Der US-Präsident und der Wiener Theaterdirektor
Dass US-Präsident Donald Trump jede Kritik an seiner Person und seiner konfusen Politik als „fake news“ abtut, ist allgemein bekannt. Die damit einhergehende und bewusst herbeigeführte Erosion der Presse als ein wesentlicher Pfeiler westlicher Demokratien nimmt in Amerika inzwischen tatsächlich schon Besorgnis erregende Ausmaße an. So hat Trump am vergangenen Mittwoch die CNN-Reporterin Kaitlan Collins von der Berichterstattung über eine Zeremonie im Rosengarten des Weißen Hauses ausgeschlossen. Grund für diese unerhörte Entscheidung: Die kritischen Fragen, die Mrs. Collins zuvor am Morgen bei einem Fototermin mit EU-Präsident Junkers an Trump gestellt hatte
Senator Richard Blumenthal von den Demokraten hat dieses Vorgehen umgehend als untypisch für westliche Demokratien gebrandmarkt. So etwas kenne man nur von totalitärem Staaten.
Nur in totalitären Staaten und nur von autoritären Machthabern wie Putin, Kim Il Jun oder Recep Tayyip Erdogan? Hat nicht in Wien ein Theaterdirektor vor einiger Zeit eine Mitarbeiterin des Online-Merker von der Berichterstattung ausgeladen, weil er mit ihren fundiert-kritischen Rezensionen nicht einverstanden war? Ein ungeheuerlicher Vorgang!
Manfred A. Schmid
P.S. Dass es klügere und subtilere Möglichkeiten gibt, mit unbequemer Kritik und lästigen Kritikern umzugehen, hat der Schreiber dieser Zeilen vor Jahren zum Beginn seiner Tätigkeit als Theaterkritiker selbst erfahren. Eingeladen zu einem Gespräch mit Emmy Werner, die damals am Volkstheater gerade mit der Ausrichtung der anstehenden Skraup-Preise beschäftigt war, wurde er zum Adressaten folgender Aufforderung: „Ihnen hat ja im abgelaufenen Jahr überhaupt nichts gefallen. Wollen Sie nicht die Laudationen bei der Skraup-Preisverleihung halten? Bin gespannt, wie Sie das anstellen.“ Und so geschah es dann auch. Der Einladung wurde anstandslos Folge geleistet.