spielplan aufnahmen. Vorerst war seine Zustimmung noch nicht so uneingeschränkt – die französische Erstaufführung war einem anderen Team anvertraut.1959 kam die Mailänder Inszenierung nach Wien, in der Rolle der Mutter Oberin Kammersängerin Christl Goltz.
Was verband die beiden Künstlerpersönlichkeiten Margarete Wallmann und Josef Gielen mit Wien: Sie, gebürtige Berlinerin begann höchste erfolgreich als Tänzerin . Erwin Kerber holte sie als Direktor der Festspiele 1931 im Auftrag von Bruno Walter als Choreografin und später Spielleiterin nach Salzburg. Es folgte ein festes Engagement an der Wiener Staatsoper, das am 12. März 1938 abrupt zu Ende ging. Sofort mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten waren sie , eine zum Katholizismus konvertierte Jüdin und ihr Mann , der Chef der Wiener Philharmoniker und 1. Fagottist des Staatsopernorchester Hugo Burghauser, in Österreich unerwünscht. Er, dem autoritären Regime des Ständestaates nahestehend, war politisch nicht mehr tragbar und konnte nach vielen Mühen in New York beim Orchester der MET arbeiten. Sie war am Tag der Machtergreifung durch Hitler bereits auf hoher See Richtung Argentinien, wo sie am Teatro Colon als Ballettchefin mit eigenem Tanzstudio wirkte. Am gleichen Haus war auch der frühere Regisseur am Wiener Burgtheater Josef Gielen, selbst zwar nicht jüdischer Herkunft, aber mit einer jüdischen Frau verheiratet Der ihr als Jüdin seit dem „Anschluss“ Österreichs drohenden Gefahr entzog sich das Ehepaar durch die Emigration nach Südamerika. Ab 1939 arbeitete auch Gielen am Teatro Colón in Buenos Aires.
1948 kehrte er nach Wien zurück und war bis 1954 Direktor des Wiener Burgtheaters. Dessen Spielplan bereicherte er um moderne französische und amerikanische Stücke, darunter das Werk von Georges Bernanos.
Von 1957 bis 1960 inszenierte Gielen bei den Salzburger Festspielen und war Oberspielleiter der Wiener Staatsoper. Als Margarete Wallmann nach ihren großen Erfolgen in Mailand 1958 erneut in Wien zu arbeiten begann, schloß sich der Kreis – nach Deutschland, Österreich und Argentinien wieder an der Wiener Staatsoper.
Ulrike Messer-Krol